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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1896

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Heft 8
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Gmelin, L.: Das Kunstgewerbe auf der Berliner Gewerbeausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7909#0080

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Utende1), aus öitnfcl gebeiztem Eichenholz p; — auch
das gothische Erkerzimmer aus dunklem Eichenholz von
f}. 5 chim in i g das gleiche gesunde Streben, wenn

auch das Glasfenster und der allzu schönfarbige Teppich
den Gesammteindruck stören. Am getreuesten hält sich Andr.
Kotter mit seinen beiden Tredenzschränken an gothische
Muster, und es ist keine Uebertreibung, wenn er auf feiner
Geschäftskarte die Worte „stilgerechte Instandsetzung altem
thümlicher Möbel" hervorhebt.

Andere gothische Zimmer mahnen
an ähnliche Versuche aus der ersten
pälste unsres Jahrhunderts, andre
— wie z. B. ein großes Herren-
zimmer von I. E. Pfaffe), so-
wie das sehr niedliche Erkerzimmer-
chen von Wilh. Voigt — gehen
inehr moderne Wege. Bevor wir
diese stellenweise sehr vorherrschende
Richtung weiter verfolgen, mögen
hier jene Zimmereinrichtungen eine
Stelle finden, welche sich auf den
von der Renaissance vorgezeichneten
Bahnen bewegen.

Den Anfang mache dasMinister-
sitzungszimmer, welches, für das
neue Landtagsgebäude in Berlin

st Die gleiche Firma hat übrigens
auch ein Zimmerchen in englisch-ameri-
kanischem Stil eingerichtet, das in seiner
Art gleichfalls zum Besten gehört.

2) Wir geben auf Tafel Zo die Ab-
bildung des Buffets, welche allerdings die
schöne Gesammtwirkung des Raumes kaum
ahnen läßt; die von uns beabsichtigte
Wiedergabe des ganzen Zimmers scheiterte
leider an den Schwierigkeiten, mit denen
die Erlangung guter Einzelaufuahmen
aus der Ausstellung überhaupt verbunden
zu sein scheint. Die ineisten Aussteller,
von deren Gegenständen Abbildungen in
Aussicht genommen waren, zeigten sich
sehr entgegenkommend; aber die wenigsten
waren — wenn sie nicht von ihren Vb-
jekten schon vor der Ausstellung Auf-
nahmen machen ließen — nach sechs-
wöchentlichem Bemühen dazu gelangt,
von deni das Monopol besitzenden Photo-
graphen Aufnahmen zu erhalten.

Die Direetion der königl. porzellan-
manufactur in Berlin gab uns folgenden
Bescheid: „Auf das gefällige Schreiben

vom \2. d. M. erwidern wir ergebenst,
daß wir Ihnen gern aus den hier vor-
handenen Photographien eine größere
Anzahl zur Verfügung stellen wollen, daß
wir jedoch die Bedingung daran knüpfen zu müssen glauben, daß uns
der auf die Maunfactur bezügliche Artikel vorher zur Einsicht zugeht,
und daß derselbe nur in der von uns gebilligten Fassung zur Ver-
öffentlichung gelangt k." Unter diesen Umständen mußten wir auf
Abbildungen der Porzellane aus der Manufactur verzichten, da es
weder der Würde, noch dem Ansehen unserer Zeitschrift entsprochen
hätte, auf die gestellte Bedingung einzugehen. Die Schriftleitung.

3) Bei dem Barockzimmer desselben Meisters ist besonders die
Eaffettendecke nach Eintheilung und Farbe musterhaft; an die schweren
Säulen am Mobiliar wird sich indessen nicht jeder leicht gewöhnen.

4) Einen Schrank aus demselben bringt Tafel 32.

bestimmt, größtenteils von der dortigen Kunstgewerbe-
schule nach dem Gesammtentwurf von Prof. Messel aus-
geführt wurde — ein sehr vornehmer, großer Raunt, der
auf 8/s seiner pöhe von einem zienilich glatten und nur
ait Thürrahmen, Pfeilern und Füllungskrönungen orna-
mentirten Getäfel umschlossen wird, während die Gber-
wand durch eine große malerische Eoniposition eingenommen
wird, welche pirschwaldt nach Entwurf von Maler
Seliger in getriebenem, vergol-
detem und bemaltem Leder aus-
geführt hat; ein hoher Kamin in
Hellem Stein unterbricht die eilte
Schmalwand, und über dem Ganzen
ruht auf zwei Unterzögen die ge-
schnitzte und theilweise vergoldete
Balkendecke. Der Eharakter einer
soliden Renaissance, wie er diesem
Raunt bis in alle Eiitzelheiten aus-
geprägt ist, findet nirgends auf der
Ausstellung ein Seitenstück, wenn
auch im Einzelnen noch manches
Gute in den Spielarten der Re-
naisiance geleistet wird, wie z. B.
von Paul Schiriner mit seinem
Schrank in niederländischer Re-
naissance. Anschluß an die Stile
des f 8. Jahrhunderts zeigen manche
Firmen, aber nicht immer be-
friedigend; namentlich zeitigt das
Pseudo-Rococo bisweilen wahre
Giftbäume von Schnitzwerk und
Vergoldung. Gute Rococo-Arbeiten
finden sich selten, z. B. in einem
Schlafzimmer von I. E. psafs;
aber nur einer — Jul. Zwiener
— hat es verstanden, sich völlig
den als Vorbilder gewählten For-
men hinzugeben und — vielleicht
mehr nur nachahinend als selbst-
erfindend — sicher aber den Stil-
charakteren gemäß zu arbeiten.
Seine für den Kaiser gefertigten
Möbel in den Stilen Louis XIV.
bis Louis XVI. aus Mahagoni,
Ebenholz, Rosenholz rc. mit der
vorzüglichen Broncegarnirung von
Preetz lassen nach Form und
Farbe ganz vergessen, daß man
es hier mit neuen Arbeiten zu thun
hat. (Abb. 98.)

Wenn der Aufwand an Material
und Arbeit bei der Beurteilung in erste Reihe gestellt würden,
dann müßte der Firma I. Groschkus das höchste Lob ge-
spendet werden. Fünf Räume oder Raumabschnitte sind —
jeder in anderm Stilcharakter, aber einer kostbarer und üppiger
als der andere, — von dieser Firma ausgefüllt worden:
in der Mitte ein großer Prunksalon (Speisezimmer?) in
Palisanderholz mit roth unterlegtein Schildpatt-Belag und
Messingeinlagen, Perlmutter- und Elfenbeinintarsien
weiterhin ein Rococozimmer von gleißender Pracht, -

;oo. Lüster für elektr. Glühlicht von Schäffer & walcker.
 
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