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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1896

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Heft 8
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Gmelin, L.: Das Kunstgewerbe auf der Nürnberger Ausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7909#0087

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sowohl Öen betrachtenden Laien und Fachleuten wie Öen
Ausstellern, um so schwieriger, je mehr Öie concurrirenöen
Maaren zerstreut sind. Abgesehen von anderen Grün-
den — unter denen der namentlich bei Großindustriellen
eingetretenen Ausstellungsmüdigkeit eine der ersten Stellen
einzuräumen ist, war jedenfalls diese zu Vergleichszwecken
höchst unvortheilhafte Zerstreuung des sachlich Zusammen-
gehörigen bei vielen Großindustriellen bestimmend für die
Nichtbetheiligung. Ein Beispiel: Bon den sfi in Ober-
franken befindlichen Porzellanfabriken hat nur eine einzige
ausgestellt, während gerade die bedeutendsten weggeblieben
sind. Für das Aunfi-
tz ew erbe kommt aber
noch ein viel gewich-
tigeres Moment in Be-
tracht: der Mangel jeg-
licher Scheidung zwi-
schen den rein gewerb-
lichen Erzeugnissen und
jenen, welche — wenn-
gleich in verschiedenem
Grade — auf künst-
lerische Beurtheilung
Anspruch machen dür-
fen, war jedenfalls —
neben der geringen Zu-
versicht auf geschäftliche
Erfolge — einer der
wesentlichsten Gründe,
warum z. B. das
Münchener Aunstge-
werbe der Landesaus-
stellung gegenüber eine
beispiellose Zurückhal-
tung beobachtet hat.

So wenig wie ein
Blumenzüchter sich her-
beilassen wird, die Er-
gebnisse seiner Thätig-
keit in buntem Durch-
einander mit Getreide-
arten undanderenNutz-
gewächsen auszustellen,
so wenig kann der
Aunsthandwerker seine
Erzeugnisse der Gefahr
aussetzen, durch eine Umgebung von — wenn auch noch
so nützlichen — Massenproducten wie Seife, Bleistifte,
Aorkpfropfen ic. erdrückt und erstickt zu werden.

Betrachtungen über die schöne Lage der Ausstellung,
sowie über deren übrigens nicht unbescheiden auftretenden
Nebenveranstaltungen dürfen wir unterdrücken, da uns nur
die Leistungen des Aunstgewerbes interessiren. Bevor
wir aber aus dieselben im Einzelnen eingehen, erübrigt
noch, in kurzen Zügen die Anlage des Pauptbaues zu be-
sprechen, in welchen: auch die Erzeugnisse des Aunst-
gewerbes Platz gefunden haben. Der ganze Bau wird
ans der Vorderseite durch eine hohe, an den Seiten im
Bogen vorspringende Säulenhalle maskirt, in deren Mitte
ein kuppelgekrönter Vorraum den Eintritt in die tiefer

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liegende Mittelhalle bildet; diese Mittelhalle ist als weite,
blumengeschmückte Gartenanlage behandelt, gegen welche
sich die Eingänge zu den Areisausstellungen öffnen.
Letztere sind also rechtwinklig zu der Mittelhalle angeord-
net, wobei durch Verlängern oder Verkürzen dieser Seiten-
hallen, sowie durch Ausnutzung der anstoßenden Garten-
theile jeglichem Ausstellungsbedürfniß Rechnung getragen
werden konnte. Die Paupthalle würde — dem nur dürftig
durch Aränze maskirten, im Naturton belassenen Dach-
werke zum Trotz — wegen ihrer Weite imposant wirken,
wenn nicht die Eingänge zu den Areisausstellungen gar

zu verschiedenartig aus-
gefallen wären. Um
den Grundgedanken der
Ausstellung auch in
diesem Pauptraum zur
Geltung zu bringen,
hat man den einzelnen
Areisen die Obsorge
für die Gestaltung ihrer
Eingänge überlassen
— ein Verfahren, das
gewiß für die Ober-
leitung der Ausstellung
durch Arbeitserleich-
terung von großem
Vortheil war, das aber
zu einer großen und
für den Gefammtein
druck der Paupthalle
sehr störenden Ver-
schiedenartigkeit der
Seitenwände führen
mußte. Während z.B.
Oberbayern seine Fa-
yade mit Absicht sehr
schlicht gehalten und
nur durch wenige De-
corationsmittel dersel-
ben Leben verliehen
hat, ist die gegenüben
stehende der Rheinpfalz
mit fast zu viel Auf-
wand von Phantasie
ausgestattet. An sich
originell, aber in die
Nachbarschaft einer großen sauberen Renaissance-Architektur
wenig passend, sind die Eingänge zur Gruppe Niederbayern:
gothischc Portale mit sehr ächt behandeltem altem Mauer-
werke. Mittelfranken, dessen Eingang den Hintergrund der
Palle bildet, hat sich den Triumphbogen zum Muster ge-
nommen, welchen die Stadt Nürnberg im Zahr \6\2 zu
Ehren des Aaisers Matthias errichtet hatte. Bisweilen
klingt der außen angeschlagene Ton auch in der inneren
Ausstattung der betreffenden Areisabtheilungen nach, so
namentlich bei Niederbayern, wo an der Oberwand gothische
Wappenfriese und andere Wandmalereien sich hinziehen,
die zum Theil auch einen recht gesunden pumor offenbaren.

Bei der schon lange zur Regel gewordenen und durch
obengenannte Amstände begünstigten Lückenhaftigkeit der
 
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