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Der Bote vom Neckar: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (2) — 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.42418#0395

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389


Tagesneuigkeiten.
Auf der großen spanischen Kriegswage wird die Glücksschale
-er Königin von Tag zu Tag leichter, die des Don Karlos
hingegen räglich schwerer. Das größte Gewicht auf derselben ist
wohl die Dolkssiimmung in Madrid, die laut und offen gegen
das wankelmüthige Benehmen der Königin auftritt und eine
entschiedene und kräftige Negierung fordert. Der neue Minister-
präsident weiß sich vor Angst nicht mehr zu helfen und gäbe
was darum, wenn ihm Jemand seine Nolle abnahme oder sein
Leben versicherte. Wenn's krumm geht, hofft sich die Königin
Christine mit ihrer Geschicklichkeit fortzudringen. Sic spricht 6
Sprachen fertig, versteht sich auf's Tanzen, Zechten und Schwim-
men und soll auch gut malen, aber bei alledem kein Gold ma-
chen können.
— Alles rst gespannt auf den Ausgang der großen Kriegs-
rüstungen des Kaisers von Rußland. Der Sultan weiß nicht,
ob er brechen oder fester knüpfen soll, und wirft bald einen
freundlichen Bleck nach Rußland, bald einen nach England. In
seinem Herzen freilich mag's nicht so rein und hell sein, als er
thut. Auch Frankreich erregt Besorgnisse, da es dem Handels-
vertrag noch immer nicht bcigetretcn ist.
— In der Schweiz sieht's wieder so friedlich und freundlich
aus, wie zuvor. Die Schwcizerbürger haben ihre Soldatenröcke
ausgezogen und statt des Sabels ihr gewohntes Werkzeug in die
Hand genommen. Die unwillkommenen Franzosen haben der
Schweiz auch wieder den Rücken gekehrt und sind mit klingendem
Spiel von der Gränze ab in ihre Kasernen eingezogcn. In und
um'Arenenberg sieht cs nun herbstlich und traurig aus. Die
Thürcn und Fenster des sonst so belebten Schlosses sind geschlos-
sen und nur ein alter Diener der seligen Fürstin Hortensia
geht trauernd da ein und aus.
-— Zwischen Oesterreich und England ist der Handelsvertrag
wirklich abgeschlossen und die Urkunden darüber sind bereits aus-
gewechselt worden. Da nun. in allen Annäherungen eines Staa-
tes an England eine Feindschaft gegen Rußland gesucht wird,
will man daraus folgern, daß Oesterreich sich mit England,
Frankreich und der hohen Pforte verbinden werde, was wir dahin
(d. h. an den Ort, wo so manche Lüge sicht) gestellt fern lassen.
-— Am io. Oktober ließ der König von Baiern nach der
von ihm seit Jahren gemachten Stiftung wieder stoo Arme im
Schlosse Zu Ascha, euburg speisen. Die Musik des dortigen In-
fanterieregiments spielte dazu. Den armen Kranken wurde das
Essen in's Haus getragen.
— Der alte Kakscrsaal zu Frankfurt am Main soll mit neuen
und guten PortraitS aller deutschen Kaiser ausgcschmücl't und die
jetzigem kunstlosen sollen entfernt werden. Cs hat sich dazu eine
eigene Gesellschaft konstituirt, um diese Bilder von Künstlern
malen zu lassen. Die Beiträge dazu werden im ganzen deut-
schen Reich gesammelt. Vier Bilder sind schon in der Arbeit.
— Dom Ministerium des Innern ist den baierischen Schul-
behörden aufgctragen worden, allen Schülern das Tragen von
Grillen zu untersagen, weil dadurch die Kurzsichtigkeit nur noch
mehr befördert werde. Nur dann sei es erlaubt, wenn ein

ärztliches Zeugniß den Gebrauch der Glaser für durchaus noth-
wendig erachte.
— Am schlechtesten stehen jetzt die Eisenbahnakticn in Frank-
reich. Es sind schon ungeheure Summen verloren gegangen und
alle die, welche vom Schwindel der Zeit ergriffen wurden, kön-
nen sich noch nicht von ihrem tiefen Fall, der die Lähmung aller
Kräfte nach sich zog, erholen. Mehrere Eisenbahngcsellschaften
lösten sich auf und man sagt, das sei der Negierung gerade
recht, denn rinn könne sie doch ihre Lieblingsbahncn nach Brüs-
sel und Lpon bauen.
-— Aus Amerika wird über eine mittelmäßige Tabaksernte
geklagt, dis der außerordentlich trockene Sommer herbeigeführt
habe. Thut nichts; da bleibt das Geld dafür hübsch im In-
lande und die Sandhäuser freuen sich schon darauf, daß ihr
alter Kanaster, der seither oft verkannt wurde, nun volle An-
erkennung finden wird.
— Unter den vielen fürstlichen Verheirathnngen, welche die
Zeitungen werden und wieder nntcrgehen ließen, kommt doch
endlich eine zu Stande. Der König der Niederlande hat einen
Gesandten nach Stuttgart geschickt und für seinen Sohn, den
Erbprinzen von Oranien, um die Hand der Prinzessin Sophie
anhalten lassen. Er bekam , wie sich's denken läßt , keinen Korb.
—> In die baierifche Justiz ist neues Leben gefahren. Die
Aktenberge werden nun bald eben gemacht sein, da io neue,
rüstige und thätige Rache in das Oberappellationsgericht zu
München gerufen worden sind.
-—> In Prag werd eine großartige Kettenbrücke über die Mol-
dau auf Aktien gebaut. Die Dorarbeiten haben begonnen und
mit kommendem Frühling soll das Werk rasch fortschreitcn.
— Dor einigen Tagen hätte auf eine schreckliche Weise ein
dreijähriges armes Mädchen aus dem Dorfe Roßach, im Iß-
grunde, beinahe das Leben verloren. Eine Anzahl Knaben näm-
lich, welche in der Nähe des Dorfes ihr Vieh hüteten, hatten
sich, wie es immer zu geschehen pflegt, ein sogenanntes Wärm-
feuer angeschürt. Das kleine Mädchen, wahrscheinlich von Nie-
manden beaufsichtigt, lauft auch hinaus auf die Wiese, ergötzt
sich mit den Gespielen an der lodernden Flamme und plötzlich
geräth das Kleidchen des Kindes in Brand, und mit Zeterge-
schrei eilt das arme Wesen dem Dorfe zu, noch hundert Schritte
weiter und das Kind wäre rettungslos verloren gewesen. Da
begegnet ihm glücklicher Werse ein erwachsenes und dabei recht
besonnenes und entschlossenes Frauenzimmer aus dem Dorfe,
ergreift sogleich das brennende Kind, taucht eö iu den nahen
Itzsiuß und die jammernde Kleine ist, wenn auch schmählich
zugerichlet, doch vom Tode errettet.

Aus der Brieftasche.
Die Karthaune; oder Peters des Steifen Liebes--
abenteuer.
(Fortsetzung.)
Auch Sophie sand den jungen Mann nicht übel. Jung , ge-
sund , wohlhabend und — ehrenvoll ongestellt; denn ein Geheim-
 
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