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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1896

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Heft 2
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Schricker, August: Georg Kobenhaupt: der Meister des Prachtpokals der königlich bayerischen Schatzkammer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7909#0026

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©

\3. Beschauzeichen der
Stabt Straßburg.

J(4. Meisterstempel des
Georg Aobenhaupt.
(Doppelte Größe.)

und Turiatier, den Tod der Virginia und die Unter-
drückung des Decemvirats, den Muth des poratius Locles
und der Tlelia, die Aufopferung des Mucius Scävola,
den Tod der Lucretia und die Austilgung der römischen
Könige. „Wie viele Gründe, citoyens administrateurs,
dieses Monument zu erhalten, das Tinzige seiner Art!"

Der pokal wurde eine Zeit lang auf der Stadt-
bibliothek in Tolmar aufbewahrt, Jur Inventar findet
sich der Vermerk: Kondu a IKlocteur de Laviere. Goutz
willer berichtet: „Der letzte der Rappoltstein, Prinz Max
vom Regiment d’Alsace, forderte, als er den bayerischen
Königsthron bestiegen hatte, den Pokal als sein (Ligen-
thum zurück. Tr wurde ihm gewissenhaft
durch die französischen Behörden als ein
Erbe seiner Familie zurückgegeben".

Ausgestellt wurde der Pokal zum
ersten Mal auf der Münchener Kunst-
ausstellung von f878. Tine photogra-
phische Abbildung von Arnold 6c Zettler
in München findet sich bei Kraus a. a. (D.
Das Tafelwerk über die Straßburger Ausstellung von
(895 wird eine Abbildung bringen.

Durch den Schaft des Bechers geht von der inneren
Wölbung des Standes aus eine Stange, welche die ein-
zelnen Theile des Gefäßes zusammenhält. Das Tnde
dieser Stange läuft aus in einen viereckigen Stern, der
als „Angriff" diente, wenn der Pokal auseinander ge-
nommen werden sollte. 3n den vier Dreiecken zwischen
diesen Zacken befindet sich nun je zweimal das Beschau-
zeichen von Straßburg und das Meisterzeichen des Straß-
burger Goldschmieds Georg Kobenhaupt.

Das Beschauzeichen oder, wie es in der Straßburger
Goldschmiedeordnung von f363 heißt, das „gemein Zeichen"
besteht in einem von einer Lilie überragten Schildlein, in
dem sich drei kleinere Schildlein befinden, ein Zeichen, das
von f53-f bis ^567 im Gebrauch
war. Ts ist abgebildet in „Der
Goldschmiede Merkzeichen von
Marc Rosenberg" (Frankfurt,
, p. Keller, \ 890) unter Nr. 1462

I Seite 339. — Das Meisterzeichen

hat die Form eines Ankers, der
zwischen den paken einen punft
aufweist (s. Abb. (3 u. J4).

Im Straßburger Stadtarchiv
befinden sich acht Bleitafeln, je
zwei in Buchform, durch Tharniere verbunden. Die erste
dieser Tafeln ist auf der Außenseite bezeichnet „Der Golt-
schmidt Merkzeichen", dem Wappen von Straßburg und
der Jahreszahl \567. Als Trster auf dieser Tafel ist in
einem Felde von 33 : 25 mm verzeichnet: Georg Koben-
haupt, fbq.0. Der Stempel hat die Maaße von ö'/ernm
pöhe auf 3 mm Breite (Abb. f5).

Das gleiche Meisterzeichen findet sich in der an-
gegebenen Weife im Stande des Pokals. Georg Koben-
haupt tritt damit in die Zahl der großen deutschen Gold-
schmiede des f6. Jahrhunderts in gleicher Reihe mit einem
Wenzel Jamnitzer und' einem Anton Tisenhoidt.

Stilistische Gründe könnten bei Betrachtung der drei
verschlungenen Karyatiden am Knauf, und der üppigen

* G&OPvG

Koben hwpt'

J r ® 4- o

{5. Eintragung Aobenhaupts
auf den Bleitäfelchen („der Golt-
fchniidt Merkzeichen") ini Straß-
burger Stadtarchiv,
(wirkliche Größe.)

