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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 13.1912

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Nr. 1
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Haas, Alfred: Die mittelalterlichen Wehrbauten Pommerns in der heimischen Volkssage, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31850#0020

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Der unterirdische Gang soll in einer schnurgeraden Linie vom Rathause unter dem Markt
und unter der Steinstraße weg auf den Hohen Stein zugeführt haben. Von zwei anderen
Häusern der Stadt sollen Nebengänge zum Markte geführt und mit dem Hauptgang in Ver-
bindung gestanden haben.

Sonst weiß der Volksmund noch von allerlei schauerlichen Geschichten zu berichteip die
bei dem alten Wartturm passiert sein sollen; und daß es in seiner Nähe nicht geheuer ish wird
noch jetzt allgemein geglaubt. Wer z. B. am Aohannistage in den Turm hineinkommt, findet
oben auf demselbcn einen Sack voll Erbsen. Von denen darf er nehmcn, so viel er tragen kann.
Gelingt es ihm, die rechte Stunde zu treffen, so ist sein Glück gemacht: denn die Erbsen ver-

wandeln sich in Goldstücke.
(Am I8Z0 aufgezeichnet.)

Nach einer anderen
Volkssage (Aahn: Volks-
sagen Nr. 253) soll sich der
unterirdische Gang vom
Hohen Stein aus auch
seitwärts bis zum Fangel-
turm in Schwerinsburg
erstreckt haben, und hier
soll ein kleines Männchen,
Iochem Abt genannt, sein
Wesen getrieben haben.
Aochem Abt ist einer der
schatzhütendenZwerge, der
über unermeßliche Reich-
tümer verfügt. Einst bat
ereinen Bauern, ihm eine
Doppelfurche vom Hohcn
Stein bis zumFangelturm
zu pflügen, und als das
geschehen war, belohnte er
den Bauern so reichlich,
daß diesersteinreichwurde.

In dem Fangelturm
fanden, wie die Sage

Abb. 12. Usedom. Das Anklamer Tor
(Stadtseite).

weiter berichtet, die ge-
heimen Beratungen einer
Brüderschaft statt, die
ähnlich organisiertwarwie
die Gesellschaft der Frei-
maurer. Damit ist höchst-
wahrscheinlich die Verbrü-
derung„derPutzkeller" ge-
memt, eine religiöse Sekte
des XV. Iahrhunderts,
deren Wesen und Zweck
noch in Dunkel gehüllt ist.

An Belgard ist
von denbeidenehemaligen
Stadttoren noch eins er-
halten, das Hohe Tor
oder Kösliner Tor. Es ist
ein stattliches, ungefähr
quadratischesBauwerkmit
spitzbogiger Durchfahrt.
An der inneren Decke des
Torbogens ist ein Eisen
eingemauert, an welches
eine bis ins XV. Aahrhun-
dert zurückgehende Sage
anknüpft.

Die Belgarder lagen in Streit mit den damals zu Brandenburg gehörenden Schivelbeinern,'
geraubtes Vieh soll die Veranlassung zu der Zwistigkeit gegeben haben. Der Streit wurde
durch einen heißen Kampf auf der Langenschen Heide am 15. Auli 1469 Ausgetragen: die Schivel-
beiner trugen unter Anführung des Ritters Christoph von Polcntzke den Sieg davon und führten
hundert Belgarder als Gefangene mit sich fort; 30O Belgarder blieben tot auf dem Schlachtfelde.
— Der Kampf ist in einem alten Volksliede (Balt. Stud. III, 1, S. 166 f.) besungen, dessen

Anfang so lautet:

Rmb einen Dingstag id geschach,

Dat man Polentzken thcnde (ziehen) sach;
Polentzke wol mit den Sinen
Hentoch (hinzog) in dat Belgardsche Land;
De Köh wolde he ehm nehmen.
 
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