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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Kohl, Otto: Inschrift an der St. Wolfgangs-Kirche zu Kreuznach
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Oidtmann, Heinrich: Alte Glasmalereien aus der Pfarrkirche zu Monreal bei Mayen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0210

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375

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Ni. 11.

376

Alte Glasmalereien aus der Pfarrkirche zu Monreal bei Mayen

(Mit Abbildung.)
nfangs August dieses Jahres besuchte

ich das malerisch unweit Mayen
gelegene Monreal mit seinen inter-
essanten alten Fachwerkbauten,
um einen langjährigen Freund der Linnicher
Werkstätte wiederzusehen. In seinem Pfarr-
hause fand ich verschiedene, an ihren Rändern
noch mit Mörtelresten stark besetzte alte
Glasmalereien. Dieselben bestehen aus einem
Zwickel mit einem gemalten Kopfe Gott-Vaters
auf glühendrotem Grunde, zwei Fischblasen
mit herrlichen Wappen auf blauem, reich
damasziertem Hintergrund, und zwei kleeblatt-
förmigen Spitzen mit Architekturabschlüssen
von je 56 cm Breite, die sich im Elfenbein
von einem flammendroten Hintergrund ab-
heben. Mit Ausnahme von vier kleinen, un-
bedeutenden Stückchen, darunter auch ein
Streifen im Haare des Kopfes, waren alle
Teile, wenn auch stellenweise gesprungen,
noch vorhanden.

Die Ursprünglichkeit der somit im all-
gemeinen recht gut erhaltenen Teile wurde
in der Hauptsache durch die noch vorhandenen
Mörtelreste genügend festgestellt sowie durch
die Tatsache, daß die Spitzen sowohl wie
auch die Fischblasen nebst Zwickel den Ab-
messungen nach ganz genau in das Maßwerk
des mittleren zweiteiligen Chorfensters der
dortigen spätgotischen Pfarrkirche paßten,
deren mit einem Erkerausbau geschmückte
Südansicht sich in den Fluten der Elz spiegelt.
Außerdem versicherte mir der Pfarrer, der
die interessanten Stücke beim Antritt des
Amtes auf dem Boden des Pfarrhauses vor-
gefunden, daß die Scheibe mit Gott-Vater
nach Aussage von glaubwürdigen alten Orts-
eingesessenen früher das Maßwerk des mittleren
Chorfensters geziert habe.

Interessierte mich dieser glückliche Fund
an sich schon, so wurde ich noch mehr an-
geregt durch die merkwürdige technische Be-
handlung, welche die einzelnen Teile auf-
wiesen. Das weiße Glas ist ziemlich klar,
fast farblos, die Glasmasse zeigt zerstreut
Bläschen und auf der Oberfläche einzelne
flache Striemen. Insbesondere erinnerten mich
die Spitzen mit dem feurigen, reich damas-
zierten roten Hintergrund an eine Arbeit, die
ich selbst schon einmal unter Händen gehabt

hatte; desgleichen der Inhalt der Wappen in
den beiden Fischblasen. Die linksseitige der-
selben weist auf blauem, damasziertem Grunde
das Ehewappen Virneburg-Horn auf, während
uns in der rechtsseitigen das große Virne-
burgische Wappen mit Neuenahr und Saffen-
burg begegnet.

Der Umstand, daß mir dieselben Wappen,
dieselbe Maltechnik, endlich auch derselbe
glühendrote Hintergrund, dieselbe Damast-
musterung an den im Jahre 1909 von mir
wiederhergestellten alten Scheiben von Capellen-
Stolzenfels begegnet waren, bestärkte mich in
der Vermutung, die in Capellen fehlenden
bekrönenden Spitzen vor mir zu haben. Diese
Vermutung ist heute für mich sozusagen zur
Gewißheit geworden, nachdem ich die Zeich-
nung des Kopfes Gott-Vaters, die Malweise,
die Malfarbe, das verwendete Glas sowie die
recht gut erhaltene ursprüngliche Verbleiung
gründlich untersucht habe. Auf welchem Wege
die jetzt im mittleren Chorfenster zu Capellen-
Stolzenfels1) stehenden unteren sechs Felder
von Monreal an ihre gegenwärtige Stelle ge-
kommen sind, wird noch näher zu erforschen
sein. Jedenfalls wird die Ansicht meines ver-
storbenen Vaters, daß das Fenster in Capellen,
wo es nach einer Einritzung in einer Scheibe
im Jahre 1830 eingesetzt worden ist, in der
abgebrochenen alten Kirche gestanden haben
soll, angesichts der jetzt sprechenden gläsernen
Dokumente nicht aufrecht zu erhalten sein.
Denn wie ich persönlich durch gewissenhafte
Messungen festgestellt habe, weisen die in
Capellen stehenden sechs rechteckigen unteren
Felder in der Höhe und Breite ganz genau
dieselben Maße auf, wie sie sich im mittleren
Chorfenster zu Monreal vorfinden. Hiernach
kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die
sechs Scheiben in Capellen, wo sie ihren
Breitenverhältnissen nach nicht passen und
infolgedessen durch hinzugefügte Butzenver-
glasung im Jahre 1909 vergrößert worden sind,
unter allen Umständen ursprünglich im mittleren
Chorfenster zu Monreal gestanden haben. Dort
fand ich auch beim weiteren Nachforschen
im Chore mit seinem reichen spätgotischen
Gewölbe, dessen Rippen in verzierte Konsolen

') Vergl. »Zeitschrift für christl. Kunst 1909,
Bd. XXII, S. 243 ff, wo das Fenster abgebildet ist.
 
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