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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Arntz, Ludwig: Wegekreuz und Wegebild, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0067

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103

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3

101

II. In Stein: Platten

kreuze,
ie ältesten Kreuzformen sind uns auf
Steinplatten bzw. Grabplatten
überliefert (vgl. Tafel III). Aus
der langen Entwicklungsreihe, die
mit den frühgermanischen Kreuzeszeichen an-
hebt und sich bis ans Ende des Mittelalters
verfolgen läßt, seien zunächst einige bemerkens-
werte Beispiele aus Deutschland, Skandinavien,
Britannien und Frankreich herausgegriffen.

Auf dem Denkstein von Tautenburg
(Apolda) (vgl. III. 21) ist ein breitrandiges
Kreuz als Umriß eingeritzt. Die abgerundete
Steinplatte von Aishausen (Gandersheim)
(vgl. III. 22) zeigt das gerade, gleichschenklige
Kreuz, durch schwache Ausgründung in den
Winkelfeldern herausgehoben. Neben der
breitrandigen Form erscheint früh das Kreuz
mit ausgekehlten Winkeln, eine Grundform,
die manche Abwandlung erfährt. Nach alter
Überlieferung wird das Kreuz mit kreis-
förmigem Rande in den verstärkten Kopf der
Steinplatte eingehauen, während der untere
Schaft oft mehr oder weniger verjüngt ist.
Eine eigenartige Kreuzform mit vierfacher
Wiederholung an den Kreuzarmen ist bei
dem Denkstein Berel (Wolfenbüttel) (vgl.

III. 24) angewandt. Die ringartige Einfassung
des Kreuzes (vgl. das schwedische Kreuz von
Vrigstad (Smaland) und das Cornwallkreuz
von Trevia (vg. 32 u. 33) läßt sich bis in die
gotische Zeit hinein verfolgen, wie der Denk-
stein von Schapen - Hordorf (Riddag-
hausen) aufweist. Ausgesprochene ältere und
jüngere Formen des Radkreuzes sind auf
Tafel III. 25—28 wiedergegeben. Es ist das
einfache Speichenkreuz von Visby, das breite
irische (Dubliner) Radkreuz mit ausgekehlten
Winkeln; das gotische Radkreuz mit Winkel-
nasen von H ilbrechtshausen (Ganders-
heim) und das breitrandige, stark ausgerundete
Kreuz von Roclum, datiert 1507, (Halber-
stadt), welches ein Ausklingen der gotischen
Überlieferung zeigt. Andere verschiedene
Formen des Rad- oder Reifenkreuzes sind
unter 2!', 30 u. 31 abgebildet. Bei den schwe-
dischen Kreuzen 31 u. 32 erscheinen die Kreuz-
arme durch den Kranz oder Reifen gesteckt.
Bei ersterem ist der vierfache Winkelausschnitt

Wegekreuz und Wegebild.

(Mit 45 Abbildungen.)
Sühnekreuze, Hoheits- durchbrochen; bei letzterem nur ausgegründet.

Noch entschiedener sind die durchsteckten
Kreuzarme durch einen Dreipaß betont, bei
dem Kreuz von Baret (Charente) Abb. 301).
Auch bei diesem ist der vierfache Winkel-
ausschnitt durchbrochen. Eigenartig ist auch
die Verbindung des verjüngten Schaftes mit
dem Radkreuz. Ein reicher behandeltes und
durchflochtenes Radkreuz stammt aus Lan-
herne (Cornwall) Abb. 34. Unter Abb. 33
ist ein weiteres Beispiel eines durchflochtenen
Radkreuzes aus Schweden wiedergegeben.

Eine besondere Reihe in der späteren Ent-
wicklung der Plattenkreuze bilden die in der
norddeutschen Tiefebene, vor allem in Mecklen-
burg überlieferten Denksteine, oft aus Find-
lingen oder Feldsteinen gearbeitet, welche als
Sühnezeichen errichtet wurden. Auf dem
Denkstein von Wendorf (Wismar) ist das
Bild des Kreuzes mit Christuskörper nur in
die Platte eingeritzt, (datiert 1364). Bei den
folgenden Platten erinnert die runde Kopf-
endung noch an die besprochenen frühen
Kreuzformen. Das Bild des Erlösers erscheint
als schwaches Relief, darunter ist der Er-
schlagene oder Ermordete, in andächtiger
Stellung mit Wappen und Spruchband dar-
gestellt. Im einzelnen ist die Ausbildung ver-
schieden. Der Denkstein von Selow (Bützow)
ist i. J. 1399, der von Schimm (Warin) i. J.
1409, der von Saunstorf (Wismar) i. J.
1449 errichtet worden2).

Die behandelten Denksteinplatten leiten
naturgemäß über zu den steinernen Sühne-
kreuzen, bei welchen im allgemeinen das
Denkzeichen, wie bei den Platten, aus einem
Werkstück besteht, und nur ausnahmsweise
aus besonderem Sockel, Schaft und Kreuz
zusammengefügt ist. (Vgl. Tafel. IV.) Die
ältesten nachweislichen Sühnesteine zeigen die
Grundformen des breitrandigen Kreuzes mit
spitzen Winkeln (vgl. Tafel IV. 10 u. 15). Eine
besondere Abwandlung ist die radförmige
Abkantung der Kreu/scheiikcl, wie sie aus
Abb. I I u. Iii hervorgeht. Da manches Mein-
material eine scharfe Ausklinkung nicht ver-
trägt, ist entsprechend ein lliombischer oder

■l Vgl, Violet Lc Duc, »Dictionair* Raison^
de l'Aithitecture« unter „Crolx".

'j Vgl. Bau-und Kunatdenlnnalei von Mecklenburg,
 
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