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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Brandes, Otto: Der Pariser Salon 1888, [1]
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Die erste Kunst-Ausstellung in München 1788
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0343

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Der pariser Salon 1888. Don Btto Brandes — Die erste Kunst-Ausstellung in Üiünchen >7s8.

Ebenso bewundert und doch in Ton und Farbe so
ganz anders ist Rolls „Landmädchen". Ein normannischer
Hof, ein Apfelbaum, etwas weiter zurück eine lebende
Hecke, dahinter ein Bauernhaus, ein Stück Himmel und
ein junges Mädchen in grauer Taille mit entblößtem
Hals und nackten Armen, die durch das Gewicht des Eimers
Milch, den sie soeben gemolken, etwas gebückt auf uns
zuzuschreiten scheint, dahinter eine in ihrem Mahle unter-
brochene Kuh, die den Kopf hebt und aufschaut, das ist

der Inhalt des Bildes. Der Reiz desselben besteht in
der Frische, die uns aus demselben entgegenleuchtet, in
der reinen Luft, die darin zu wehen scheint, in der
zwanglosen Art, in welcher die Körpergebung der jungen
Bäuerin zustande gekommen. Das Licht, welches die Figur
umgibt, präzisiert die Kontur, und doch ist nichts flach
in dem Bilde. Rolls kleiner Knabe, der mit erhobener
Reitpeitsche auf einem Grauschimmel-Pony daher jagt,
ist ebenfalls eine Arbeit von großer Bravour.

(Fortsetzung folgt)

Oie erste Kunst-Ausstellung in München 1755.

^ssm Kopierzimmer der kurfürstlichen Gemäldegalerie
Ö»! zu München wurde am Namensfest des Kurfürsten
Karl Theodor am 9. November 1788 die erste Münchener
Kunstausstellung eröffnet. Nachdem Dresden im Jahre
1765, zwei Jahre nach dem Hubertusbnrger Frieden, und
Berlin im Jahre 1786 vorangegangen war, faßte der
kurfürstliche Gemäldegaleriedirektor Jakob Dorner den
Entschluß, eine solche Unternehmung in München ins
Leben zu rufen und sein Bemühen war von Erfolg ge-
krönt. Im ganzen waren 129 Kunstwerke eingelicfert:
69 Gemälde, 3 Kupferstiche und 57 Zeichnungen. Diese
129 Kunstwerke stammten von 29 Künstlern, von denen
11 Münchener, 6 aus dem sonstigen Bayern, 3 aus
Österreich, 2 aus Baden (Mannheim), 2 aus Schwaben
und je 1 aus der Schweiz, Ungarn, Frankreich und Italien
waren. Welcher Unterschied gegenüber der soeben eröffneten
Münchener Säkular-Ausstellung, die gegen 3000 Werke von
etwa 1500 Künstlern zählt. Und überdies spielten bei
der ersten Münchener Kunstausstellung die Kopien noch
eine große Rolle. Von Namen, die jetzt noch die Kunst-
geschichte kennt, finden sich nur die beiden Kloz, Johann
von Qnaglio, Jakob Dorner d. I., Neher (aus Blbcrach).
Den speziellen Katalog dieser ersten Münchener Gemälde-
ausstellung sowie ihrer am 23. November 1789 mit einem
Bestand von 140 Kunstwerken von 29 Künstlern eröffneten
Nachfolgerin gibt uns Westenrieder am Schluffe des
dritten Bandes seiner „Beyträge zur vaterländischen Historie".
Wir können nns nicht versagen, aus seinen einleitenden
Worten hier einige Stellen abzudrucken:

„Nichts erwecket eine ehrenvollere und günstige
Meinung für eine Nation, als wenn bey ihr die schönen
Künste gerne gedeihen, und wenn sie durch That und Bey-
fall schöne Werke der Kunst veranlaßet, liebet, und werth
hält. Und hierinn hat sich Baiern seit dem fünfzehnten
Jahrhundert, wo die Künste, nach einem Schlaf von bey-
nahe tausend Jahren, in Italien zuerst wieder auf-

blühten, rümlichst und vorzüglichst hervorgethan. Nicht
nur der Hof ermunterte die Künste, sondern auch die
Geistlichkeit, und die wohlhabenden Bürger stritten gleich-
sam in die Wette, Tempel und Wohnhäuser mit Denk-
mälern vaterländischer Künstler zu zieren, (die freylich ge-
schmackvoller, dauerhafter, und nützlicher, als abbleichcude,
bunte Tapettcn sind). Auch in den langwierigen, und
höchst traurigen Kriegsunruheu neuerer Zeiten wurde die
Sehnsucht nach den Künsten nie ganz unterbrochen, und
von Zeit zu Zeit haben sich in allen Fächern derselben
Männer die Hand geboten, für welche jeder Kenner mit
Achtung erfüllt ist. So wie man nun aber allenthalben
im Reich des Geschmacks von Zeit zu Zeit neue Fort-
schritte gemacht hat: so hat man auch jene Mittel hervor-
gesucht und vervielfältigt, welche vorzüglich dazu geeignet
sind, wenigst den Kunstfleis zu reizen, und bey dem
Publiko die Neigung für die Kunst immer allgemeiner zu
machen. Die Einführung der Gemäldeausstellungen, so
wie sie in andern großen, die Kunst vorzüglich be-
günstigenden Städten unternommen wurden, behauptet
darunter unstreitig einen vortheilhaften Platz. Eine
solche Ausstellung kann zwar manches ungerechte, schiefe,
überspannte, manches einem Anfänger in der Kunst (der
aus nichts, was ihm begegnen kann, im voraus gefaßt,
und doch auf jedes Urtheil begierig ist) in soweit nach-
theilige Urtheil veranlaßen, als ihn ein bitterer, aber
vielleicht nicht ganz ungegründeter Tadel leicht Nieder-
schlagen, ein unzeitiges, übertriebnes Lob leicht ermüden
kann; aber je mehr die Zahl wahrer Kenner, auf deren
Rath, Beyfall und Ausspruch er sein Zutrauen richten
kann, zunimmt (und je mehr, die Kunst zu einer Art
von öffentlicher Angelegenheit gemacht wird, um so eher
und allgemeiner wird selbe zunehmen) desto weniger Ein-
druck werden auf ihn ungeschickte Reden machen, die jedem
frey stehen, dessen Anblick man einmal etwas öffentlich
preis giebt."

Aphorismen, von Anselm Seuerbach

Griginalitätssncht aus Mangel an Schule
„Das Werk mag viele Fehler haben, aber Lines muß
mau ihm lassen — originell ist cs." So sprechen gewisse Leute
und ziehen die Augenbrauen in die Höhe.

Was ist originell? Alles und Jedes in der Welt ist schon
einmal dagewesen und leider fast immer besser. Was aber
aus der tiefsten Seele des Menschen kommt, ist demungeachtet
immer originell.

Übertriebene Tharakteristik
Übertreibung im charakteristischen Ausdruck ist eine Mode-
krankheit. Sie entsteht aus (Oberflächlichkeit und endigt mit
der Karrikatur.

Wer nicht Kraft hat, die Wesenheit seines Gegenstandes
in der Tiefe zu fassen, der holt sich ein Stück von der Außen-
seite und spitzt es so lange zu, bis es dem Publikum in die
Augen sticht.
 
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