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Der Bote vom Neckar: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (2) — 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.42418#0391

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385

Den Bote vom Neckar.

Tages Neuigkeiten.
Alle politischen Augen sind nach Osten gerichtet, wo Wichti-
ges vorgeht. Es bestätigt sich, daß im Süden des russischen
Reichs ungeheure Streitkräfte entwickelt werden, die blos für die
Tschcrkesscn viel zu groß sind, da dort das Terrain die Ent-
faltung großer Streitmassen verbietet. Sie müssen daher eine
andere Bestimmung haben. Der Kaiser selbst wird zu Ende Ok-
tobers die Südarmec persönlich inspiziren. Selbst die donischen
Kosaken sind aufgeboten, 8 ff russische Kriegs - und Transport-
schiffe sind zum Auslaufen bereit, Niemand weiß mit Gewißheit,
wohin.
— An der Ostküste des persischen Meerbusens sollen 10,000
Mann englische Truppen ausgcschifft worden sein und auf die
Hauptstadt Persiens losgchen. Ob es gegründet ist, daß der
Schach von Persien Friede mit den Engländern geschlossen hat,
und daß so die Hilfe Rußlands unnothig werde, werden wir
nächstens mittheilcn.
— Zwischen Oesterreich und England ist am 17. September
zu Mailand ein Handelsvertrag abgeschlossen worden. Die Eng-
länder legen das sehr in die Wagschale gegen Rußland. —
Oesterreich will den alten versandeten Kanal des Trajan von
Naffova wieder Herstellen lassen, wodurch die Donaufahrt um 80
Meilen verkürzt und hauptsächlich das von den Russen besetzte
Sulina umgangen würde. Auch das kann Rußland nicht an-
genehm sein.
— Ludwig Napoleon hat, begleitet von einer großen Men-
schenmenge und den Thränen der Damen von Konstanz, die
Schweiz verlassen, und geht nach England. Die Wohlthatcn
seiner verewigten Mutter und sein eigenes schönes Gesicht haben
ihm viele Liebe erworben. Am 18. passirte er schon Koblenz,
überall ohne Aufenthalt.
— Der Enke'sche Komet ist uns ganz nahe, ist aber nur
mit einem guten Komctcnsuchcr zu sehen.
— In England glaubt man nicht, daß dort genug Getraide
bis zur nächsten Ernte gebaut worden sei. Zwar hat es Waizen
genug gegeben, aber er ist melsicnthcils nicht so eingcbracht wor-
den, daß man ihn verbacken könnte. Es werden daher große
Einkäufe auf dem Festlande gemacht.
'— In Frankfurt hat die Weinlese am 22. Oktober begon-
nen und am 22, Oktober geendet.
— Den größten Gewinn auf der letzten Leipziger Messe
machte die. Estenl>ahn, die in den drei Meßwochen über i5,ooo
Lhaler einnahm. Sonst war die Messe herzlich schlecht.
— Der König Von Sardinien hat den schönsten königlichen
Palast in Genua den Jesuiten eingcräumt, um ein Kollegium
darin zu errichten. Am Tage aller Seelen wird die neue An-
stalt eröffnet.
— Im Großherzogthum Hessen machen die Obrigkeiten auf
die Naupcnnester aufmerksam , die jetzt im Herbst an den Obst-
bäumen mit kleinen lebendigen Raupen angefüllt erscheinen. Wenn
diese nicht vertilgt werden, verpuppen sic sich unsichtbar in den
Rinden und heben den Feind für die nächste Blüthe auf. Die
Vertilgung tonne dort am besten bei Gelegenheit des »Obstab-

machens« geschehen. Dürfte auch gut sein, wo's Heuer keine solche
Obstgelegenheit gibt, aber für das nächste Jahr eine erwartet
werden soll.
— Wieder ein neues Denkmal! In Braunschweig soll zum
Andenken des Erfinders des Spinnrades, Jürgens, eine Pfen-
nigkollckte veranstaltet und davon jäh»lieh zwei Preise für die
besten Gespinnste vertheilt werden.
— Nach den Münchener Kirchcnnachrichten hat eine Baronesse
von Riedesel einen Kürassiertrompeter geheirathet. Diese wichtige
Weltbegebenheit liegt in 17 Zeitungen gedruckt vor.
— Keine Henne legt so viel Eier als der gallische Hahn.
Aus Frankreich sind in einem Jahr die fast unglaubliche Zahl
von 2ss Millionen Eiern über Dover nach England gebracht
worden, wofür 88,000 Gulden Zoll entrichtet wurden.
— Einen glücklichen Fund haben zwei gcscheidte Bauern-
kinder unweit Feuchtwangen in einem Walde gethan. Sie ruh-
ten vom Holzlesen aus, und während das eine das mitgenom-
mene Brod aus der Tasche holte, wühlte das andere in der
Erde und fand einige alte Goldmünzen. Sie eilten damit heim
und holten ihre Eltern. Diese gruben weiter nach und fanden
einen solchen Schatz, daß sie nun wohl die reichsten Leute in
ihrem Dorfe sind. Mehrere baierische Zeitungsschreiber wollen
sogar 8000 Goldstücke gezählt haben.

Mancherlei Altes und Neues.
Ein Gärtner zu Metz ist auf den Einfall gekommen, ein
Kastanienreis auf eine Eiche zu propfen, und der Versuch ge-
lang vollständig. Diese Neuerung kann von manchfachem Nutzen
sein, und es lohnte sich wohl der Mühe, auch bei uns Ver-
suche der Art anzustcllen.
Ucbertriebcne Reinlichkeit. In Orford wurde ein Stu-
dent von seinen Kommilitonen verhöhnt und mit dem Spottna-
men »Schmutzhemd« belegt, weil er täglich nur dreimal das
Hemde wechselte, und jene es viermal thaten.

Aus der Brieftasche.
Historisch-geographische Erinnerungen aus der
Pfalz -
nach Johann Goswin Widder.
1786.
- (Fortsetzung.)
2) Dilsberg. Ein Burg-Flecken nebst einem dabei gelege-
nen vcsien Bergschlosse am Ncckcr, drei Stunde oberhalb Hei-
delberg ostwärts gelegen. Dessen Nachbarn sind gegen Osten
Mnckcnloch; gegen Süden Wiesenbach ; gegen Westen Nccker-Ge-
münd ; gegen Norden der Ncckcr , und über selbigem das Städt-
lcin Nccker-Steinach.
Der Ort selbst hat seinen Ursprung von der alten Burg, die
oberhalb desselben auf der Spize eines steilen Berges gelegen ist.
Allem Anscheine nach war diese der ordentliche Siz des über das
ganze Elscuzgau bestellten Grafen. Man weiß, daß im I. noo
ein sicherer Bruno nicht nur dem Kraich- sondern auch dem
 
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