Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

DOI Artikel:
Der Gemäldefries an der Westapsis des Domes zu Trier
DOI Artikel:
Schippers, Adalbert: Der römische Kern des Trierer Domes, die Abteikirchen von Limburg a. d. Haardt und Maria-Laach in ihren Maßverhältnissen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
359

1912.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

360

anschaulichten Begebenheiten. Ausgenommen
bleibt die dritte Szene, die als eine freie Ein-
kleidung eines von allen Viten nur allgemein
ausgedrückten Gedankens anzusehen ist. Trotz-
dem möchte ich nicht behaupten, daß Sige-
berts Vita unmittelbar die literarische Vorlage
des Künstlers gebildet hat. Es ist ebensogut
möglich und vielleicht noch wahrscheinlicher,
daß ein in Trier gebräuchliches kirchliches
Officium23) des hl. Lambert mit seinen Lek-
tionen, Antiphonen und Hymnen dem Maler
zum Leitfaden bei den Einzelentwürfen des
Zyklus gedient hat.

Maria-Laach. P. Ildefons Herwegen, O. S. B.

[Die vom Verfasser besprochenen Darstellungen aus
dem Leben des hl. Lambertus verdienen vom Stand-
punkte der Ikonographie Beachtung. Der Heilige spielt
vornehmlich in der Kulturgeschichte Westfalens im
.Mittelalter eine bedeutsame Rolle; erinnert sei an die
Lambertusfeuer, sowie an die damit zusammenhangenden
Kinderspiele, die in Westfalen bis auf diesen Tag
durch Reigen und Gesang gefeiert werden, bei denen
eine mit Lichtern besetzte Pyramide den Mittelpunkt
bildet. Vermutlich hat die Sonnwendfeier den Aus-
gangspunkt gebildet (Fest des hl. Lambertus am
17. Sept.). Die Bilderzyklen aus seinem Leben sind
nicht gerade häufig. Am bemerkenswertesten und mit
den Trierer Darstellungen zu vergleichen sind die Flügel-
gemälde auf einem prächtigen Schnitzaltar der Brüsseler
Werkstätten, der sich in der Kirche zu Affeln in

23) Schon Stephan von Lüttich hat ein Officium
des Heiligen verfaßt, das von Demarteau (Vie de
saint Lambert ecrite en vers par Hucbald de Saint-
Amand et aulres documents de Xe siecle, Liege 1878)
herausgegeben ist (van der Essen, Etüde critique,
S. 4:>), mir aber nicht zugänglich war. Nach P. Suit-
bert Bäumer O. S. B. »Geschichte des Breviers«.
(Freiburg 189.r>) S. 62 ist es das älteste bekannte
Reimoflizium.

Westf. befindet. (Ludorff, Bau- und Kunstdenkmäler
von Westfalen, Kreis Arnsberg, Abb. Taf. 3). Die
große Figur des Heiligen im Schreine selbst führt den
Hirtenstab und ein Buch auf der Linken, zu seinen
Füßen liegt ähnlich wie bei der hl. Katharina der
niedergeworfene Böse. Die Gemälde der Außenseiten
der Flügel sind spät und reichen an die Qualität der
Schnitzereien nicht heran. Vor der Gestalt des Heiligen
kniet der Stifter mit der Inschrift:

Lamboti prteibus Christus mea crimina tergat
Ccrberus hattd mtrtntcm ilente lacescat atrox.
(Siehe Münzenberger-B eissei, ,,Zu Kenntnis und
Würdigung der mittelalterlichen Altäre Deutschlands",
S. 32; sowie Beissei in „Stimmen aus Maria Laach",
1895, S. 14; Lübke, „Die mittelalterliche Kunst in
Westfalen", S. 391 f. Otte, „Kunstarchäologie", II,
S. 148.) Die übliche ikonographische Darstellung des
hl. Lambertus gibt ihm durchweg ein Schwert in die
Hand. Sollte die bei v. Wilmowsky gebotene Dar-
stellung in Trier das Schwert zu recht wiedeigeben,
so wird die vom Verfasser oben angeführte Ver.
mutung, daß nicht direkt die Vita, als vielmehr ein
illustriertes Officium Pate gestanden habe, auch durch
die spätmittelalterliche Wiedergabe des Martyriums
nur bestätigt, die dann vei mutlich wie die Trierer
Zyklen auf dieselbe Quelle zurückgehen dürfte. Es
entspricht ganz, dem mittelalterlichen Brauch, bildliche
Darstellungen aus den Viten der Heiligen der künst-
lerischen freieren Ausgestaltung zu unterwerfen; jedenfalls
ist sicher, daß umgekehrt die Legenden ihre Stoffe aus
der Lebensbeschreibung einmal, dann aber in vielen
Fällen auch skrupellos aus den Darstellungen der
Kunst geholt haben, was natürlich mancherorts arge
Verstümmelungen und Umgestaltungen der historischen
Berichte 2itr Folge hatte. Die vom Affeiner Altar
aufzutteibenden Abbildungen reichen nicht aus, um die
Parallele zu ziehen zwischen ihnen und den vom Verfasser
angezogenen Trierer Bildern. Jedenfalls sind letztere
ungemein wertvolle Dokumente für die frühmittelalter-
liche Ikonographie. Sie würden an Bedeutung ge-
winnen, wenn sie etwa als Ausgangspunkt späterer
Auffassungen nachgewiesen werden könnten. (Siehe
Näheres über Lambertus bei Detzel, „Christi. Ikono-
graphie", II, S. 475 f.] D. 11.

Der römische Kern des Trierer Domes, die Abteikirchen von Limburg
a. d. Haardt und Maria-Laach in ihren Maßverhältnissen.

(Mit ß Abbildungen.)

ichts ist unwahrscheinlicher, schreibt

Dehio, als daß die mittelalterlichen
Bauleute, wenn sie einmal zur geo-
?y metrischen Grundlage ihres Pro-
portionswesens gelangt waren, sich durchweg
mit den einfachsten Anwendungen begnügt
hätten. Es liegt hier noch ein weites Feld
für die Untersuchung offen1). Diese Worte

') G. Dehio u. G. v. Bezold, »Die kirchliche
Baukunst des Abendlandes«, ^Stuttgart 1898), Bd. II,
S. 509.

des großen Kenners der abendländischen Bau-
kunst gaben dem Verfasser die Anregung, auf
dem erwähnten Arbeitsfelde einen Versuch
zu wagen. So weit er sehen konnte, sind die
Ergebnisse neu. Die Auswahl der auf ihre
Maße geprüften Bauwerke ist in mehr als
einer Hinsicht begründet, wie sich im Verlaufe
der Darstellung zeigen wird-).

2) Nicht zuletzt wurde die Auswahl dadurch be-
stimmt, daß mir für die drei Bauwerke große einwand-
freie Aufnahmen vorlagen, und die beiden Abtei-
 
Annotationen