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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Jahres-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0296

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i. Mai 189O


V. Jahrgang, tzeft 15


—tzerau^gegeben von Friedrich Pecht

„Tie Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geh. Abonnementspreis im
Buchhandel oder durch die Post sReichspostverzeichnis Nr. 3429, bahr. Verzeichnis Nr. 4V3, k. u. k. östr. Zeitungsliste Nr. 1544) 3 Marl 60 Ps. sür das Vierteljahr
(6 Hefte); das einzelne Hest 75 Pf.

Wiener IahreF-AuMetlung
Von Karl v. vincenti


Warmorstsiur. von Johannes Benk
von Weißenegg auf Schloß Weißenegg bei Graz bestimmt.
Wiener Iahres-Ausstellung I8yv
Nie Kunst für Alle V

Nachdruck verboten
TT^as Künstlerhaus in der Lothringerstraße hält gegenwärtig
seine neunzehnte Jahres-Ausstellung ab. Es sieht aus
stolze und stille Tage zurück. Mit Makart fing es an, seine
künstlerischen und Kassenersolge mit den flammenden Werken
des kleinen Mannes, der so lobscheu mitten im Tageslärm
seine Wege ging, markieren im Kunstleben Wiens. Dann kam
trübere Zeit: Makart starb, Canon starb, mit ihnen starb ein
Teil der Bilderschaufreude in Wien, barsten zwei Säulen unsres
Kunstlebens und des Künstlerhauses. Nur mälig wards über-
standen, sie hatten in der Lothringerstraße mit mancher Wider-
wärtigkeit,. mancher Teilnahmslosigkeit zu kämpfen; heute sind
wieder mildere Sterne aufgegangen und gerade die heurige
Jahres-Ausstellung, welche der Kaiser, treu dem Künstlerhause,
wieder eröffnet hat, scheint uns als eine in mancher Hinsicht
besondere verzeichnenswert zu sein. Vor allem bedeutet sie eine
Art Versöhnungsfest, welches ein von doktrinären wie stänkerischen
Elementen gleicherweise gesäubertes Kunstgericht zuwege gebracht
hat. Es gibt nämlich Heuer keine „Zurückgewiesenen" im Sinne
der vorjährigen Frondisten, wenn auch manche Klage über,
vornehmlich aus räumlichen Gründen abgelehnte Bilder selbst
bedeutender Maler nicht unterblieben sein wird. Dem Indi-
vidualismus ward diesmal keine ungerechtfertigte Bitterkeit be-
reitet, der Entfaltung der neuen Richtung keine grundsätzliche
Schranke anfgerichtet. Man hat, wie dies eigentlich selbstver-
ständlich, jeden zu Wort kommen lassen, wenn er in den Grenzen
des künstlerischen Anstandes blieb und sich endlich daran erinnert,
daß schließlich der Oberstrichter denn doch nur das Publikum
ist. Und damit ist man im ganzen gut weggekommen, denn
die wenigen Pleinair-Verirrungen, die Zulaß gefunden, stehen
in keinem Verhältnis zu den Werken gemäßigter Freilicht-
malerei, welche Heuer eigentlich im Künstlerhause zum erstenmale
auftreten und für das Charakterbild der Ausstellung als mit-
bestimmend bezeichnet werden müssen. Ist dieses Bild an sich
schon ein künstlerisch vornehmes, so hat es durch diesen neuen
Zug nur an Reiz und Mannigfalügkeit gewonnen. Äußerlich
wird dieser gute Eindruck durch eine verständige Neuanordnung
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