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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Michel, Wilhelm: Maler Hans Heider - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0328

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Maler Haus He/der München.

Fritz Oßwald, dessen frühere Arbeiten ihrer-
seits dem Schaffen Oskar Molls nahestehen.
Die Herzlichkeit der Auffassung, die kluge Wahl
der Ausschnitte, die lebhafte Betonung des
Räumlichen waren ihm von Anfang an eigen.
Womit er jedoch häufig zu kämpfen hatte, das
waren gewisse Härten im Formalen, besonders
in der Behandlung der Vordergründe, während
ihm merkwürdigerweise die Mittelgründe von
Anfang an überraschend gelangen. Auch in der
Farbe im allgemeinen blieb er längere Zeit hin-
durch etwas zaghaft und durchschnittlich. Das
Ziel, das ihm vorschwebte, eine innige, reich-
haltige, malerische Analyse der farbigen Er-
scheinung, ließen seine Arbeiten stets klar er-
kennen. Aber erst in den letzten drei, vier
Jahren ist er diesem Ziele näher und näher ge-
rückt. Von Ausstellung zu Ausstellung ge-
wannen seine Farben an Licht und Kraft, an
Freiheit und Schönheit des Vortrages, entwickelt
durch die Kraft und Frische der Eindrücke, die
die Natur ihm gab und denen er die Ausbildung
seiner Mittel unermüdlich anzunähern strebte.
Man kann den Natureindruck in seiner gewal-
tigen optischen Fülle einem üppig instrumen-
tierten Orchestersatze vergleichen. Von dieser
Fülle der Akkorde vermochte Heider anfangs
nur vereinzelte interessante Töne in seine
Kunst herüberzuretten, die wundervollen Fär-
bungen herbstlicher Moorlandschaften, das
Schäumen eines Wassers, die Prachtkulissen

eines dunklen Tannenschlages. Nun sind aus
den einzelnen Tönen Akkorde geworden und
aus den Akkorden das ganze Lied. Heiders
neuere Landschaften enthalten etwas, das nur
außergewöhnlichen Begabungen oder sehr red-
lichen, tüchtigen Menschen gelingt: eine gewisse
Kongenialität mit der Natur. Sie ist ganz in
seinen Bildern, mit ihrer Freude und ihrer
herzhaften Dreidimensionalität, mit der Kühle
ihrer Bäche, dem Rauschen ihrer Wälder. Wie
oft schon sind diese Dinge abgemalt worden!
In Heiders Bildern aber sind sie mit der Herz-
lichkeit und Ungewöhnlichkeit behaftet, die das
ewige Erbteil der Naturdinge bilden. Andere
suchen heute diese Herzlichkeit auf dem Wege
aller möglicher Abkürzungen und illustrativer
Pointierungen zu erreichen. Bei Heider kommt
sie ganz von innen, aus einem gesunden, star-
ken Naturgefühl, das keine Romantik und keine
Schwärmerei kennt. Er hat es nie unternom-
men, das Geheimnis der Natur formelhaft aus-
zusprechen. Aber eines Tages fand es sich in
seinen Bildern vor, hold, rätselhaft und scheu,
geboren aus Liebe und Treue, aus Wahrheit
und Männlichkeit. Und es bestätigt sich wieder
einmal an ihm, was feine Geister überall im
Gebiete der Künste zu beobachten Gelegenheit
haben: der Welt und der Natur ist der Künstler
nur gewachsen, entweder durch eine ungewöhn-
liche künstlerische Potenz oder durch unge-
wöhnliche Reinheit und Wahrheit seines Wesens.

HANS HEIDER-
MÜNCHEN.

GEMÄLDE:
»HINTER DEN
BÄUMEN«

FAST SÄMTLICHE GEMÄLDE SIND IM BESITZ VON BRAK LS MODERNER KUNSTHANDLUNG—MÜNCHEN.
 
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