Fülle der Darstellungen aus der römischen Geschichte dazu
verführen, das Werk einige Jahrzehnte weiter von f3stO
abzurücken, wenn auch niemals in den Anfang des f 7. Jahr-
hunderts; der einfache Aufbau des Ganzen, die naive Dar-
stellung der Bergwerksarbeiten am Stande, die von hier
an den Zeichner der Münster'schen Tosmographie*) über-
gegangen sind; der Ring mit den emaillirten Wappen,
die Nische mit dem psalmirenden David, und Reiter und
Roß am Knaufe mit ihren herben Formen entsprechen ganz
den Jahren um f540, in welchen die in der Rheingegend
früher als anderwärts heranrückende Spätrenaissance nnt
der Ausdrucksweise der früheren Jahrzehnte zusammentraf.

Der Pokal von >343 ist die früheste der bis jetzt
bekannten Arbeiten des Meisters; denn der von Marc
Rosenberg Nr. \53 \ bei Kobenhaupt angeführte Becher
hat bereits als Beschauzeichen das Stadtwappen mit dem
Querbalken, überragt von der Lilie, Nr. f4>63. Auffallend
ist, daß alle drei bei Rosenberg angeführten Arbeiten sich
in der großherzoglich hessischen Silberkammer in Darm-
stadt befinden. Ts erklärt sich dies wahrscheinlich da-
durch, daß das großherzoglich hessische paus in Folge
einer peirath f7(7 das Trbe der ehedem iin Tlsaß und
in und um Straßburg reich begüterten Grafen von panau-
Lichtenberg antrat, welche die Besteller oder Besitzer der
Kobenhaupt'schen Werke waren (Luthmer, Großherz. Hess.
Silberkammer, Tafel 24 und 9).

Auf das große Ansehen, das Kobenhaupt bei Leb-
zeiten genossen haben muß, dürfen wir schließen aus dem
Umstande, daß die zwei reichsten und mächtigsten Dynasten-
familien des Tlfaß, die Rappoltsteiner und die panau-
Lichtenberger, bei ihm ihre Bestellungen machten.

Angeregt durch unseren Fund, hielt der bekannte
perausgeber des Werkes „Das alte Straßburg", Adolf
Seyboth, Nachforschung in seiner Sammlung archivalischer
Notizen zur Stadtgeschichte. Ts ergab sich, daß Koben-
haupt ein Würzburger ist. — In den Acten der Tontract-
stube, Stadtarchiv Straßburg, findet sich zuin Jahre f545
verzeichnet „Kobenhaupt von Würzburg auritaber".

Wenn wir Straßburger die Freude haben, daß solch'
ein Künstler der unsere ward und auf unserem Boden
seine Werke schuf, so haben die bayerischen Franken das
Recht, ihn als ihren Landsmann zu bezeichnen, und es
lohnt sich so durch den Trwerb eines stolzen Meister-
namens die Großherzigkeit, mit welcher ein einzigartiges
Werk der Straßburger Ausstellung überlassen wurde.

In dem Straßburger Archiv findet der Name außer
in der oben gegebenen Notiz noch Trwähnung in den
Jahren ^55p 1554, ^557. Ts kann auf Grund der
Allmendbücher festgestellt werden, daß Kobenhaupt in der
heutigen Nr. 9 der Spießgasse gewohnt hat.

Zum letzten Mal erscheint er in den Urkunden H572.
Im gleichen Jahre wird sein Sohn pans Jörg Koben-
haupt Meister des pandwerks der Goldschmiede (f. Blei-
tafel 9. Reihe Nr. 2). Merkwürdigerweise ist das Meister-
zeichen des Sohnes nicht eingeschlagen. Vielleicht hat er
das seines Vaters geführt, vielleicht war die pausmarke
hier zugleich Meisterzeichen. Die Form stimmt mit der-
jenigen der Straßburger pausmarken überein.

*) vgl. latem. Ausgabe von >250, Seite 424 ff.

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