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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr 9.
316
Doctors (Luthers) Tisch gebracht, mit denen
er sehr fröhlich und guter Dinge war ... Er
holte auch über Tisch ein krvstallinen
Glas, das St. Elisabeth soll gewesen
sein." So ist uns also in Coburg, das ehe-
mals im Wittenberger Stiftsschatz bewahrte
Lutherglas, erhalten ge-
blieben — vielleicht findet
sich doch noch einmal eine
Notiz darüber, wie und
wann es in die Coburger
Glafsammlung gelangt ist.
* *
*
Eine feste Datierung
der Weimarer Zeichnung
ist, so weit ich sehe, nicht
zu gewinnen, doch ergibt
das Erscheinungsjahr des
1509 gedruckten Witten-
berger Heiltumbuches
wenigstens einen terminus
ante quem. In diesem
Buche befindet sich eine
Holzschnittabbildung des
„Elisabethglases", das in-
zwischen eine andere
Reliquienfüllung und eine
später wieder abhanden
gekommene Metallfassung spätgotischen Stils
erhalten hatte. So sorgfältig sich der Zeichner
des Weimarer Blattes an das Original gehalten
hat, so sorglos ist der Zeichner für den Holz-
schnitt der Buchausgabe, der hier vielleicht aus
dem Gedächtnis gearbeitet hat, zu Werke
gegangen. Unter seiner Hand ist aus dem
geschnittenen fatimidischen Glase des XL bis
XII. Jahrh. ein ganz alltäglicher spätgotischer
Nuppenbecher gewöhnlicher Form geworden7)
(Abb. 3), so daß man zweifeln könnte, ob es
sich überhaupt in beiden Fällen um ein und
dasselbe Glas gehandelt habe. Man müßte
dann freilich annehmen — was an sich nicht
eben wahrscheinlich, aber
doch auch nicht ganz
unmöglich ist —, daß sich
in dem einen Stiftsschatz
zwei ganz verschiedene
auf die hl. Elisabeth zu-
rückgeführte Gläser be-
funden haben, von denen
in dem gedrucktem Heil-
tumbuch dann nur das eine
abgebildet worden wäre.
Das später in Luthers
Besitz übergegangene Eli-
sabethglas aber war jeden-
falls identisch mit dem Co-
burger Becher; das beweist
der Wortlaut von Mathe-
sius' Bericht, der ausdrück-
lich von einem „krystal-
linen" Glase spricht. Der
ausgezeichnete Glasken-
ner hätte so nie ein ein-
faches Gebrauchsglas seiner Zeit bezeichnet.
Daß er trotzdem irrte, ist entschuldbar genug:
bis in die jüngste Zeit sind ja die verwandten Er-
zeugnisse mittelalterlich-ägyptischer Glaskunst
oft noch für Kristallarbeiten gehalten worden.
Halle. Mjx Sauerlanilt.
7) Vgl. Roh. Schmidt, .Das Glas. (Berlin
1912) S. 144.
Bücherschau.
Roma. Die Denkmale des heidnischen,
unterirdischen, neuen Rom in Wort und
Bild. Von Dr. P. Albert Kuhn, O.S.B. Siebente,
vollständig umgearbeitete und neuillustrierte Auflage.
Mit farbigem Titelbild, 938 Abbildungen im Text
und auf 40 Einschaltbildern sowie :{ Plänen von
Rom. — Benziger 8) Co. in Einsiedeln, Waldshut,
Köln. Erscheint in 18 Lieferungen ä 80 Pf.
Von allen illustrierten Werken über die ewige
Stadt und ihre Kunstgeschichte hat kaum eines so viel
Anerkennung und Verbreitung gefunden, all dir vor
mehr als 30 Jahren zuerst erschienene und dann wieder-
holt neu aufgelegte Roma des P. Kuhn. Sie war von
vornherein eine vortreffliche Leistung, so daß die neuen
Auflagen den Rahmen nicht zu sprengen brauchten,
wozu wohl auch dem Verfasser der großen sechs-
bändigen „Allgemeinen Kunstgeschichte" die Zeit nicht
ausreichte. — Wenn er jetzt dieser Aufgabe sich
unterzogen hat, so darf von dem unermüdlichen Forscher
und fortschrittlichen Denker, der in engster Fühlung
bleibt mit den Errungenschaften auf seinen Gebieten,
eine Umgestaltung erwartet werden, wie hinsichtlich
des Textes, so seiner Illustration. Auf jederrr der
drei großen Gebiete, die seine Roma umfal'l, das held
nische, das unterirdische, das spätere, also neue X. .rn.
hat in den letzten Jahrzehnten die gerade hier besonders
betriebsame Forschung zu vielen neuen Ergebnissen
geführt, auch auf Grund neuer Funde, wie die Kepro-
dnktionskünsie sieh erheblich vervollkommnet haben,
mit Einschluß der neuen Ausstattungsformen, die in
der Graphik ein gewisses Bürgerrecht erlangt haben. —
Schon die eisten vier Hefte, die nach einem 40
1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr 9.
