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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Schubring, Paul: Italienische Bilder des XIV. und XV. Jahrhunderts im Museum Schnütgen in Köln, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0098

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Abhandlungen.

Italienische Bilder des XIY. und XV.

Jahrhunderts im Museum Schnüren

in Köln.

(Mit (i Abbildungen, Tafel IV und V.)

II. (Schluß.)

as Sieneser Quattro-
cento ist in dei Samm-
ung Schnütgen durch
drei fest zu bestim-
mende Bilder ver-
treten, von denen
zweite eine starke
Atmosphäre hat. Zunächst die Halb-
figur eines lesenden Johannes Ev.
vor dem Lesepult, über das ein langes Schrift-
band herabhängt (Abb. 3); der Adler steht
vor dem Pult, breitet eben die Schwingen
und reckt den Hals. An dem hellsträhnigen
Bart verrät sich der Maler; es ist Gio-
vanni di Paolo (1403?—1-482), ein Sienese,
der Gentile da Fabrianos Einwirkung erfuhr
und der erste Piainaerist in Siena war. Die
meisten seiner Bilder sind erregt und nervös,
kleinfigurig und gotisch bewegt. Hier gelingt
ihm ein höchst eindrucksvolles Stück. Man
sieht, wie günstig die Wahl der Halbfigur für
das Machtvolle der Erscheinung ist. Die ge-
schlossene Wucht der Apostelerscheinung steigert
sich zur Monumentalität durch die zackige
offene Silhuette des klein gehaltenen Adlers.
Das zweite Sieneser Quattrocentobild ist
der Resurrectus von Lorenzo di Pietro, ge-
nannt Vecchietta (141 2—14S0) (Abb. 4),
leider nur ein Fragment; die Wächter bzw.
Engel fehlen. Der Herr entweicht der dunklen
Gruft des Felsengrabes; mit der Siegesfahne
und dem Ölzweig in der Linken, bekleidet von
dem hellrosa Mantel, schwebt er in die Höhe,
mit der Rechten die steile Linie des senk-
rechten Aufstiegs vorausweisend.

Der Resurrectus war ein Lieblingsthema
Vecchiettas; er hat ihn nicht nur in der
Bronze freiplastisch (Scala, Siena) oder im
Relief (Newyork, bei Pierpont Morgan, früher
bei R. Kann, Paris) behandelt, sondern auch
mehrfach gemalt (z. B. an der Decke des

Baptisteriums S. Giovanni in Siena). Eine
Assunta von 1402 hat er im Auftrage Papst
Pius' IL für Pienza gemalt. Dieser Resurrectus
in Köln gehört wohl der Frühzeit um 1440
an. Außerordentlich reif ist der Oster-
mantel herausgekommen; höchst glaubhaft
das Schweben in der seitlichen Bewegung
mit der Tendenz nach oben. Die Sienesen
liebten das Empyräische; keine Schule hat soviel
Szenen in die Wolken verlegt. Auf unserm
Bilde trägt der goldene Schein den verklärten
Herrn wie eine Mulde; „hinauf, hinauf
schwebt's;" „zu Dir, alliebender Vater!"

Das dritte Bild, eine das vor ihr sitzende
nackte Kind verehrende Madonna in Halb-
figur (41 X 29 cm), muß neben den beiden
ersten enttäuschen. Es stammt aus dem Ende
des Jahrhunderts und ist derb handwerklich.
Hier fehlt all die poetische, lichterfüllte und
diaphane Art, mit der ein Neroccio und
auch Francesco di Giorgio solche Bilder zu
erhöhen wußten. Der Typus weist auf
Pacchiarotto oder Fungai.

Der Schule Giovanni di Paolos
dürfte auch das merkwürdige Bild Pharaos
angehören, wo der Traum von den 7 fetten
und mageren Kühen und von den 7 fetten
und mageren Ähren dargestellt ist. Wir
blicken in das Schlafzimmer des Königs,
der, die Krone auf dem Haupt, unter einer
goldroten Decke schläft. Die Architektur
rot und blau. Links ein Porticus mit hoher
Tür und ein Durchblick auf den Hügel;
rechts eine Flußlandschaft, wo Pharao noch
einmal, als nachdenklicher Wanderer, erscheint
(14 X lO'/j cm). Ebenfalls sienesisch ist die
kleine (47x18 cm) Predelle, auf der Cate-
rina von Alexandrien von Engeln auf dem
Sinai bestattet wird. Links steht zur Seite
Bartholomeus, rechts eine trauernde Heilige (?).
Man muß die Predelle fortgesetzt denken,
so daß immer eine stehende Heiligenfigur
die Szenen trennt.

Von dem letzten kleinen Bild, das ich be-
sprechen möchte, läßt sich leider durch die
Abbildung keine Vorstellung geben, wie leb-
haft bewegt es in den Farben ist. Es ist ein
kleines Kreuzigungsbild, vertieft in den auf
gewundenen Säulchen ruhenden Tabernakel-
 
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