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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Creutz, Max: Ausgrabungen in Dixmuiden, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0080

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Nr. 5

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

67

zersprengt und bis auf morsche Bruchstücke vernichtet. Nur die Gestalt des
Heilandes in der Mitte des Hochaltares, der Kopf eines Engels und ein Blattfnes
mit Putten sind erhalten geblieben1). Alle übrigen Kunstdenkmäler der Niko-
lauskirche waren unter dem Trümmerhaufen verschüttet, und nur noch in Form
von Bruchstücken erhalten. In dieser Form wurde auch der größte Teil des
Lettners, wie die Bruchstücke, die aus dem Schutt auftauchten, möglichst im Zu-
sammenhang in Sandsäcke geborgen und in mühsamem Transport zurückgebracht.
Vielfach belohnte die Schönheit einzelner
Fragmente die Mühe der Arbeit, doch daß
es möglich sein würde einen erheblichen
Teil des Lettners wieder zusammenzu-
fügen, daran war vorerst nicht zu denken.
Wenn man sich den ursprünglichen Zu-
stand des Kunstwerkes in Erinnerung ruft
(Taf. IV), so mußte bei der Ausdehnung
des Aufbaues und der Stabilität der Mittel-
wand aus Basalt und Bronzebalustern
noch vieles zu retten sein. Freilich jenes
zarte Ranken- und Blattornament, das wie
Spitzenwerk den ganzen Bau überzog,
mußte zum größten Teil zerstört sein. Das
Kunstwerk bestand aus feinem weichen
und weißen Savonnenestem, wie er sich
z. B. in einer Grotte in Maestncht wieder-
findet. In seiner Nachgiebigkeit kann der
Stein leicht behandelt werden, doch ist er
unter Einwirkung von Feuchtigkeit wenig
widerstandsfähig, weshalb die Ausgrabung
vor Eintritt des flandrischen Winters statt-
finden mußte. Neben diesem hellen Stein
kam für Portal und Mittelwand dunkel-
blauer Basalt zur Verwendung, offenbar
um durch die Gegenwirkung des hellen
und dunklen Matenales den malerischen
Reiz des Werkes zu steigern. — Unter allen
anderen Lettnern Flanderns in Löwen,
Lierre, Aerschot, Tessenderloo und Wal-
kourt war der Lettner von Dixmuiden

der kostbarste, ein Wunderwerk, „Flos et lumen Flandnae". Wie ein Baum mit
breitem Astwerk, der Blüten und Blätter emportreibt, so wuchs dieser Lettner
empor, mit vielen Türmchen, Blättern, Blumen und Früchten. Und wenn am
Morgen die Sonne von Osten kam und am Abend von Westen, so fiel ihr Licht
durch Bronzebaluster und Maßwerk, und hob das helle, zarte Blattwerk vom

Abb. 5. Bronzebaluster der Rückwand, h. i,8o m.

*) Vgl. P. C 1 e m e n , Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegs-
schauplatz mit zwei Abbildungen vom Dezember 1914 und Juni 1915 nach unserer Besitz-
ergreifung, die deutlich die weiteren Wirkungen des feindlichen Bombardements zeigen.
 
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