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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Grosse, Julius: Selfmademen, [2]: Genrebilder aus dem Künstlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0344

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2SY

Line neue Sendung, von !v. Löwith

Selfmademen

Genrebilder aus dem Rünstlerleben. von Julius Krone

nd wie war das?" — erklang die Frage ringsum.
„Es ist eigentlich nur wenig, was ich zu sagen
habe und mir fehlt gänzlich die Fähigkeit der Schilderung.
Sie kennen doch unfern Eisenbahnkönig, den Millionär
Tragendorff, den Besitzer von Fabriken, Bergwerken,
Salinen und Handelsschiffen. Seinerzeit war er auch
ein Selfmademan, der seine hohe Schule in Amerika ge-
macht und mit so gut wie nichts begonnen hat. Heute
beschäftigt er über tausend Menschen, und wenn man das
Land Zusammenlegen wollte, das ihm gehört, würde es
über ein paar Quadratmeilen sein.

„Na, von dem wollte ich eigentlich nicht reden,
sondern von einem sogenannten Genie.

„Unter anderm hat Tragendorff auch ein großes
Rittergut drunten in Mügeln, wo sich die Familie immer
mit Vorliebe aufhält, oft auch mitten im Winter. Da fährt
einmal die Gouvernante mit den jungen Damen im
Schlitten spazieren. Die älteste mochte gerade vierzehn
zählen — ein Engel von Geschöpf. Da finden sie am
letzten Ende der Parkmauer einen langhaarigen dürren
Menschen im Schnee. Obwohl er schon halb erfroren,
muß in den bleichen verhärmten Zügen doch etwas
Interessantes gewesen sein. Genug, die Kinder mit der
Gouvernante steigen sogleich aus dem Schlitten, der
Kutscher muß den Verunglückten hineinheben und in's
Schloß fahren — während die Damen zu Fuß nachkamen.

„Ein paar Stunden hat es wohl gedauert, bis sie
den Erfrorenen wieder so weit zu sich gebracht haben,

daß sich ein vernünftiges Wort mit ihm reden ließ. Da
fand sich denn, daß er ein Künstler, einer von den zahl-
reichen Bettelstudenten war, die heute die Akademie beziehen,
ohne daß der Staat oder die Gesellschaft jenials die
Garantie übernehmen kann — sie für die Zukunft zu
beschäftigen. Übrigens, wenn sie auch dem Staat und
der Kunst nichts nützen, so doch den Gewerben, und diese
haben ja ihren neuen Aufschwung seit zwanzig Jahren
hauptsächlich den Künsten zu danken. Drum ist's auch
kein Schaden, wenn immer mehr Kunstschulen errichtet
werden — mögen die Unfähigen zu Grunde gehen — die
Begabten und Tüchtigen werden sich in unserem weit-
verzweigten Kulturleben doch irgendwie nutzbar machen.

„Zu den Unfähigen gehörte nun Michael Walster
keineswegs. Obgleich nur Sohn eines Dorfschullehrers,
hatte er sich durch Fleiß und Entbehrungen aller Art
so weit emporgearbeitet, daß ihm der Besuch einer Aka-
demie möglich wurde, und seine Fortschritte Ivaren derart,
daß er bereits mehrere Preise sowie auch einige dürftige
Stipendien gewonnen hatte. Aber wozu half das alles.
An eine Reise nach Paris oder Italien durfte er bei
seiner Mittellosigkeit doch nicht denken, und gesetzt auch,
daß er den letzten höchsten Preis errang, mit dem eine
mehrjährige Subvention verbunden war — was dann
nachher? Denn sein Talent für eigene Kompositionen
schien damals äußerst fraglich. —

„Schließlich geriet er, wie so viele andere, auf den
Ausweg, die Schätze der Dresdener Galerie für reiche

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