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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Raspe, Theodor: Kirchlicher Kunstbesitz des Oldenburgischen Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0150

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259

1912. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

260

Kirchlicher kunstbesitz des Oldenburgischen Museums.

(Mit 23 Abbildungen.)

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er Inhalt des Oldenburger Kunst-
erbemuseums ist erst
enigen Forschern bei
Arbeit berücksichtigt
^? (^ I worden, verdient aber schon
\mPJ seiner kirchlichen Kunst-
' ~^--X "'* v ^/V altertümer wegen bekannt zu

■--------ZTLS> werden. Wenn auch nur ein

frühgotischer Taufstein, dessen Schönheit den
glänzenden Schöpfungen der Isle de France-
Skulpturen nahe kommt (Abb. 23), eine über-
ragende Sehenswürdigkeit bildet, so laßt sich
doch aus der großen Menge
des Mittelguts eine Reihe
bemerkenswerter Stücke her-
ausheben, von denen wir im
folgenden Abbildungen mit
Beschreibungen geben.

Knochenrelief mit zwei
Aposteln.

Rheinisch - westfälische Arbeit,
Xl.Jahrh. (Abb. 1.)

Die älteste Arbeit, eine
Knochenschnitzerei mit zwei
Aposteln in Hochrelief, ge-
hört zum Besten des Mu-
seumsbestandes. Der Ver-
fasser nahm das interes-
sante Stück nach Berlin, um
es mit den Arbeiten des
Kaiser - Friedrich-
Museums zu vergleichen: dort erkannte
seltsamerweise niemand den Zusammen-
hang mit sech s glei chartigen P latten
der dortigen Elfenbeinsammlung. Nur Gold-
schmidt hatte bereits das Oldenburger
Stück untersucht, für sein großes Elfenbein-
werk notiert und den Zusammenhang erkannt.
Im Berliner Museum befinden sich insgesamt
fünf Platten mit zehn Aposteln und eine
Christusplatte, während das Oldenburger
Museum nur die fehlende Apostelplatte be-
sitzt. Von den beiden Figuren dieser Platte
ist die eine durch Monogramm lauf dem
Buche) und durch die Tonsur als P et ms
kenntlich gemacht. Die Apostel sitzen auf
dem langen Rollkissen eines bankförmigen
Hochsitzes; das Fußbrett ist vorn durch eine
eingeritzte Zackenreihe belebt. Die K

von denen der des Petrus nicht ganz frontal
ist, heben sich vollkommen frei, wie bei gleich-
zeitigen und späteren Silberreliquiaren, vom
glatten, leicht plastischen Nimbus ab. Die
vermischte Technik von Schnitzerei und linearer
Belebung ist aus der Abbildung ersichtlich,
weniger deutlich dagegen die Feinheit und Ver-
schiedenheit der Haarcharakterisierung; das
Kopfhaar des Petrus beispielsweise ist strähnen -
artig gebildet, der Bart nur in der Mitte längs
geteilt, während der andere Apostel ein brei-
teres Geflecht als Kopfhaar besitzt, dessen
Form ganz an die Rohr-
sitze einzelner nieder-deut-
scher Bauernstühle erinnert,
dazu einen vorn zu Löck-
chen gekräuselten Bart.

Da die Oldenburger
Tafel, in erfreulichem
Gegensatz zu den Berlinei
Platten, noch nicht
gründlich ge rein igt ist,
— sie fällt daher aus den
Berliner Stücken durch den
gelbbraunen Alterston ganz
heraus — so besitzt sie
auch einige Farbspuren, voi
allem Rot an den Ober-
gewändern, einen blauen
Farbpunkt auf dem Unter-
gewand des unbestimmten
Apostels (über dem i<< hti n
Fuß) und ein gleiches helles Blau als Augetl-
farbe in einem Auge. Die Köpfe sind ohnehin
recht fein geschnitzt, mit der Bemalung stellten
die Tafeln eine bessere Kunstleistung dar, als
man nach der ersten Betrachtung anzunehmen
geneigt ist.

Über die Stellung des Schnitzen in de i
Reihe der damaligen Elfenbeins« hnitzer weiden
wir das Nötige von Goldsehmidts Arbeit er-
warten können, vorlaut es, die Arbeit
dem rheinisch-westfälischen Kunstkreise ein-
zureihen.1) Die Oldenburgei Tafel, deren
e 7, l 5, 9 em betragt, ist alten, groB-
herzoglicher Besitz, doch läßt si< h nicht fest-
stellen, wie und wann die Trennung von den
Berliner Platten zustande gekommen ist.

') Ms KJ verwiesen auf ("1 rin cn, »Kunstilcnk-
mftlei d. Rheinprov, III. r>.

Knochenrelief Rhein.-westf. Xl.Jahrh.


 
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