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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Westheim, Paul: Wege und Ziele der Bühnen-Ausstattung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0078

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Wege und Ziele der Bühnenausstattung.

ARCHITEKT
E. J. MARGOLD-
WIEN.

LEUCH TERKRONK

IN NEBENSTEHENDEM

HERRENZIMMER.

AUSFÜHRUNG:

J. JELLINEK-WIEN.

gezimmert ist! Mir scheint, daß erst Wagner,
erst der Parzival da sein mußte, ehe Bayreuth
erstand. Und so wird es immer sein. Wenn
man die Architektur sachlich und richtig be-
greift — wie es etwa Karl Scheffler tut —, so
wird man sie stets als Zusammenfassung und
formale Abklärung vorhandener Kräfte emp-
finden müssen. Erst war der tiefe Glaube, dann
der Dom; erst die ritterliche Macht, dann die
Burg; erst die Herrscherwürde, dann der Palast;
erst das Warenhaus, dann der Messeische Wert-
heimbau. Und das Theater wird auch keine
Ausnahme machen.

Die Hoffnungen, die auf den dekorativen
Maler, auf das Bühnenbild gesetzt werden, sind
nicht anders einzuschätzen. Wenn hier über
die Beziehungen zwischen bildender Kunst und
Bühne einiges gesagt werden soll, so liegt es
uns durchaus fern, jenen Irrtum zu nähren,
der eine Morgenröte der Tragödie aus dem

Farbentopf emporsteigen sieht. Der Maler-
Regisseur ist durchaus als Ausstattungskünstler
aufzufassen, d. h. als der gestaltende, ordnende
Geist, der einem dichterischen Werk zur Ver-
körperung und zum sinnlichen Rhythmus verhilft.
Monumentalität hat er so wenig zu geben, wie
sie der Illustrator dem Durchschnittsbuch zu
verleihen vermöchte. Die Frage kann nur lauten,
wieviel von der frischen Kraft, die un-
sere dekorative Malerei durchpulst, auf
diesem Umwege der Bühne zugeführt ist
oder werden kann. Und wenn ein Gordon
Craig von rein dekorativen, wortlosen Bilder-
szenen träumt, so ist das als die schrankenlose
Kühnheit eines künstlerischen Schöpfergeistes
— „ der gute Mensch in seinem dunklen Drange ",
wie es im Faust heißt — aufzufassen. In Wirk-
lichkeit liegt die Zukunft der Schaubühne weder
bei den Theatermachern, noch bei den deko-
rativen Gewerblern, sondern ganz allein bei

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