Moderne künstleriscJic Schrift
Larisch selbst ist nie ein
Vielschreiber gewesen, er
hat seinen Schülern durch
das lebendige Wort und die
praktische Anleitung zwei-
fellos mehr Anregung ge-
geben als durch seine eige-
nen Schriftschöpfungen. Da-
rum beschränkte sich sein
Anteil an dieser Schau auf
ganz wenige, wenn auch
besonders erlesene Stücke;
umso beredter kündeten die
zahlreichen Arbeiten seiner
Schüler alle Vorzüge seiner
Methode, die Weite seines
künstlerischen Gesichtskrei-
ses und den strengen Ernst
seiner Gesinnung. In star-
kem Kontrast zur Farben-
und Bilderfreudigkeit der
Offenbacher Schreiber oder
der Holländer verzichtet der
Puritanismus der Larisch-
Schule in der Regel auf jeg-
liche Ornamentierung, Illu-
minierung und Illustrierung
und läßt als einzige Zier des
Schriftbildes bloß eine spar-
same Vergoldung, die Höh-
ung einzelner Buchstaben
oder Zeilen mit Rot und ge-
legentlich das eine oder an-
dere kleine Emblem gelten.
Nicht äußerlich hinzugefügte
Verzierung soll der Schrift
ihren Schmuckwert geben,
sondern ihre wohlproportio-
nierte innere Architektur.
Der Schriftrhythmus soll von
uns erfaßt und erfühlt, die
„Musik der Schrift" von
uns erlebt werden! Gleich-
sam in Reinkultur finden wir
Larisch's künstlerische Prin-
zipien in den Schriftblättern und „persönlichen
Büchern" seiner Assistentin Hertha Ramsauer
verkörpert, die ihrem Lehrer an seinem Ehren-
tage den auf Pergament geschriebenen vollstän-
digen Goethe'schen „Faust" (I. und II. Teil) dar-
gebracht hatte, eine in jeder Hinsicht bewun-
derungswürdige Leistung, die auch tatsächlich
als das Standardwerk der Ausstellung größtes
Aufsehen erregte. Weiter seien aus dem Kreise
der „Larisch'schen Pflegestätte für Schrift- und
Buchgestaltung" die dekorativen Schriften und
„Materialsprachen" von Maria Schmid-
HERTHA SLADKV—WIEN. »SCHERENSCHNITT«
Mayr (f), Fini Skarica,
Marianne Rath, Hedwig
Denk.RobertHaas, Hertha
Sladky, Lilian Murton,
Otto Hurm, Elisabeth Kar-
linsky und Erika Giovanna
Klien erwähnt, welch letz-
tere unter dem Einflüsse des
Cizek'schen Kinetismus die
rhythmisch bewegte „Stim-
mungsschrift" zu besonde-
rer Vollkommenheit entwik-
kelt hat. Buchkünstlerisch
und als Gebrauchsgraphiker
erfolgreich tätig ist Rudolf
Geyer; eine reizvolle, von
blühender Ornamentik um-
rankte Fraktur verwendet
Rudolf Junk in seiner holz-
geschnittenen Folge der
sechzehn kleinen Goethe-
Lieder. Abseits der offi-
ziellen Wiener Schule bilde-
ten der bekannte Plakat-
zeichner Julius Klinger mit
seinen wirkungsvollen Re-
klame-Blättern und Schrift-
paraphrasen, sowie der ori-
ginelle Johannes Döllgast
und Josef Binder — gleich-
falls mit vorzüglichen Pla-
katen—bemerkenswerte Er-
scheinungen. — Die Schrift-
werke der reichsdeutschen
Künstler wurden nach loka-
len Gesichtspunkten ange-
ordnet. Aus Berlin stellten
sich neben dem ungemein
produktiven E. Rud. Weiß,
dessen Buchtitel für die Ma-
rees - Gesellschaft in erster
Linie hervorgehoben werden
müssen, 0. H.W. Hadank
mit schönen Schriftgravuren,
Hanns Thaddäus Hoyerund
Vilma Frank mit geschriebenen Büchern, Kurt
S i e b e r t mit Buch- und Gelegenheitsgraphik ein.
Heinr. Wieynck-Dresden führte in radierten
Buchtexten, ausgezeichneten Schrifttiteln und
Gebrauchsgraphiken seine formschöne Kursive
in allen ihren Entwicklungsstadien vor, C. 0.
