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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Michel, Wilhelm: Maler Hans Heider - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0324

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Maler Hans Heider -München.

natürlichen Äußerungen eines Kunsttriebes von
einfacher Problemstellung. Mag man auch die
uralte Tatsache des Kunsttriebes mit tausend
Geheimnissen umgeben, schließlich läuft es
immer wieder auf die Freude am Objekt und
die Freude an der Wiedergabe des Objektes
hinaus. Diese doppelte Freude ist das tägliche
Brot der Kunst; durch diese Nahrung besteht
sie, zu ihr kehrt sie immer wieder zurück. Die
Orientierung an der Natur ist der ewige Jung-
brunnen der Kunst. Nur zu eigenem Schaden
wird sie ihn fliehen.

Hans Heiders Landschaften sind mir in Aus-
stellungen oft begegnet, und stets war es dieses
eine, was sie auszeichnete und empfahl, diese
herzhafte Frische, diese männliche Freude an
der Natur und dieses redliche, erfolgreiche Be-
mühen, das schöne optische Erlebnis mit den
treffendsten und kräftigsten Mitteln darzustellen.
Kein Sonderproblem luministischer, koloristi-
scher oder weltanschaulicher Art hat diese herz-
hafte Begabung in ihren Äußerungen je beirrt.
Und in einer aufrichtigen, tiefen Achtung vor
der Echtheit und Kraft dieses Strebens gipfelte

jedesmal der Eindruck, den Heiders Schaffen
hinterließ. In Qualitäten, die eigentlich Gemein-
gut aller Künstler sein sollten, liegt sein Ver-
dienst. Aber diese Qualitäten: die Sicherheit
des Entwicklungsganges, die goldklare Aufrich-
tigkeit in Auffassung und Äußerung, die Gesund-
heit des Empfindens, die rastlose Arbeit an der
Selbstvervollkommnung, sie sind so seilen ge-
worden, daß sie fast als exzeptionell erschei-
nen. Es war für Heider ein großer Vorteil,
daß er erst spät, als Achtunddreißiger in die
Kunst eintrat. In diesen Jahren hat der Mensch
schon von Natur aus den Mut zu sich, den Mut
zu seinem Positiven und Negativen, zu seinem
Können und zu seinen Schranken. Die Jugend
lügt gerne, der Mann hingegen ist rein konsti-
tutionell zur Wahrheit gestimmt. In Heiders
Falle trat dazu noch eine natürliche Geradheit
und Wahrheitsliebe, und so konnte er von un-
scheinbaren Anfängen zu der Fülle, Reife und
Echtheit aufsteigen, die ihn auszeichnen.

Ich habe so ziemlich seinen ganzen Weg ver-
folgt. Die entscheidende Förderung seiner An-
fänge verdankt er, in zwanglosester Form, wohl

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