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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0456

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KLEINE KUNST-NACHRICHTEN.

AUGUST 1911.

MEISSEN. Neue Arbeiten der Kgl. Por-
zellanmanufaktur. Schon oft ist es be-
tont worden, daß von allen Gebieten der dekorativen
Kunst, die durch den Hauch der neuen Zeit wieder
belebt worden sind, wohl keins bisher noch so im
Rückstände geblieben ist wie das des Porzellans,
besonders wenn man an die Gefäßkunst denkt, ob-
gleich gerade diese, dank der koloristischen Kräfte,
die ihr innewohnen, ganz besonders zu einer neuen
Ausgestaltung zu reizen schien. Über die matte
Unterglasur-Farbenstimmung, die das Kopenhagener
Porzellan geschaffen, ist man hier bisher kaum
hinausgekommen, von der es indessen äußerst
zweifelhaft erscheint, ob sie noch lange die Augen
der heute schon wirklich künstlerisch empfindenden
Menschen befriedigen wird. Die keramisch viel
dankbarere Über- oder Aufglasurfarbentechnik
ist dagegen bisher von künstlerischer Seite nur
ganz sporadisch gepflegt und so noch kaum jene
farbigen Möglichkeiten in ihr ausgenußt worden,
die in früheren Zeiten die allerwichtigsten des
Porzellans gewesen sind. Um so erfreulicher ist,
daß es nun der Kgl. Porzellanmanufaktur in Meißen
dank der jahrelangen Bemühungen des Bergrat
Förster gelungen ist, wenigstens jenes kräftige,
feurige Unterglasurkupferrot zu erzielen, das man
bisher ganz allein an den chinesischen Porzellanen
des 18. Jahrhunderts bewundern konnte, das be-
rufen ist, wieder eine kräftigere Note in die so
bleiche Unterglasurfarbenmalerei unserer Zeit hin-
einzubringen. Freilich, Mühe genug hat die Er-
zielung dieser Farbe gekostet, und eine ruhige
Sicherheit in der Beherrschung derselben kann
kaum jemals gewonnen werden, wie eine solche
ja auch die Chinesen niemals erreicht haben. Auch
bedarf es zu ihrer Verwendung einer ganz beson-
deren Masse, die neben das bisher fast ausschließ-
liche traditionelle Hartporzellan der Meißner Manu-
faktur nun endlich auch das künstlerisch viel dank-
barere Weichporzellan gesetzt hat. So wird ihre
Produktion auch niemals eine Massenproduktion
werden können. Die bisher ausgeführten, von dem
dortigen Maler Hentschel bemalten Stücke zeigen
jedoch zum größten Teile, daß eine wirklich künstle-
rische und originelle Verwendung dieser Farbe
durchaus möglich ist und auch mannigfach erfolgen
kann (Abb. S. 433), freilich auch eine nicht ganz
gewöhnliche Delikatesse des künstlerischen Emp-
findens verlangt. Dann aber können hier Porzellane
allein durch die heute so bevorzugte Unterglasur-
technik gewonnen werden, die zu den farbigsten
gehören, die bisher wieder geschaffen worden sind.

Gleichzeitig aber hat die Meißner Manufaktur
dank der Leitung ihres neuen Vorstehers der
Malereiabteilung, Herrn Professor Achtenhagen, er-
freulicherweise auch die Überglasurfarbenmalerei
zu neuem Leben erweckt. Eine ganze Reihe von
Stücken zeigt, in welcher Weise dieselbe jeßt
weiter belebt werden soll. Unter diesen wirken
vielleicht keine so erfreulich als die, welche die
alten „Fondporzellane", d. h. die mit farbigen
Gründen, wieder zu neuem Leben erwecken sollen,
schon deshalb, weil sie zeigen, eine wie einfache
Sache eine solche Wiederbelebung, im Grunde ge-
nommen, ist. Auf diesem Gebiete liegen bis jeßt
einige flache Schalen vor mit gelben Gründen ver-
schiedener Tönungen, in deren mittlere Ausspa-
rungen monochrome, d. h. violett oder dunkelbraun
gehaltene, durch breite Behandlung und starke
Gegensäße echt dekorative Landschaften von dem
Meißner Maler Barth hineingemalt worden sind.
Wir haben damit endlich wieder Porzellane vor
uns, die, wie alle der früheren Zeiten, stark farbig
gehalten sind und zugleich auch jene zeichnerische
Detaillierung des Dekors zeigen, die das europäische
Porzellan früher immer im Gegensaß zum chine-
sischen Porzellan erstrebt hat, die aber durch den
breiten dekorativen Stil des Kopenhagener Por-
zellans bisher aus unserer feineren europäischen
Porzellankunst fast völlig verdrängt worden ist.
So aber kann man wohl hoffen, daß diese Schöp-
fungen nicht vereinzelt bleiben, vielmehr recht
fleißig weiter gepflegt werden mögen und damit
wieder der Anfang einer wirklich farbigen Porzellan-
kunst werden, nach der sich die wirklich Kunst-
verständigen heute schon lange sehnen. e. z.
&

DRESDEN. Noch weiß man nicht, wie der
Theaterplaß nach den geplanten Umbauten
aussehen wird; man weiß auch noch nicht, was
drüben am Neustädter Ufer aufgestellt werden soll.
Immerhin, die Lebhaftigkeit, mit der dieses städte-
bauliche Problem diskutiert wird, läßt Gutes er-
hoffen. Man darf wohl erwarten, daß drüben nicht
die beiden Ministerien, die elbaufwärts stehen,
Vorbilder werden; man darf wohl annehmen, daß
die Umgestaltung des Plaßes in dem gleichen
Geiste geschehen wird, der die neue Augustus-
Brücke bauen ließ. Diese neue Brücke weckt keine
sentimentale Sehnsucht nach der alten, abgerisse-
nen, die einem lieb war. Man spürt kaum den
Wechsel und weiß doch, daß diese Abmessungen
der Gegenwart gehören. Gewiß, es wäre auch
denkbar, daß hier, im Schatten des Barocks, keck

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