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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Rahtgens, Hugo: Zur Altersbestimmung des Chorbaus von Groß-St.-Martin zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0165

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Abhandlungen.

Zur Altersbestimmung des Chorbaus
von Groß-St.-Martin zu Köln.

(Mit Abbildung)
Jn Heft 5 dieser Zeitschrift
181 ff.) tritt Hasak
meiner Auffassung, der
Chorbau von Groß-St.-Mar-
tin sei nach dem Brande
J. 1185 entstanden,

entgegen, indem er, auf

seiner älteren Annahme bestehen bleibend,
den Chor zu der Weihe von 1172 (nach einem
Stadtbrand von 1150) in Beziehung setzt.

Wenn ich auch gerne die Gelegenheit be-
nutze, mich nochmals zu diesem Gegenstande
zu äußern, so muß ich doch zunächst darauf
hinweisen, daß seit dem Erscheinen meines
Aufsatzes über Groß-St.-Martin im Jahrgang
1905 dieser Zeitschrift, auf den allein Hasak
sich bezieht, eine das gesamte Quellenmaterial
verwertende zusammenfassende Darstellung
über die Kirche in dem von mir bearbeiteten
ersten Bande der Kirchlichen Kunstdenkmäler
der Stadt Köln (erschienen 1911) veröffent-
licht ist.1) Ich muß annehmen, daß Hasak
diese Arbeit kennt,2) und hätte daher wohl er-
warten dürfen, daß die dort gemachten An-
gaben berücksichtigt wären. Da ich nicht
schon einmal und mehrfach Gesagtes zu
wiederholen wünsche, muß ich im folgenden
für alles einzelne auf diese Arbeit verweisen.
Der Sachverhalt ist in gedrängtester Kürze
folgender: Es ist uns eine Angabe über eine
Weihe der Kirche im J, 1172 überliefert, die
aber nicht auf eine primäre Quelle zurück-
geht, sondern zuerst in einem Bruderschafts-
buch des XIV. Jahrh. auftaucht, ferner die
einer gleichzeitigen Aufzeichnung entnommene
Nachricht von einem Brande im J. 1187) und
eine Urkunde, die auf eine Bautätigkeit unter

') »Die Kunsldenkmäler der Stadt Köln (Kunstd.
d. RhrinpiPvIm, hcrausgeg. von P. Clemen, VII.)
II. 1. S. 851- 376. — Außerdem halve ich einige Be-
obachtungen an der Kirche in einem Aufsalz der
»Zetochr. f '■• schichte d. Architektur. II. S. 233 ff.
veröffentlicht.

') Ich schließe dies u. a. daraus, daß die Quer-
Schnittskizze, die Hasak seinem Aufsatz beifügt, offen-
bar mit Benutzung meiner, in den »Kunstdenkmälcrn«
abgebildeten Aufnahme angefertigt ist.

I Beteiligung eines gewissen Rudengerus zwischen
1206 und 1211 schließen läßt.

Ferner besteht keine Meinungsverschieden-
heit darüber, daß am Bau det Kirche im
wesentlichen drei Perioden zu unterscheiden
sind: 1. die Anlage des Langhauses, 2. der
Chorbau, 3. das Triforium und Gewölbe des
Mittelschiffs sowie die Vorhalle.

Während ich nun diese jüngsten Teile der
Zeit von ca. 1230—40 und den Chorbau (zu-
gleich mit einer Erneuerung des älteren Lang-
hauses) einem nach 1185 erfolgten Neubau zu-
schreibe, will Hasak die frühgotischen Gewölbe
und Triforien auf diesen letzteren, den Chor-
und Turmbau dagegen auf die Bauperiode
zwischen 1150 und 1172 beziehen.

Ich beginne mit der jüngsten Periode, den
erwähnten frühgotischen Teilen des Mittel-
schiffs (s. Abb.). Daß diese nicht der Zeit
zwischen 1185 und 1210 angehören, sollte doch
eigentlich keines Wortes bedürfen. Noch 1219
wurde St. Aposteln, ja sogar zwischen 1227
und 1247 St. Kunibert in Köln in viel altertüm-
licheren Formen als Groß-St.-Martin einge-
wölbt.3) Demgegenüber ist auffallend früh das
zum Jahre 1227 bezeugte erste Vorkommen
entschieden gotischer Formen am Dekagon von
St. Gereon, ein Zeitansatz um noch 20 Jahre
früher für die in Rede stehenden Teile in Groß-
St.-Martin aber tatsächlich ausgeschlossen. Von
St. Quirin in Neuß hätte Hasak im eigenen
Interesse lieber nicht reden sollen. Wir wissen
nur, daß der Gru nds tein im J. 1209 gelegt
wurde, dagegen nicht, wie lange sich der Ausbau,
um den es sich hier doch handelt, namentlich
die den Beschluß bildende Einwölbung, hinzog.
Aber selbst eine verhältnismäßig kurze Bau-
zeit angenommen, kann für die Vollendung
von St. Quirin erst das dritte Jahrzehnt in
Frage kommen. Und dabei wird niemand
leugnen können, daß die Triforien und Ge-

") In Groß-St.-Martin besitzen die Gurtbögen schon
das gleiche Profil wie die Diagonalrippen. An Stelle
des ausgebildeten ipitzbogigen Triforiums in Grofi-
St -Martin befinden sieh in St. Aposteln und St. Kuni-
bert nur ruadbogige Blendarkaden, an Stelle der früh-
gotischen Knollenkapitäle in St. Martin in den beiden
anderen Kirchen noch vorwiegend spätromanisches
Blattwerkornament. — Bezüglich der Baudaten von
St. Kunibert vgl. Ewald in: »Die Pfarre und Kirche
St. Kunibert in Külnc (Ditges-Festschrift), S. 47.
 
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