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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1917)
DOI Artikel:
Fried, Alfred Hermann; Corbach, Otto: Zur amerikanischen Friedenspolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0150

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Taft diese keichte Amendierung seines Vertrags, der für alle Streit-
fragen obligatorisch sein sollte, nicht annahm und die Ratifi«
zierung verweigerte.

Diese Verträge, die also nach Corbach „Vnhaltspunkte für die Hal«
tung" bilden sollen, „die die amerikanische Diplomatie bei einer Teil»
nahme an europäischen Friedensverhandlungen einzunehmen gedenkt",
existieren gar nicht. Und sie existieren deshalb nicht,
weil die leitenden Persönlichkeiten der Anion jene Ausnahmen, die der
Senat gemacht hat, ebenso mißbilligten, wie tzerr Corbach sie mißbilligt.

tzerr Corbach beschuldigt aber auch den Präsidenten Taft der mala
fides, indem er ihm die Schlechtigkeit zuschreibt, daß er schon in seiner
ursprünglichen Fassung der Verträge dafür gesorgt habe, daß jene vom
Senat errichteten Ausnahmen praktisch von der Schiedsgerichtsbarkeit aus«
geschaltet sein müßten. Cr schreibt: „Im Art. 2 der beiden fast gleich«
lautenden Verträge war die Errichtung einer »hohen gemischten Unter«
suchungskommission« vorgesehen worden, die aus je drei Staatsangehöri«
gen der Vertragsstaaten sich zusammensetzen sollte. Wenn keine Aber»
einstimmung über die Cignung eines Streitfalles für eine schiedsgericht-
liche Lösung zwischen den vertragschließenden Staaten zu erzielen wäre,
sollte eine schiedsgerichtliche Lösung davon ubhängig sein, ob sich minde-
stens alle Mitglieder der Kommission bis auf eines innerhalb eines Iah-
res dafür entscheiden würden. Daß aber in eine solche Kommission ame«
rikanische Mitglieder geraten könnten, die jene Fragen nicht unerbittlich
von aller Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen wissen wollten, ist praktisch
unmöglich.^

Diese Feststellung müßte bei jedem, der den Sachverhalt kennt, ein höl«
lisches Gelächter auslösen, wenn die Verschleierung der Tatsachen nicht
so unendlich bedauerlich wäre. Ich werde versuchen, den Sachverhalt
im Rahmen der hier gebotenen Kürze darzulegen:

Abgesehen von der Fassung des Art. I, der zum erstenmal die Gültig-
keit der Schiedsgerichtsbarkeit auch auf die, bis dahin stets ausdrücklich
davon ausgenommenen, Streitfälle, „die die Chre oder die vitalen Inter-
essen berühren", erstreckt, liegt in der Cinführung jener „tzohen, gemisch-
ten Antersuchungskomrmission^ die größte Bedeutung jener Verträge. In
ihnen wird die Friedenskraft des Vertrags auch auf jene Streitfälle aus-
gedehnt, die ihrer Natur nach für die schiedsrichterliche Lntscheidung
ungeeignet sind. Cs sind dies Fälle, die keinen Rechtscharakter besitzen,
sondern aus Wacht- oder Interessenkonflikten sich ergeben. Richt um
die Schiedsgerichtsbarkeit durch das Abkommen hinter-
listig illusorisch zumachen, wie Corbach darlegt, wurden diese
„tzohen gemischten Kommissionen" eingesetzt, sondern
um die gewaltlose Streitschlichtung zwischen den Ver-
tragschließenden auch dann noch durchzusetzen, wo die
Kraft der Schiedsgerichtsbarkeit ihrer Natur nach ver-
sagt.

Diese Kommission sollte aber nicht nur jene, nicht gerichtsfähigen,
Streitfälle erledigen, sie sollte auch in Fällen, wo sich die Parteien nicht
einigen können, ob der Streit der Schiedsgerichtsbarkeit oder der Unter-
suchungskommission zu unterbreiten ist, die Entscheidung treffen. „And
wenn alle Glieder dieser Kommission", so lautet die Vertragstelle, „oder
alle bis auf eines darin übereinstimmen, daß der betreffende Streit-
 
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