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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Münzel, Gustav: Die Zeichnung Grünewalds: Der Kopf mit den drei Gesichtern, [1]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0129

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221

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

222

In dieselbe Kategorie wie die Dantes ge-
hört die Teufelsdarstellung als Trinität des
absolut Bösen auf einer französischen Miniatur
des XV. Jahrh.12) Der dreigesichtige bärtige
Kopf hat im allgemeinen menschliche Bildung
außer den spitzigen Ohren und drei Hirsch-
geweihen auf dem Kopf. Rein in mensch-
licher Gestalt bis auf die Krallen an den
Füßen, das dreigesichtige Haupt von einer
Krone bedeckt, in den Händen zwei Schwerter
haltend, erscheint dagegen der Teufel auf
einer anderen Darstellung.13) Diese Auffas-
sung ist der vollendete Gegensatz zu der
Wiedergabe der göttlichen Dreieinigkeit in
menschlicher Gestalt mit einem Kopf und drei
Gesichtern.

Und zu dieser Gruppe der Teufelsdarstel-
lungen gehört auch die Zeichnung Grüne-
walds: der Kopf mit den drei Gesichtern.
Nun aber ist dieser Kopf umgeben von einem
Nimbus. Wie kommt der Teufel zu einem
Nimbus? Der Nimbus gilt für ein Abzeichen
göttlicher und heiliger Personen. Und auch
Schmid erwähnt bei seiner Vermutung, daß

pes. Vgl. Blomberg, Der Teufel und seine Gesellen
in der bildenden Kunst. Berlin 1867. S. 32 f., S. 10.

— Kraus, Dante. Berlin 1897. S. 439 f. — Graf,
Geschichte des Teufelsglaubens. Jena 1893. S. 47.

— Bassermann, a. a. O. S. 431 ff - In Santa
Maria Maggiore in Toscanella findet sich auf einem
Höllenbild des XIII. Jahrh. die Variation, daß Luzifer
in der Mitte einen gehürnten Kopf und rechts und
links je einen Drachenkopf hat.

") Didron, lconographie chretienne. Paris 1843.
S. 521. Mit Abbildung.

I3) Didron, a. a. O. S. 520 mit Abbildung der
französischen Miniatur aus dem XIII. Jahrh. „Des
images montrent Dieu sous l'aspect d'un homme ä
trois visages, un pour chaque personne; d'autres images
offrent le diable sous l'apparence d'un etre humain
portant trois figures sur un tronc unique comme dans
ce dessin " -_ Über das Vorkommen dieser Bildungen
und die Absicht bei ihrer Gestaltung vgl. weiter:
Piper, a. a. O. I. S. 404; Menzel, a. a O II.
S. 476; Graf, a. a. O. S. 47 f.; Blomberg, a.a.O.
S. 32 f.; Detzel, a. a. O. 1 S. 148 f.

die Zeichnung eine Verhöhnung der Drei-
einigkeit darstelle, den Nimbus.14) So ver-
hält es sich aber keineswegs. Der Nimbus
war kein ausschließliches Merkzeichen gött-
licher oder heiliger Personen, er bezeichnete
nicht nur die Heiligkeit, sondern auch die
Macht, und darum war er sowohl den heiligen
wie bösen Mächten verliehen. Es finden sich
die verworfensten Menschen wie auch höl-
lische Wesen mit dem Nimbus versehen, so
Judas, so das apokalyptische Tier mit den
sieben Köpfen und auch der Satan selbst.16)
Der Nimbus auf der Grünewald Zeichnung
vollendet den Gegensatz zur Trinität, der
himmlischen steht die höllische Macht gegen-
über. Wie der Satan die Gesichter der drei
göttlichen Hypostasen angenommen hat, so
umgibt er sich auch wie diese mit dem Ab-
zeichen ihrer Würde und Macht, dem Nimbus.

(Schluß folgt.)
Freiburg i. B. G. Münzel.

14) Schmid, a, a. O. S. 45. Vgl. die oben im
Text angeführte Stelle.

J6) Didron, a. a. O. S. 185 ff. S. 141 Abbildung
des apokalyptischen Tieres mit den sieben Köpfen auf
einer Miniatur des XII. Jahrh. Charakteristisch bei
diesem Bild ist, daß ein Kopf ohne Nimbus erscheint.
Es ist der eine Kopf, der nach den Worten der Apo-
kalypse zu Tode getroffen ist. (Kap. 13, 3.) Satan
erscheint mit Nimbus auf Miniaturen in einer Bibel
des X. Jahrh. Abgebildet der vor Hiob tanzende
Satan, S. 139. Wie lange sich diese Auffassung by-
zantinischen Ursprungs neben der eigentümlich abend-
ländischen, nur die Heiligkeit mit einem Nimbus aus-
zeichnenden auf Denkmälern vorfindet, das beweist ein
Glasgemälde in Saint-Nizier in Troyes aus dem XVI.
Jahrh., wo das apokalyptische Tier mit den sieben
Köpfen und zehn Hörnern mit Nimbus erscheint. S. 143.
Über die byzantinische Herkunft dieser Auffassung
des Nimbus vgl. Köp pen , Der Teufel und die Hölle
in der darstellenden Kunst von den Anfängen bis zum
Zeitalter Dantes und Giottos. Jen. Dissertation 1895-
S. 35, mit Hinweis auf Schäfers Noten zum Maler-
buch vom Berge Athos über die Bedeutung des Nim-
bus im Orient.

Bücherschau.

Dictionnaire d'Archeol og ie ch ret i e nn e et de

Liturgie. Fase. XX VI und XXVII: Charlemagne-

Chateau.

Der Artikel über Karl den Großen beschäftigt

sich in seiner Fortsetzung eingehend mit dem Evangeliar

Godschalks, dem mehrere Abbildungen entstammen, auch

die kolorierte des thronenden Christus; behandelt sein

Verhältnis zur Kunst, zur Kirche, ihren Einrichtungen

und Personen. Seine Kaiser-Salbung und -Krönung,
sein Tod und sein Begräbnis, sein Grab werden von
Lcclercq erörtert. — Seinen Kultus und seine Liturgie
bespricht Cabrol. — Mit Karl dem Kahlen und
den von ihm veranlaßten Manuskripten macht an der
Hand zahlreicher Abbildungen Leclercq bekannt, der auch
sehr umfänglich über die Chart es sich ausläßt, über
die verschiedenen Arten der Urkunden, ihre Über-
 
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