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Der Bote vom Neckar: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (2) — 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.42418#0361

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355


Tagesneuigkeiten.
Man weiß jetzt bald nicht mehr recht, ob die diplomatischen
Faden, die jetzt gesponnen werden, zu einem Netz sich vereini-
gen sollen, um die Ruhestörer darin zu fangen, oder ob es
blos gilt, hie und da eine Lücke auszubcsscrn und den goldenen
Frieden zu erhalten. England und Frankreich haben mit der
Pforte einen Handelsvertrag abgeschlossen, Mehemcd Ali sicht
scheel drein; der Sultan hat die Königin von Spamen anerkannt,
Rußland sieht's nicht gern; Persien liegt mit den Engländern
in Krieg, Rußland will interveniren; Frankreich kündigt der
Schweiz den Krieg an, wenn nicht sein Wille vollzogen wird;
in Spanien wüthet der Bürgerkrieg; in Portugal fchlt's am
Besten; in Afrika spukt's in allen Ecken; in Syrien steht Ibra-
him schlagfertig; in Kleinasien wüthet die Pest; die Völker am
Kaukasus necken die Russen, die Montenegriner wollen nicht
gehorchen, und hoch oben in Schweden gibt's unzufriedene Un-
terthemen ; der Kaiser von Rußland nimmt im Norden und
Süden die deutschen Krieger für sich ein; der Papst zieht gegen
die weltliche Macht in Preußen los; Belgien und Holland sind
gegen einander erbittert; in Amerika wird allenthalben das
Kriegsfeuer angeschürt und in Hannover wissen sie nicht, woran
sie sind. Wer aus dem allen ein Fazit ziehen will, muß in der
That ein guter Rechenmeister sein.
— Diesmal ist das Sprichwort: wer's Glück hat, führt die
Braut heim, wirklich eingctroffen. Unter allen Bewerbern um
die Hand der Königin von England hat der Prinz von Holstein-
Glücksburg den Sieg davon getragen. Der Minister Palmerston
wollte die Wahl auf Koburg lenken, allein die Königin ant-
wortete, die Besorgung ihrer StaatSgcschafte überlasse sie den
Ministern, ihre Heirat!) aber wolle sie selbst besorgen.
—> Dem Papst ergeht es wie andern Menschenkindern auch,
Zein Leben ist nicht minder mit Freude und Leid, mit Glück und
Unglück gemischt, als das unserige. Er bekennt dies auch in
der letzten Allokution, die er in der Versammlung der Kardi-
nale am i3. September gehalten hat. Es macht ihm Freude,
daß unter seinem Pontifikate die Kirche Christi aus's Neue sich
in Afrika erhebt, aber mit desto bitterem Schmerze erfüllt ihn
die Lage der katholischen Kirche im Königreich Preußen, die er
eine unglückliche nennt. Ohne Unterlaß, meint er, würden dort
der Kirche durch Larengewalt neue Wunden geschlagen. Alle
Vorstellungen und Bitten waren fruchtlos geblieben, von der
gewaltthatigen Wcgführung des Erzbischofs von Köln bis zu
den neuesten Ereignissen in Posen. Nur das eine erfreue ihn
in dieser großen Bekümmcrniß, die unbczwungcne Scelcnstärke,
die der Erzbischof von Posen, im Glauben wetteifernd mit dem
von Köln, in der Behauptung der Lehre und Disziplin der
Kirche in Betreff der gemischten Ehen an den Tag gelegt habe.
Zuletzt spricht er noch die Hoffnung und den Wunsch aus, daß
Gott das Herz des Königs zum Besseren lenken werde, damit
die katholische Kirche nach ihren Gesetzen lebe und Niemand
ihre Freiheit antaste. >—
Bei dieser Gelegenheit ernannte der Papst drei Kardinale,
von denen er zwei mit dem rothen Hut schmückte, den dritten

aber in Petto behielt. Dem Erzbischof von Mecheln, der den
einen erhielt, ertheilte er ein ausgezeichnetes Lob.
—- Seit die russische Herrscherfamilie bei ihrer Anwesenheit
in Weimar auch das Haus des Dichters Göthe besuchte und die
dortigen reichen Sammlungen und Kunstschätze in Augenschein
nahm, soll der Großherzog den Plan haben, die ganze Besitzung
nebst den darin befindlichen Antiquitäten an sich zu kaufen und
als ein heiliges National-Monument auszubewahren. Die Erben
fordern 80,000 Thaler dafür.
— Auf die Entdeckung der Unruhestifter in Schweden sind
Preise gesetzt und die Mitglieder der Börse haben den Obcrstatt-
halter mit reichen Geldmitteln aurgestattet, um kräftige Maß-
regeln in dieser Hinsicht zu ergreifen. Daneben wird eine eigene
Kompagnie in der Hauptstadt errichtet , die als Sicherheitswache
ausgestellt werden soll. Ein -unger Zeitungsschreiber, der Schmäh-
artikel über die Regierung ausgehen ließ, wurde beim Kopf
genommen und eingesperrt. Es war ohnedies crn leichtsinniger
Bursche, der ein großes ererbtes Vermögen durchgebracht und
nichts mehr zu verlieren hatte, als seine Bettlerfreiheit.
>— Der Herzog von Orleans macht sich viel zu schaffen. Kaum
vom Lager von St. Omer, wo er Heerschau hielt, znrückgekehrt,
begibt er sich nach Metz, und will überhaupt alle östlichen und
südöstlichen festen Plätze besuchen, um zu sehen, ob sie es mit
den Schwcizcrkanonen aufnehmen können.
— Die Krönungsfeste, die in England und Italien in die-»
sem Jahr gefeiert wurden, scheinen auch in Deutschland die Lust
dazu geweckt zu haben. Wenigstens sprechen die Zeitungen da-.-
von, daß sich der König von Hannover krönen lassen werde. —>>
Die beiden Kabinetsminister von Scheele und von Schulte sink»
vom König von Preußen mit dem rothen Adlerorden erster Klasse'
beschenkt worden.
— Die erste vorbcrathcnde Zusammenkunft der deutschen
Philologen in Nürnberg nahm unter dem Vorsitz des Hofraths
Thiersch im kleinen Rathhaussaale am 29. September ihren An-
fang. Die öffentliche Versammlung hat am 1. Oktober begonnen.
— Die deutschen Naturforscher versammeln sich im künftigen
Jahre'zu Pyrmont und wollen Wasser daselbst trinken.
— Der erwartete Himmelsgast, der Komet, ist im Anzüge.
Von der Berliner Sternwarte aus wurde an der Stelle, woher
er seinen Weg nehmen muß, ein Nebel bemerkt, der wahrend
einigen Stunden fortzurüüen schien. Doch ist er bis jetzt noch
nicht aus seiner Umhüllung herausgetrctcn.
Mainz, 28. Sept. Auf unserm heutigen Früchtemarkt waren
ausgestellt und wurden verkauft: 1196 Malter Waizen 10 st.
iZ kr. , 190 M. Korn 7 fl. Z,o kr. , 167 M. Gerste 5 st. 24 kr.,
Zoo M. Hafer 3 fl. 7 kr. , 3/s M. Spelz 3 fl. 28 kr. (Mit-
tclpreisc). Weißmehl gilt 9 fl. 3o kr. , Noggcnmchl 7 fl. st» kr.
per Malter ü 70 Kilogr. Rüböl flau , effektiv ss2 1/2 , /s3
Rthlr. , Okt. st3 Rthlr. , Mai ssi 1/2 Nthlr., NepS 16 fl.,
Mohnöl 18 Rthlr. und Magsamen 16 fl. gesucht.
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