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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 6.1910/​1911

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Heft 6
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Wahrmund, Auguste: Modernes Email
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Ein verstecktes Werk von Orazio Samacchini
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https://doi.org/10.11588/diglit.57689#0119

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Bd. VI. (=>••(=>•• <=>•• Blätter für Gemäldekunde. c=>**c=?«*c=>»* Seite 103

das Feld für die noch immer nötige Weiter»
entwicklung der Sache frei zu halfen.
Einige in diefer Technik ausgeführte Br»
beiten waren in verfchiedenen Ausheilungen
im k. k. Offen. Ulufeum für Kunff und
Induftrie zu fehen. — Es ift mir nicht be»
kannt, ob das Wiener Publikum viel Elofiz
davon genommen hat, wir wollen abwarfen,
ob die Wiener Verhältniffe dielen Reuerun»
gen auf kunfttechnifchem Gebiete günftig find.
$
ein verstecktes werk von
ORHZIO SHmflEEHini.
Unter den Künftlern, die von der Re»
naiffance zum Barokk hinüber leiten, ift
Orazio Samacchini einer der nennenswert
fen. fluch wenn die heutige Kunftgefchicht»
fchreibung fich wenig mit diefem Bolognefen
des 16. Jahrhunderts (er lebte von 1532
bis 1577) und feinem Können befaßt, Iahen
fich die vorzüglichen Eigenfchaften feiner
Bilder ganz und gar nicht verleugnen, und
ich möchte eigens zum Studium diefes ITlei-
[fers und feiner Zeifgenoffen auffordern.
Die Italiener des 16. Jahrhunderts, die noch
mittelbar an die großen Ulaler der Hoch»
renaissance anknüpfen, haben falt alle über
ein ausgebreitetes Können verfügt, das ja
freilich auf eine gewiffe Virfuoütät hinzielf.
Diele aber trat nach einigen Generationen
in einem grellen Gegenfaß zur Weife der
älteren berühmten Künffler, fo daß man im
rafcheren Entwerfen und gefchickten flüch»
tigeren flusführen bei den Barokkmeiftern
etwas Unfolides erblickte, oder zu erblicken
vermeinte. Enfwicklungsgefchichflich betrach»
tef, erfcheiat der ganze Verlauf überaus
naturgemäß. Wer nicht,, von Darren Saßun»
gen einer normativen flithefik ausgehf, fon»
dern bemüht ift, jeder Zeifperiode das ab»
zugewinnen, was ihr abzugewinnen ift, wer
darauf achtet, die Linien zu erkennen, die
den Verlauf der Gefchichte der Ulalerei
*) Die Kopfleifte zum erften Artikel und zwei web
tere Abbildungen find fchon vor einiger Zeit in ande»
rem Illafjftab veröffentlicht worden u. z. in der Zeit»
fchrift „Reife und Sport" (3ahrg. X, Heft 3). — Fr.

kennzeichnen, der findet bald auch an den
Werken aus den fogenannfen Übergangs»
Zeiten das heraus, was künfflerifch über
die Vorgänger hinausgeht und das über«
dies, was die Weiterentwicklung bedingt. So
gewinnen auch die Werke eines Samacchini
Infereffe, die doch immerhin auf den beiten
Überlieferungen, nicht zuleßt auf den Tra-
ditionen Raffaels weiferbauen und gelegent-
lich durch erhöhten Bewegungsausdruck das
Barokk vorbereifen.
Dann noch etwas: Ulan ift der immer
wieder neu auffauchenden „Raffaels“,-) die
nach gründlicher Prüfung fich doch ftets als
Kopien oder Fälfchungen herausftellen, über»
drüffig geworden. Ein echter Raffael ift
heute nur mehr unter ganz befonders gün»
fügen Umftänden für eine Unfumme Gel»
des zu haben. Sollte ein Sammler, der ge-
rade nicht über fflillionen verfügt, gefunde,
richtig benannte Bilder von fpäfereri Italie»
nern überhaupt verfchmähen, weil er fich
keinen Raffael anfchaffen kann? Ich meine,
ein wohlerhalfener Innocenzo da Imola, ein
Ponformo, Rosso Fiorentino, Vasari, Bron»
zino, Baroccio, ein Sabatfini und Samac»
chini, ein Bernardino Eampi, ja fogar ein
Poppi und Eoppi wie fo viele andere,
wiffen doch kunffgefchichtlich und künft»
lerifch fo viel zu lagen, daß fich jede
Sammlung glücklich fchäßen muß, die ein
ficher benanntes Bild von folchen „fpäte»
ren" Ilamen befißf. Zudem find die Bilder
auch diefer Illeifter im Kunfthandel fchon
recht feiten geworden. Von Samacchini ift
gewiß in den Auktionen lange nicht die
Rede gewefen, bis 1903, als einer in Wien
ausgeboten wurde. Überhaupt habe ich
nördlich von den Alpen nur zwei fiebere
Werke des Samacchini kennen gelernt. Eines
ift feit 1753 Beftandteil der Dresdener Ga»
lerie, das andere — es kam 1903 imWiener
Dorotheum zum Ausruf - wurde mir im Wiener

*) Recht nett erfunden war unlängft eine Flotiz,
die von einem neu entdeckten Raffael handelte und
mitteilte, der Schaf? fei mit einem Bildnis Viktor
Emanuels übermalt aus Italien hinausgefchmuggelt
worden. Als man den Viktor Emanuel wegwufch, ging
auch der Raffael mit, und darunter fand man ein
Porträt nicht etwa Peruginos — Sondern Garibaldis.
 
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