Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

DOI Artikel:
Muschner, Georg: Fritz von Uhde
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0031

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fritz von Uhde f

FRITZ VON UHDE t

Als ich vor Jahren Fritz von Uhde um eine auto-
l\ biographische Skizze bat, erzählte er mir
mancherlei über sein eigenes Schaffen. Dabei
wandte er sich besonders gegen die vielfach ver-
breitete Auffassung, daß seine Malerei eine reli-
giöse sei, etwa wie die Steinhausens. Seine Er-
klärung, wie er auf seine Christusbilder gekom-
men ist, war menschlich und künstlerisch so ein-
fach und schön, daß jetzt, nach dem Hinscheiden
des Meisters, ihm hier kein besserer Nachruf ge-
widmet werden kann als der, daß sein eigenes
künstlerisches Glaubensbekenntnis wiederholt
wird. Als er, zur Zeit der allerersten Anfänge
der Moderne, aus der braunen Ateliertunke los-
strebte, wollte er mit seinen Bildern mehr geben
als bloße Studienköpfe. „Da habe ich gedacht:
etwas muß dabei sein, das die Leute innerlich
packt, sonst kann man ja mit seinen Bildern kei-
nen Hund hinterm Ofen hervorlocken. Ich suchte
so was wie Seele. So entstand das erste Bild
dieser Art „Lasset die Kindlein zu mir kommen",
Winter 1883/84: aus der Qual, etwas mehr zu
geben als bloße Abschrift aus der Natur. Ich war

prof. richard hoelscher -darmstadt. »Dämmenira

Richard hoelscher- darmstadt. »Morgenstunde«

damals gerade bei der Kindermalerei, hatte
wohl mal gesehen, wie die Kinder an einen
Geistlichen herangetreten — das habe ich ver-
wertet ..." So kam Uhde zu seiner Christus-
gestalt, und dann packte ihn die Gestalt sel-
ber. Diese aber wollte er nie als historischen
Christus geben. Für ihn war die Gestalt ein
malerisches Problem. „Sie wurde mir zum
Problem des Lichts. Also Lichtbringer in die
Finsternis der Welt und der alten Farben.
Die Franzosen wollten das Licht aus der
Natur heraus finden; ich wollte außer dem
Licht noch Innerlichkeit. Und so kam ich da-
rauf: ich griff die Verkörperung des äuße-
ren und inneren Lichtes auf, Christus." Da-
mit wissen wir nun, daß Uhde nicht nur einer
der ersten Vorkämpf er der modernen Malerei
war, wenn wir ihn nicht überhaupt den Be-
gründer und Führer der heutigen sezessio-
nistischen Kunst nennen dürfen, sondern auch
zugleich ein konservativer Erhalter der klas-
sischen Kunstaufgabe: wertvolles Menschen-
tum zu gestalten und nicht bloß Farben.
„Ich wollte die Dinge aus dem Dunkel er-
lösen. Wie Rembrandt alles, was er anfaßte,
durch Licht vergeistigte." Wie sehr Uhde mit
 
Annotationen