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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Vogts, Hans: Kölner Hauskapellen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0115

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Abhandlungen.

Kölner Hauskapellen.

(Mit 7 Abbildungen u. Tafel VI n. VII.)

ährend die Erdgeschosse der süd-
deutschen Wohnhauser ehemals
meist überwölbt waren, sind sie
UJ in Niederdeutschland fast immer
flachgedeckt, ein grundlegender Unterschied
in der Bauart, der auf die verschiedene
Benutzung des Erdgeschosses zurückzuführen
ist1). Die Kölner bürgerlichen Bauten
schließen sich darin wie in manchem anderen
ganz an die Bauart Niederdeutschlands, ins-
besondere an die der Niederlande, an. Weder
in den ergiebigen Quellen des Stadtarchivs noch
in den vielen, aus früheren Jahrhunderten er-
haltenen Häusern trifft man die Spur eines
vollständig gewölbten Wohnhausgeschosses.
Häufig dagegen sind einzelne gewölbte
Räume, namentlich in den Anbauten der
Häuser, die sich als Seitenflügel am Hofe
entlang zogen. Man neigte eine Zeitlang
dazu, diese gewölbten Räume fast sämtlich
als Hauskapellen zu erklären und so zu der
Annahme zu kommen, daß fast jedes größere
Bürgerhaus im Mittelalter seine Hauskapelle
besessen habe2). In den Kölner Schreins-
büchern sind aber viele gewölbte Kammern,
Kemnaden und Küchen genannt3); ein mit
einem spätgotischen Kreuzgewölbe versehener
erhaltener Raum im Hause Granen, Alter
Markt 64, erweist sich mit großer Wahrschein-
lichkeit als die Küche dieses Hauses. Be-
sonders die größeren und reicher ausgestat-
teten gewölbten Räume erklärte man gern
als Kapellen, während sie in Wirklichkeit
zweifellos durchaus weltlichen Zwecken dienten,
als die Hauptfest- und Repräsentationsräume

') In Süddeutschland wird das Erdgeschoß in
'i-tri Linie für Wirtschaft*- und Geschäftsräume, in

Niederdeutschland als das Hauptwohngescbofi aus-
genutzt; die Misdiicdenc Benut/ungsart, die bereits
beim Bauernhause bemerkbar, »bei 'ist im städtischen
Wohnhaus« ausgeprägt ist, mag wieder ihren Grund
in der verschiedenen Kodenbeschaffenheit — hier

Ebene, dort BetgUnd — haben.

*) Vgl./. B. Essenwein, »Roman, und gotische
Baukunst, Der Wohnbau«, Handbuch der Architektur,
II Teil, 1. Bd., •_>. Heft, S. 160.

•,) VgL K« ussen, »Topographie dei St.uk Köln im
Mittelalter«, L.S.98*,99*, Wf u. a. (vgl. II, Register).

; vornehmer Häuser: ■ solcher Hallen sind in
Köln drei erhalten, die des kunstsinnigen
Bürgermeisters Johannes Hardenrath aus der
Mitte des XV. Jahrh. (Marienplatz 26), die
des 151.'5 von Hermann Rinck erbauten
großen Hauses Zum goldenen Ring (Schilder-
gasse 76, jetzt ins Schnütgen-Museum über-
tragen)4) und die des Jabacherhofes in der
Sternengasse vom Ende des XVI. Jahrh.
Hardenrath und Rinck hatten ihre Privat-
kapellen in den benachbarten Kirchen (in
St. Maria im Kapitol bzw. in der Kreuzbrüder-
kirche), so daß sie sicher nicht zu so umfang-
reichen Kapellenbauten in ihren Häusern
schritten; Everhard Jabach besaß eine Ka-
pelle im Obergeschoß seines prächtigen Heims;
zudem hatten die Hardenrathsche und die
Jabachsche Halle ihre großen Kamine, wohl
ein genügendes Anzeichen dafür, daß sie
Wohnzwecken dienten, ganz abgesehen von
den großen Fensteröffnungen, die ehemals den
Blick in die anschließenden Gärten schweifen
ließen. Auch die beiden erhaltenen gewölbten
Räume des Hackenayschen HofesamNeumarkt
können nicht als dessen dem hl. Nikasius ge-
weihte Hauskapelle gelten, da diese im Ober-
geschoß lag und nach der Olivengasse, der
ehemaligen Casiusgasse, ausging5). Zweifel-
haft bleibt es, ob eine 4,3(1 m breite, mit drei
schönen Kreuzgewölben bedeckte Halle im
Anbau des großen Hauses Rheingasse 24
als Festraum oder als Kapelle zu deuten ist:
die Größe weist auf den weltlichen, das Vor-
handensein eines steinernen Waschbeckens an
der Ostwand des Saales auf den frommen
Zweck (jedoch nicht mit zwingender Not-
wendigkeit, da solche Lavacra auch in Wohn-
räumen dieser Zeit häufig sind); der Schmuck
eines Gewölbeschlußsteins durch eine Engels-
figur in faltenreichem Gewände hat wohl auf

den Namen des mutmaßlichen Erbauers, des
Heinrich van Engelskirchen, Bezug, der das
Doppelhaus ,,Zur alten Botschoe und Zur alten

Scheuer" von 1453 bis etwa 1500 besaß, und

*) Aeg. Gelenius, »de admiranda magnitudine
Coloniae«, S. 499-

»)\Vallraf, »Ausgewählte Schriften. (1861),
S. 169 ff.
 
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