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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Boss, Wilhelm: Die kunstgeschichtliche Bedeutung des Salvator-Kirchtums zu Duisburg
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Hasak, Max: Der Baumeister mit den zwei Halbmonden
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0189

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335

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

336

die Bewohner der Ebene nahe liegt, wird man
schwerlich einen Einfluß Hollands auf den
Niederrhein in dieser Zeit feststellen können.
Wohl aber gibt, wir mir scheint, der
Utrechter Domturm einen Fingerzeig, wo der
Stammbaum auch unserer niederrheinischen
Tunngruppe zu suchen ist. Die Bauweise des
Utrechter Domes, natürlich von seiner köl-
nischen Choranlage abgesehen, weist nach
Westfalen, ebenso wie die kleineren hollän-
dischen Kirchenanlagen des romanischen und
Übergangs-Stiles. (Dehio und Bezold, a. a. O.
I, 572 ff.) Tatsächlich zeigt das nordwestliche
Westfalen, insbesondere die Holland und dem
Niederrhein benachbarten Kreise und weiterhin
das ganze Münsterland bis nach Minden hin
zahlreiche romanische und spätere Kirchen-
bauten mit der bezeichnenden eintürmigen
Westanlage, zu der auch der gotische Salvator-
Turm in Duisburg gehört (vgl. A. Ludorff,
Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen,
insbesondere Ahaus [Kreis Ahaus], Horstmar
[Kreis Steinfurt], Nottuln [Kreis Münster],
Petri-Kirche in Dortmund, Marien-Kirche in
Minden u. a.). Vor allem hat die gotische
Peter- und Pauls-Kirche in Bochum (Abbil-
dung bei Ludorff, Stadtkreis Bochum, S. 27)
ganz ausgeprägt alle bezeichnenden Merk-
male des niederrheinischen Turmes. Auch
Clemen hat bei der Beschreibung des zur
niederrheinischen Gruppe gehörigen Alde-
gundis-Turmes in Emmerich auf den Turm in

Apierbeck bei Horde i. W. verwiesen, der
meines Erachtens große Ähnlichkeit mit dem
untersten Stockwerk des Utrechter Domturmes
zeigt. (Clemen, a. a. O. II, 26.)

Mithin glaube ich folgendes feststellen zu
können:

Von der oft genannten, bis jetzt noch nicht
genauer untersuchten niederrheinischen Turm-
gruppe ist der alte Salvator-Kirchturm in
Duisburg die älteste Anlage, die nachzuweisen
ist. Dieser Salvator-Turm geht ebenso wie
die ältesten holländischen Turmanlagen auf
das Vorbild der westfälischen, eintürmigen
romanischen Westanlage zurück. Es vollzog
sich also, von Westfalen ausgehend, eine
gleichzeitige, doppelte Entwicklung. Wegen
der bis ins einzelne gehenden Ähnlichkeit muß
man aber wohl annehmen, daß der Duisburger
Salvator-Turm am Niederrhein bahnbrechend
gewirkt und selbst Köln beeinflußt hat.

Auffällig bleibt noch die große Zahl dieser
Turmanlagen in der Jülicher Gegend. Hier
scheint noch ein anderer Einfluß bestimmend
gewesen zu sein, vielleicht der Maastrichts (Lieb-
frauen-Kirche), das ja im Kirchenbau eine be-
herrschende Stellung einnahm. So liegen wahr-
scheinlich mehrere Entwicklungsreihen neben-
einander, selbstverständlich unter gegenseitiger
Beeinflussung; sie haben die auffällig große
Verbreitung der niederrheinischen Turmgattung
bewirkt.

Duisburg. Wilhelm Boss.

Der Baumeister mit den zwei Halbmonden

(Mit Abbildung.)
eber die Baumeister der mittelalter-
lichen Dome ist zumeist recht
wenig bekannt. Der Dom zu Köln
bildet eine glänzende Ausnahme.
In Deutschland kommt ihm in dieser Be-
ziehung nur das Straßburger Münster in

etwas nahe. Und der Regensburger Dom ver-
sagt nicht ganz. Da ist es von besonderem
Interesse, daß man in Magdeburg am Dom
die Tätigkeit eines Baumeisters feststellen
kann, dessen Spuren sich bis weit hinunter
ins Schwabenland zurückverfolgen lassen.

Besucht man das alte Zisterzienserkloster
Maulbronn in Württemberg, dann entzücken
den Besucher besonders eine Reihe Bauteile,
deren Säulchen, Kragsteine, Rosetten, Ge-
wölbegurte von ganz außergewöhnlicher Schön-

heit sind. Das ist die Westvorhalle der
Kirche, der Südflügel des Kreuzganges und
das Mönchsrefektorium. Dabei fällt eine be-
sondere Art der Kragsteine in die Augen,
welche auf ihrer Unterseite zwei Halbmonde
zeigen. An 200 solcher Kragsteine sind unter
den Säulchen und unter der Regenrinne mit
diesen Halbmonden ausgestattet. Nur einer
zeigt zwei Lilien, eine geheimnisvolle Abwechs-
lung, die ganz besonders die Phantasie an-
reizt, hinter das Geheimnis dieser Halbmonde
zu gelangen. Ich war nicht der erste ge-
wesen, dem sich diese Halbmonde aufgedrängt
hatten. Die Wutttrmlxigci waren sie auch
schon gewahr geworden und — du- Grab-
platte im Fußboden, eine ganz einfache, glatte
l'latte, in welche ein Schild eingerissen ist,
 
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