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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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Georgi, Walter: Frühjahrs-Ausstellung der Akademie der Künste Berlin 1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0313

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FRÜHJAHRS-AUSSTELLUNG DER AKADEMIE DER KÜNSTE

BERLIN 1926

Als ich im vorigen Jahre an dieser Stelle über
XA. die Frühjahrs-Ausstellung der Preußischen
Akademie der Künste zu Berlin berichtete, leitete
Freude und Zuversicht die Feder. Man konnte
damals die Feststellung machen, daß sich die
Durchschnittsqualität der Ausstellung früheren
Jahren gegenüber beträchtlich gehoben hatte.
Aber die Hoffnung, daß die deutsche Malerei
der Gegenwart die künstlerischen Inflations-
erscheinungen völlig überwunden habe, war lei-
der verfrüht. Man sucht unter der Jugend um-
sonst nach jenen Kräften, die eine Grundlage für
die malerische Fortentwicklung der kommenden
Jahre abgeben könnten. Auch auf der Aus-
stellung der Akademie machen sich Berufene
zur Genüge breit, aber keine Auserwählten
reißen als Führer die Suchenden mit sich fort.

Man vernimmt zwar wieder den Ruf „Zurück
zur Natur!", allein es fehlt der Glaube und das
Vertrauen. Für Max Liebermann ist das Be-
kenntnis innerste Überzeugung. Für einen
großen Teil der künstlerischen Jugend ist es

Mode und Rezept. Warum sollte man zur Ab-
wechslung an Stelle des Abstrakten, mit dem
man jahrelang hausieren ging, nicht wieder ein-
mal einen Versuch mit der „Natur" machen?
Man folgt dem Tipp wie bei einer Börsenspeku-
lation. Welchen Tipp aber wird man uns morgen
auftischen? Die Jugend findet im Zeitalter des
Radio und der Automobile meist keine Zeit der
Selbstbesinnung mehr. Es sind nur noch wenige,
die in Ruhe aus einem inneren Leben schöpfen
und die sich jene schöpferische Hingabe bewahrt
haben, die die Vorbedingung jeglicher künstle-
rischen Gestaltung ist.

Die Kluft zwischen dem Schaffen vergangener
Jahre und der Gegenwart kann kaum deutlicher
gezeigt werden als durch die kleine gewählte
Sammlung von Meisterwerken älterer
Malerei, die in die diesjährige Frühjahrsschau
wie eine Mahnung eingefügt wurde, selbst wenn
die Veranstalter einen Vergleich mit der Kunst
der heute Lebenden nach ihrer ausdrücklichen
Erklärung nicht herausfordern wollen. Als Leih-

XXIX. August 1926. 3
 
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