Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1896

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Kisa, Anton: Die Anfänge der rheinischen Glasindustrie, [2]
DOI Artikel:
G, ...: Datirte byzantinische Purpurstoffe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7909#0074

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
+

62 +

/

\

aber in dieser Richtung noch zu wenig Beobachtungen
gemacht, um sagen zu können, ob hier die Farbspuren
Zufall oder wirklich Ueberbleibsel von Bemalung sind.

Außer Farben fand Gold sehr reiche Verwendung.
Wir haben es schon bei den ägyptischen Gläsern, bei den
Nillelloris und petinetarbeiten bemerkt, sowie bei den
Fadenverschlingungen kölnischer Werkstätten, hierbei wurde
der heiße Faden in Goldstaub getaucht und dann auf-
gelegt, ohne mit durchsichtigem Glase überfangen zu wer-
den, weßhalb sich die Vergoldung leicht wieder abreibt.
Zur q-. Jahrhundert tritt eine neue Verwendung des Goldes
hinzu. Ls wird in dünnen Blättchen mittels Gummi
aufgelegt, und mit dein Stifte eine Zeichnung, ein Sgraffitto,
eingeritzt, ^bei welcher die Figuren in Gold stehen bleiben,
während der Grund freigeschabt oder mit Schmelzfarben
gedeckt wird. Auch Einzelheiten, wie die Gewänder, Wasser,
Bäume, werden manchmal noch bemalt, In dieser Weise
wurden Medaillons ausgeführt, die theils als selbständiger
Schmuck dienten, theils als Verzierung in Glasgefäße ein-
gelassen wurden, wie früher Gemmen und Rosetten aus
farbigen Steinen oder gepreßtem Glase. Aus den Kata-
komben Roms sind diese Goldbilder als »fondi d’oro«
bekannt, obwohl sehr viele von ihnen nicht den Boden
von Gefäßen bildeten, sondern selbständige Medaillons,
die durch einen vorstehenden Rand geschützt wurden. Den
besten Schutz bildete das Ueberfangen des Bildes nnt einer
dünnen, farblosen Glasschichte, leider ist er nicht immer
angewendet. Auch in Köln wurde diese Technik zur Zeit,
als das Ehristenthum bereits vorherrschend war, mit Er-
folg betrieben. Die christlichen Gräber von St. Ursula
und St. Severin haben Goldgläser ergeben, welche den
römischen in nichts nachstehen, von großer Feinheit der
Zeichnung und schöner Wirkung im Wechsel des Goldes
und der Emailfarben. Sie sind von E. aus'm Weerth
veröffentlicht worden, den: neben E. Friedrich das Ver-
dienst gebührt, die spätrömischen Gläser gallisch-rheinischer
Provenienz zuerst fachmännisch untersucht zu haben. Die
ineisten sind in die Londoner Museen gewandert, so die
schöne Kugelschale der ehemaligen Sammlung Disch, in
welche ringsum ovale Medaillons mit biblischen Scenen
auf blauem und grünem Emailgrunde eingelassen waren
und eine Patene, die auf ihrer ganzen Oberfläche nnt Bildern
in Gold und Einail geschmückt war. In Neuß bei Köln
fand man eine ganze Lassette aus Glas, deren Seiten-
flächen Goldbilder zeigen. Diese kostbaren Arbeiten waren
die letzte glänzende Leistung der rheinischen Glasindustrie

am Ausgange des Alterthumes. Ihre Technik sollte in
den eglomisirten Gläsern der deutschen Renaissance und
in den Zwischenvergoldungen des f8. Jahrhunderts ihre
Wiederauferstehung feiern.

Die antike Glasindustrie hat der modernen in vielen
Stücken vorgearbeitet. Wir brauchen ihre Leistungen nicht
als Wunderwerke anstaunen, sie bieten uns keine Räthsel;
es gibt keine antike Technik mehr, welche nicht von unserer
vorgeschrittenen, über viel mehr mechanische Behelfe ver-
fügenden Industrie nachgebildet werden könnte. Aber
der Mangel an mechanischen Behelfen bildet in gewissem
Sinne gerade die starke Seite der antiken Glasmacherei,
er verleiht ihr im Gegensätze zu der maschinellen Eorrect-
heit unserer lherstellungsweise etwas Individuelles, einen
Zug künstlerischer Freiheit. Mag auch hier und da ein
Becher nicht ganz gerade stehen, ein Flaschenhals bedenk-
liche Neigungen zeigen. Ueberall, wo die Arbeit der
freien chand überwiegt, wie heute noch in den Lagunen,
werden wir solche Verstöße finden und sie als die Fehler
ihrer Vorzüge mit in Kauf nehmen müssen. Was die
moderne Glasindustrie nicht erreicht hat und auch nicht
erreichen wird, da sie veränderten Bedürfnissen dienen
muß, ist die edle Einfachheit und der Schwung der
Umrisse, sowie die Virtuosität in der Auflegung des
Fadens.

Der Antheil, den das Rheinland, namentlich in den
späteren Jahrhunderten, als die italischen Werkstätten nicht
mehr auf der pöhe standen, an der Entwicklung der
antiken Glasindustrie genommen hat, ist kein geringer.
Aus den: Ueberblick seiner Production in ihren verschie-
denen Phasen ergibt sich eine merkwürdige Thatsache:
in das moderne Kunsthandwerk sind weniger die reinen
Formen der Blüthezeit der Antike gedrungen als die des
sog. Verfalles; einflußreicher als die griechisch-italische
Kunst war die kosmopolitische, mit orientalischen Ele-
nrenten durchsetzte Antike der großen Welt-Industriestadt
Alexandrien und die Provinzialkunst mit ihren barbari-
schen Beimengungen. In den Provinzen hatte die im-
portirte Antike einen Assimilationsproceß mit der einhei-
mischen Kunstübung durchzumachen, und erst aus diesen:
entstanden die Formen und Techniken, welche fähig waren,
eine neue mitteleuropäische Kunst zu schaffen. In: Vorder-
gründe dieser vermittelnden, den Zusammenhang zwischen
Altem und Neuem herstellenden Provinzialkunst steht die
der reichen gallisch-rheinischen Länder; denn sie wurde die
Lehrmeisterin der germanischen Staaten.


utirtc WntiitW WrMjW.

m Jahrgang ;894 brachte unsere Zeitschrift (S. 65 ff.) einen
Aufsatz über byzantinische Purpurstoffe, welchem ein weiterer
ähnlicher folgen sollte; widrige Umstände haben dies indessen verhindert,
weshalb wir zu obiger, für jenen zweiten Aufsatz vorbereiteten Ab-
bildung (95) nur kurz einige sachliche Erklärungen geben, die mir dem
von Direktor Frauberger (in d. )ahrb. d. ver. von Alterthumsfreunden
im Rheinlande, ^92) erstatteten Bericht entnehmen. Ende \8<)\ ge-
lang es dem Düsseldorfer Gewerbemuseum, das eine der größten Textil-

X_

sammlungen besitzt, diesen aus verschiedenen Einzelresten bestehenden
Stoff, der aus einem niederrheinischen Don: stammt, zu erwerben.
Die vorzüglich stilisirten Löwen haben im (Original eine Länge von
72 cm, eine lhöhe von 46 cm. Der Werth des Stoffes beruht vor-
nehmlich in seiner byzantinischen Inschrist, welche besagt: „Unter der
Regierung des Uonstantinos und Basileios, unserer allerchristlichsten
kserreu", soinit steht fest, daß das kostbare Gewebe in der Zeit zwischen
dem Januar 976 und dem ;5. Dezember ;025 gefertigt sein muß,
 
Annotationen