Vom Porträt.
PROFESSOR
FR. ERLER-
MÜNCHEN.
DAMEN-
BILDNIS.
das Ziel der Kunst sein, eine Illusion der Wirk-
lichkeit hervorzurufen. Sie würde sonst, statt
die Geschöpfe zu vermehren, zur Wiederholung
des Vorhandenen, zum Kunststück im Sinne des
Märchens von den Trauben des Apelles und
der täuschenden perspektivischen Jesuitenma-
lerei des Barocks entarten. Sie würde vergessen,
daß der Künstler nicht die Unruhe und Ver-
worrenheit der Natur nachzuahmen, sondern
mit ihren Bestandteilen ein neues Wesen von
einheitlicher, in sich selbst begründeter Ordnung
zu schaffen hat.
Die Meister aller Zeiten sind sich über die
hier gemeinten Forderungen völlig klar gewesen.
Wer ihre Werke mit vergleichendem Blicke be-
trachtet, kann darüber nicht im Zweifel sein.
Whistlers Carlyle z. B. oder van Goghs Selbst-
bildnis mit der Pelzkappe verraten dieselbe
entschiedene Betonung der Fläche, die nämliche
Beachtung der bildmäßigen Forderungen wie
irgend ein Porträt Tizians. Nur wenn hierin
unter Anwendung der modernen Mittel weiter
gearbeitet wird, mag dem Verderben gesteuert
werden.
Statt die Flächen grundsätzlich aufzulösen
und zu zerlegen, wird sie der Künstler im all-
gemeinen wieder zusammenfassen, wobei selbst-
verständlich auch nicht der geringste störende
Zweifel aufkommen darf, was an einem Bild
vor und zurück geht, — ein Schritt, der übrigens,
303
PROFESSOR
FR. ERLER-
MÜNCHEN.
DAMEN-
BILDNIS.
das Ziel der Kunst sein, eine Illusion der Wirk-
lichkeit hervorzurufen. Sie würde sonst, statt
die Geschöpfe zu vermehren, zur Wiederholung
des Vorhandenen, zum Kunststück im Sinne des
Märchens von den Trauben des Apelles und
der täuschenden perspektivischen Jesuitenma-
lerei des Barocks entarten. Sie würde vergessen,
daß der Künstler nicht die Unruhe und Ver-
worrenheit der Natur nachzuahmen, sondern
mit ihren Bestandteilen ein neues Wesen von
einheitlicher, in sich selbst begründeter Ordnung
zu schaffen hat.
Die Meister aller Zeiten sind sich über die
hier gemeinten Forderungen völlig klar gewesen.
Wer ihre Werke mit vergleichendem Blicke be-
trachtet, kann darüber nicht im Zweifel sein.
Whistlers Carlyle z. B. oder van Goghs Selbst-
bildnis mit der Pelzkappe verraten dieselbe
entschiedene Betonung der Fläche, die nämliche
Beachtung der bildmäßigen Forderungen wie
irgend ein Porträt Tizians. Nur wenn hierin
unter Anwendung der modernen Mittel weiter
gearbeitet wird, mag dem Verderben gesteuert
werden.
Statt die Flächen grundsätzlich aufzulösen
und zu zerlegen, wird sie der Künstler im all-
gemeinen wieder zusammenfassen, wobei selbst-
verständlich auch nicht der geringste störende
Zweifel aufkommen darf, was an einem Bild
vor und zurück geht, — ein Schritt, der übrigens,
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