PROF. FRITZ ERLER—MÜNCHEN.
Porträt Franz Langheinrich.
VOM PORTRÄT.
VON Dk. KARL MAVR.
Motto: Es wird erzählt, daß Manet die
Ablehnung eines Bildes mit den Worten
begründete: „Der Mann modelliert ja".
Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß bei
weitem die meisten Porträts der Gegen-
wart in keinem oder nur in einem sehr lockeren
Zusammenhang mit der zeitgenössischen Ma-
lerei stehen, obwohl infolge des Persönlichkeits-
dranges und des wachsenden Reichtums viel-
leicht noch niemals so viele Bildnisse in Deutsch-
land bestellt worden sind als eben jetzt. Die
wenigen künstlerisch wertvollen Porträts, denen
wir da und dort in Ausstellungen begegnen,
können über diesen Sachverhalt nicht täuschen;
denn die meisten aller überhaupt gemalten
machen aus guten Gründen nicht einmal den
Versuch, in eine Ausstellung zu gelangen. Könnte
man einmal die bedeutendsten malerischen
Werke der Gegenwart auf der einen Seite, auf
der anderen die Bildnisse unserer Fürsten, der
Politiker, der Industriellen und leitenden Be-
amten zusammenstellen, so würde statt einer
Übereinstimmung mit der zeitgenössischen
Kunst, wie sie doch billigerweise erwartet wer-
den dürfte, eine klägliche und beschämende
Discrepanz zu Tage treten. Man sähe, daß die
freie Malerei von der Porträtdarstellung durch
eine gewaltige Kluft getrennt ist: dort Helligkeit,
Licht, Energie und Frische, Farbenfreudigkeit
1911. XI. 1.
2?5
Porträt Franz Langheinrich.
VOM PORTRÄT.
VON Dk. KARL MAVR.
Motto: Es wird erzählt, daß Manet die
Ablehnung eines Bildes mit den Worten
begründete: „Der Mann modelliert ja".
Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß bei
weitem die meisten Porträts der Gegen-
wart in keinem oder nur in einem sehr lockeren
Zusammenhang mit der zeitgenössischen Ma-
lerei stehen, obwohl infolge des Persönlichkeits-
dranges und des wachsenden Reichtums viel-
leicht noch niemals so viele Bildnisse in Deutsch-
land bestellt worden sind als eben jetzt. Die
wenigen künstlerisch wertvollen Porträts, denen
wir da und dort in Ausstellungen begegnen,
können über diesen Sachverhalt nicht täuschen;
denn die meisten aller überhaupt gemalten
machen aus guten Gründen nicht einmal den
Versuch, in eine Ausstellung zu gelangen. Könnte
man einmal die bedeutendsten malerischen
Werke der Gegenwart auf der einen Seite, auf
der anderen die Bildnisse unserer Fürsten, der
Politiker, der Industriellen und leitenden Be-
amten zusammenstellen, so würde statt einer
Übereinstimmung mit der zeitgenössischen
Kunst, wie sie doch billigerweise erwartet wer-
den dürfte, eine klägliche und beschämende
Discrepanz zu Tage treten. Man sähe, daß die
freie Malerei von der Porträtdarstellung durch
eine gewaltige Kluft getrennt ist: dort Helligkeit,
Licht, Energie und Frische, Farbenfreudigkeit
1911. XI. 1.
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