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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Kirchbach, Wolfgang: Über das Sehen der Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0176

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III. Jahrgang. Deft 9

1. Februar 1888

.Tie Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geh. Abonnementspreis im
Buchhandel oder durch die Post lReichSpostverzeichnis Nr. ssss. bayr. Verzeichnis 41 s> s M. 6ü Ps. für das Vierteljahr <6 Hefte): das einzelne Heft
75 Ps. — Inserate inur durch R. Mo sie) die viergespaltene Nonpareillezcile so Pf. 10,000 Beilagen so M., bei größerem Format oder Umfang Preisausschlag.

Uber daF Sehen der Maler

von Wolfgang Rirchbach

E-

ist eine von den Naturforschern an-
erkannte Thatsache, daß unter allen
organischen Bildungen der Natur die
menschlichen Sinne uns die größten Wun-
der und Rätsel auferlegen. Nichts ist so
weise, so geistreich und erstaunlich organi-
siert, als das menschliche Ohr mit seinem
Ambos und seiner Schnecke, mit der
wunderbaren Klaviatur in seinem Inneren.
Nichts ist so weitwirkend und weittragend
in der sinnvollen Organisation kleiner Häut-
chen und Nervenzellen und halbflüssiger
Gallertmasse, als das menschliche Auge,
welches uns Sterne aus unendlichen Fernen
in unmittelbare körperliche Nähe bringt,
sofern wir ihre Lichtstrahlen als einen be-
stimmten Lichtkörper empfinden und sehen.
Dieser geheimnisvolle photographische Ap-
parat, genannt Auge, welcher in der That
seine farbigen Erscheinungen mit Hilfe von
chemischen Zersetzungsprozessen feinster Sub-
stanzen in den Zellen der Netzhaut zu Wege
bringt, wie die photographische Platte einer
Zersetzung durch die Lichtstrahlen unter-
liegt, erregt immer von neuem das Staunen
des Beobachters. Wie unendlich empfindlich
ist die photographische Platte, welche doch
nur die lichten und dunklen Spielarten
einer Farbe im chemischen Zersetzungs-
prozeß wiedergiebt! Welch ein erstaunlicher
Apparat ist dagegen das Auge, das die
grenzenlose Fülle aller Farben der Skala
mit unendlichen Nuancen hervorbringt in seiner chemisch so geheimnisvoll präparierten Zellenwelt eines unschein-
baren Häutchens ans dem Grunde einer ziemlich unvollkommen eingerichteten camera obscara. Denn die
neuere Physiologie, Helmholtz an der Spitze, hat uns erkennen gelehrt, daß diese camera. odscura unseres
Auges mit ihrer Linse keineswegs allen billigen Ansprüchen an Exaktheit entspricht, so daß unsere künstlichen

Die A-nst für Alle M ,7

Porträt in altdeutscher Tracht, von Mar irliedy
 
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