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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 6.1910/​1911

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Heft 6
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Traummalerei
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Aus der Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.57689#0124

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Seife 108 Bläffer für Gemäldekunde. ••<=!••<=’»*c=3 Bd. VI

nahe dem Ausgangspunkt der Strecke, die
vom gänzlich unbewußten Schaffen ausgehf
und im rein berechneten Wirken endigt,
nahe dem Siedepunkt, weif vom Gefrier-
punkt der künftlerifchen Cäfigkeif. Das
eigentliche Kunftwerk gehört den mittleren
Lagen an, in denen Unbewußtes und Per»
[fandesmäßiges in glücklicher Weife ge*
mifcht find. Häher dem unbewußten Ende
liegen die Hervorbringungen der Ultraftiliften
und einiger Übermodernen, wie die eines
Odilon Redon, Edvard Illunch, Aubrey Be-
ardsley; einer Sessie Hl. King, der Ulistress
Ulackinfosh, ,eines -Sohn Sack de Vrieslan*
der und anderer. Über die Art und Weife,
wie Frau Wilhelmine Ass mann ihre
Zeichnungen herhellt, wird in einem der
nächffen ßeffe noch ausführlich berichtet.
Heute wird nur angedeutet, daß eine ganze
Reihe der Assmannfchen Traummalerei teils
farbig teils in Graudruck Hochgebildet find,
daß Ausheilungen der merkwürdigen Blätter
in großen Städten veranftaltet werden und
daß, fo weit ich unterrichtet bin, nähere
Auskünfte bei Anna Langheinrich in Hlün*
chen (Friedrichifraße 34) zu erhalten find.
Fr.
Qt
AUS DER LITERATUR.
„Allgemeines Lexikon der bil-
denden Künffler von der Antike bis
zur Gegenwart, unter ITlitwirkung von 320
Fachgelehrten des Im und Auslandes heraus*
gegeben von Prof. Dr. Ulrich Chieme
und Prof. Dr. Felix Becker.“ IV. Band
(„Bida bis Brevoosf“) Leipzig, Wilh. Engel*
mann 1910.
Erfreuliche Weiferführung des belang*
reichen Uachfchlagebuchs, auf das noch des
Befonderen hingewiefen werden foll.
Bans Prob ft „Die Illadonna Six*
fina, ein Beitrag zur höfung einer alten
Streitfrage“ (Bamberg, E. E. Buchners Ver*
lag 1910). 8°. S. 43.
Raffaels Uladonna di San Sisto wird vom
Autor zum Gegenftand einer rein äftheti*
fchen Studie gewählt. Auf kunftgefchicht«

liehe Erörterungen wie fie in E. Woer*
mann’s bekannter trefflicher Illonographie
und in der Literatur über den Streif mit
Badrutf und Sellineck reichlich vorliegen,
geht Probff in keiner Weife ein. Er be-
fchränkf fich auf die äffhefifchen Ausfprüche
befonders aus neuer Zeit und deutet den
Inhalt des Bildes in folgender Weife: „Von
den Heiligen des Klohers eingeladen, zieht
die Gottheit“ (durch Ulariens Vermittlung,
möchte ich fogleich hinzufügen) „in den
neuen Cempel ein“. Ob man nicht bei der
älteren Auffüllung verbleiben follfe, daß die
ßeiligen unten als die Fürbiffer für’s Klo*
fier und die in der Kirche verfammelfen
Gläubigen zu deuten wären, will ich dahin
gehellt fein Iahen. Wenigftens bei San Sisto
iff die Fürbifferfchaft ziemlich deutlich aus*
gefprochen. (Dies war auch die Anficht zum
Beifpiel A. W. Schlegels und Ehr. Oefers
und vieler Anderer. Barbara fcheint mehr
verheißend auf die gläubige Gemeinde
herabzublicken. Sobald fich Raum und Gele*
genheif bietet komme ich auf die Uladonna di
San Sisto in dielen Bläffern wieder zurück.
Beute fei nur noch aus Anlaß einer Erörfe*
rung im neuen Heft von H. Probff darauf hin*
gewiefen, daß die ülaria in dem befpro*
dienen Bilde des Raffael doch nicht (mehr)
auf Wolken fchwebt, fondern fchon auf der
Weltkugel feiten Fuß gefaßt hat. Die Siel*
lung und Bähung der Beine an den zwei
heiligen Figuren wird dann leichter ver*
händlich, wenn man fich die Kreislinie der
Erdkugel im Geilt ergänzt und annimmt,
daß auch diele zwei Gehalten auf der
(fymbolifchen) Erdkugel ruhen. Anfprechend
ift für mich die Erörterung bei Probff, die
an Raffaels Cäfigkeif beim Bau der Pe*
ferskirche anknüpft. Raffael, fo meint er,
hatte „als die Sixtina entband, Gelegenheit
genug in dem wachfendem Riefenbau zu
beobachten, wie an irgend einer fonft ver«
fchloffenen Pforte eine fchöne Römerin mit
großen Augen ftaunend in das gewaltige
Kirchenchiff fchaufe, während fich ihre Ge*
half von dem flutenden Cageslichf abhob“.
Probff legt diefer „müßigen Träumerei“
nicht viel Gewicht bei, obwohl fie immer»
hin den ganz gefunden verffeckten Binweis
 
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