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Doctors (Luthers) Tisch gebracht, mit denen
er sehr fröhlich und guter Dinge war ... Er
holte auch über Tisch ein krvstallinen
Glas, das St. Elisabeth soll gewesen
sein." So ist uns also in Coburg, das ehe-
mals im Wittenberger Stiftsschatz bewahrte
Lutherglas, erhalten ge-
blieben — vielleicht findet
sich doch noch einmal eine
Notiz darüber, wie und
wann es in die Coburger
Glafsammlung gelangt ist.
* *
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Eine feste Datierung
der Weimarer Zeichnung
ist, so weit ich sehe, nicht
zu gewinnen, doch ergibt
das Erscheinungsjahr des
1509 gedruckten Witten-
berger Heiltumbuches
wenigstens einen terminus
ante quem. In diesem
Buche befindet sich eine
Holzschnittabbildung des
„Elisabethglases", das in-
zwischen eine andere
Reliquienfüllung und eine
später wieder abhanden
gekommene Metallfassung spätgotischen Stils
erhalten hatte. So sorgfältig sich der Zeichner
des Weimarer Blattes an das Original gehalten
hat, so sorglos ist der Zeichner für den Holz-
schnitt der Buchausgabe, der hier vielleicht aus
dem Gedächtnis gearbeitet hat, zu Werke
gegangen. Unter seiner Hand ist aus dem
geschnittenen fatimidischen Glase des XL bis
XII. Jahrh. ein ganz alltäglicher spätgotischer
Nuppenbecher gewöhnlicher Form geworden7)
(Abb. 3), so daß man zweifeln könnte, ob es
sich überhaupt in beiden Fällen um ein und
dasselbe Glas gehandelt habe. Man müßte
dann freilich annehmen — was an sich nicht
eben wahrscheinlich, aber
doch auch nicht ganz
unmöglich ist —, daß sich
in dem einen Stiftsschatz
zwei ganz verschiedene
auf die hl. Elisabeth zu-
rückgeführte Gläser be-
funden haben, von denen
in dem gedrucktem Heil-
tumbuch dann nur das eine
abgebildet worden wäre.
Das später in Luthers
Besitz übergegangene Eli-
sabethglas aber war jeden-
falls identisch mit dem Co-
burger Becher; das beweist
der Wortlaut von Mathe-
sius' Bericht, der ausdrück-
lich von einem „krystal-
linen" Glase spricht. Der
ausgezeichnete Glasken-
ner hätte so nie ein ein-
faches Gebrauchsglas seiner Zeit bezeichnet.
Daß er trotzdem irrte, ist entschuldbar genug:
bis in die jüngste Zeit sind ja die verwandten Er-
zeugnisse mittelalterlich-ägyptischer Glaskunst
oft noch für Kristallarbeiten gehalten worden.
Halle. Mjx Sauerlanilt.
7) Vgl. Roh. Schmidt, .Das Glas. (Berlin
1912) S. 144.
Bücherschau.
Roma. Die Denkmale des heidnischen,
unterirdischen, neuen Rom in Wort und
Bild. Von Dr. P. Albert Kuhn, O.S.B. Siebente,
vollständig umgearbeitete und neuillustrierte Auflage.
Mit farbigem Titelbild, 938 Abbildungen im Text
und auf 40 Einschaltbildern sowie :{ Plänen von
Rom. — Benziger 8) Co. in Einsiedeln, Waldshut,
Köln. Erscheint in 18 Lieferungen ä 80 Pf.
Von allen illustrierten Werken über die ewige
Stadt und ihre Kunstgeschichte hat kaum eines so viel
Anerkennung und Verbreitung gefunden, all dir vor
mehr als 30 Jahren zuerst erschienene und dann wieder-
holt neu aufgelegte Roma des P. Kuhn. Sie war von
vornherein eine vortreffliche Leistung, so daß die neuen
Auflagen den Rahmen nicht zu sprengen brauchten,
wozu wohl auch dem Verfasser der großen sechs-
bändigen „Allgemeinen Kunstgeschichte" die Zeit nicht
ausreichte. — Wenn er jetzt dieser Aufgabe sich
unterzogen hat, so darf von dem unermüdlichen Forscher
und fortschrittlichen Denker, der in engster Fühlung
bleibt mit den Errungenschaften auf seinen Gebieten,
eine Umgestaltung erwartet werden, wie hinsichtlich
des Textes, so seiner Illustration. Auf jederrr der
drei großen Gebiete, die seine Roma umfal'l, das held
nische, das unterirdische, das spätere, also neue X. .rn.
hat in den letzten Jahrzehnten die gerade hier besonders
betriebsame Forschung zu vielen neuen Ergebnissen
geführt, auch auf Grund neuer Funde, wie die Kepro-
dnktionskünsie sieh erheblich vervollkommnet haben,
mit Einschluß der neuen Ausstattungsformen, die in
der Graphik ein gewisses Bürgerrecht erlangt haben. —
Schon die eisten vier Hefte, die nach einem 40