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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Lange, Wilhelm: Die Willibrordiarche in Emmerich
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Boss, Wilhelm: Die kunstgeschichtliche Bedeutung des Salvator-Kirchtums zu Duisburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0185

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327

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST Ni. 10.

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schwerlich anzunehmen ist. Dabei kann keine
Rede sein von einer sklavischen Kopie, die
etwa in späterer Zeit nach den getriebenen
Vorlagen angefertigt wäre. Beide Seiten zeigen
vielmehr ihre, zum Teil durch die Technik
bedingte Eigenart. Aber in der Stilisierung,
im Bewegungsmotiv, dem „In-den-Raum-
stellen", kurz der Gesamtauffassung sind beide
Darstellungen trotz ihrer grundverschiedenen
Technik eng verwandt. (Man vgl. vor allem
die beiden Adler und die beiden Löwen mit-
einander). — Nebenbei sei bemerkt, daß ein
Vergleich der beiden Seiten gerade in der
Hinsicht äußei st lehrreich ist, wie ein Künstler
den gleichen Vorwurf in zwei völlig ver-
schiedenen Techniken behandelt. Das weiche,
nachgiebige Goldblech bietet dem Schlicht-
hammer naturgemäß ganz andere künstlerische
Ausdrucksmöglichkeiten, als die immerhin rohe
und etwas primitive Technik des Schmelz-
firnis. (Vgl. daraufhin besonders die Haar-
behandlung bei den Löwen und das Gefieder
der Adler). — Ikonographisch wäre noch auf
die eigentümliche Zeichnung der Deckel der
Bücher hinzuweisen, die die Symbole tragen,
und die auf beiden Seiten gleich ist.

Endlich spricht bei der Rückseite noch
ein anderer Grund gegen die Karolingische
Zeit: der Christustorso. Erhalten sind noch
Kopf, Brust und die Arme. In den lang-
gezogenen Proportionen (Spannung der Arme

lti eml), dem schmalen Kopfe mit einem fast
edlen Gesichtsausdruck — man vgl. die trotz
der derben Technik feine Linie von der Nase
nach der Stirn — der Bärtigkeit, der Haar-
behandlung usw. zeigt der Korpus nichts
mehr von der Auffassung des IX., geschweige
des VIII. Jahrh. Er entspricht durchaus dem
Charakter der zweiten Hälfte des X. Jahrh.
(Rückseite des Lotharkreuzes, erstes Mathilden-
kreuz in Essen, Eiphokreuz in Münster,
Aachener Buchdeckel, Elfenbeintafeln des Earl
of Crawford und in der Münchener Hof- und
Staatsbibliothek [Cim. 152, Clin. 2] 586] u. a.).
Somit kann als ziemlich sicher angenommen
werden, daß Vorder- wie Rückseite der Willi-
brordiarche erst in der zweiten Hälfte des
X. Jahrh. entstanden sind. Allerdings sind
in ornamentaler Hinsicht gewisse Beziehungen
zur karolingischen Kunst vorhanden — vor
allem, wie oben bemerkt, zu dem Reliquiar
in Conques. Diese erklären sich jedoch aus
der Tradition, die Motive sind aber bedeutend
veredelt und verfeinert. Der Gesamteindruck
des Ornamentalen, besonders der malerische
widerspricht auch durchaus nicht der ottoni-
schen Kunstübung. — Die Majuskeln der In-
schrilt wie des Titulus über dem Kreuze
geben keinen Fingerzeig. Genien bemerkte
bereits, daß die Form der Kapitalen nur auf
die Zeit vor dem XL Jahrh, verweise.
BerliD-Friedenau. Wilhelm Lange.

Die kunstgeschichtliche Bedeutung des Salvator-Kirchturms zu Duisburg.

chon wiederholt wurde in Abhand-
lungen über rheinische Kirchen')
eine aullallende Ähnlichkeit bei
einer Anzahl niederrheinischer
Kirchtürme betont; ja man spricht geradezu von
einer ausgeprägten niederrheinischen Turm-
anlage, ohne daß eine besondere geschichtliche
Untersuchung über diese Turmgruppe erfolgt
wäre. Nun vermutete in einem Aufsatz der
Zeitschrift ,.Alt-Köln" (Jahrgang I, Nr. 1 u. 2)
Hermann Roth, daß der Westtunn von
St. Severin in Köln als Muster für diese nieder-
rheinische Turmanlage anzusehen sei: der
Niederrhein sei von jeher gewohnt gewi
auf Köln als „Kunstzentrale" des Westens zu

') Vgl. Köln und seine Buten«, (1888) S. 104.
Edmund Renard. »Köln« S. 117.

blicken, vor allem aber sei dei Scverins-Tunn
der älteste der ganzen Gruppe.

In Wirklichkeit abci kann man nach-
weisen, daß die Salvator-Kirche in Duisburg
einen älteren, tu diese] Gruppe gehörigen
Turm besessen hat

Wenn man die kleineren Dorfkirchen bei-
seite laßt, handelt es »ich in der Hauptsache
um tue Ähnlichkeit von sehn Türmen, die
f( ilgende Kin hen besitzen :

1. St. Severin in Köln, dei Westturm wind.
von 1894 bis l lll gebaut. (Ott*, Kunst-
Archäologie II. 2fl

2. DieWillibrordi-Kirche in Wesel, da Turm
vor 1434 begonnen, i 178 vollendet (Vgl. Joh.
Hillmann, „Die evangelische Gemeinde V

und ihre Williblol.il- K in he" S 167 ti I
 
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