Czeschka-Hamburg, bekanntlich ein gebür-
tiger Wiener, hat seine berühmte Edel-Antiqua
nunmehr ganz in den Dienst der Industrie ge-
stellt. Die Leipziger Staatliche Akademie
für graphische Künste und Buchgewerbe
war korporativ vertreten und hatte namentlich
Larisch selbst ist nie ein
Vielschreiber gewesen, er
hat seinen Schülern durch
das lebendige Wort und die
praktische Anleitung zwei-
fellos mehr Anregung ge-
geben als durch seine eige-
nen Schriftschöpfungen. Da-
rum beschränkte sich sein
Anteil an dieser Schau auf
ganz wenige, wenn auch
besonders erlesene Stücke;
umso beredter kündeten die
zahlreichen Arbeiten seiner
Schüler alle Vorzüge seiner
Methode, die Weite seines
künstlerischen Gesichtskrei-
ses und den strengen Ernst
seiner Gesinnung. In star-
kem Kontrast zur Farben-
und Bilderfreudigkeit der
Offenbacher Schreiber oder
der Holländer verzichtet der
Puritanismus der Larisch-
Schule in der Regel auf jeg-
liche Ornamentierung, Illu-
minierung und Illustrierung
und läßt als einzige Zier des
Schriftbildes bloß eine spar-
same Vergoldung, die Höh-
ung einzelner Buchstaben
oder Zeilen mit Rot und ge-
legentlich das eine oder an-
dere kleine Emblem gelten.
Nicht äußerlich hinzugefügte
Verzierung soll der Schrift
ihren Schmuckwert geben,
sondern ihre wohlproportio-
nierte innere Architektur.
Der Schriftrhythmus soll von
uns erfaßt und erfühlt, die
„Musik der Schrift" von
uns erlebt werden! Gleich-
sam in Reinkultur finden wir
Larisch's künstlerische Prin-
zipien in den Schriftblättern und „persönlichen
Büchern" seiner Assistentin Hertha Ramsauer
verkörpert, die ihrem Lehrer an seinem Ehren-
tage den auf Pergament geschriebenen vollstän-
digen Goethe'schen „Faust" (I. und II. Teil) dar-
gebracht hatte, eine in jeder Hinsicht bewun-
derungswürdige Leistung, die auch tatsächlich
als das Standardwerk der Ausstellung größtes
Aufsehen erregte. Weiter seien aus dem Kreise
der „Larisch'schen Pflegestätte für Schrift- und
Buchgestaltung" die dekorativen Schriften und
„Materialsprachen" von Maria Schmid-
HERTHA SLADKV—WIEN. »SCHERENSCHNITT«
Mayr (f), Fini Skarica,
Marianne Rath, Hedwig
Denk.RobertHaas, Hertha
Sladky, Lilian Murton,
Otto Hurm, Elisabeth Kar-
linsky und Erika Giovanna
Klien erwähnt, welch letz-
tere unter dem Einflüsse des
Cizek'schen Kinetismus die
rhythmisch bewegte „Stim-
mungsschrift" zu besonde-
rer Vollkommenheit entwik-
kelt hat. Buchkünstlerisch
und als Gebrauchsgraphiker
erfolgreich tätig ist Rudolf
Geyer; eine reizvolle, von
blühender Ornamentik um-
rankte Fraktur verwendet
Rudolf Junk in seiner holz-
geschnittenen Folge der
sechzehn kleinen Goethe-
Lieder. Abseits der offi-
ziellen Wiener Schule bilde-
ten der bekannte Plakat-
zeichner Julius Klinger mit
seinen wirkungsvollen Re-
klame-Blättern und Schrift-
paraphrasen, sowie der ori-
ginelle Johannes Döllgast
und Josef Binder — gleich-
falls mit vorzüglichen Pla-
katen—bemerkenswerte Er-
scheinungen. — Die Schrift-
werke der reichsdeutschen
Künstler wurden nach loka-
len Gesichtspunkten ange-
ordnet. Aus Berlin stellten
sich neben dem ungemein
produktiven E. Rud. Weiß,
dessen Buchtitel für die Ma-
rees - Gesellschaft in erster
Linie hervorgehoben werden
müssen, 0. H.W. Hadank
mit schönen Schriftgravuren,
Hanns Thaddäus Hoyerund
Vilma Frank mit geschriebenen Büchern, Kurt
S i e b e r t mit Buch- und Gelegenheitsgraphik ein.
Heinr. Wieynck-Dresden führte in radierten
Buchtexten, ausgezeichneten Schrifttiteln und
Gebrauchsgraphiken seine formschöne Kursive
in allen ihren Entwicklungsstadien vor, C. 0.
Czeschka-Hamburg, bekanntlich ein gebür-
tiger Wiener, hat seine berühmte Edel-Antiqua
nunmehr ganz in den Dienst der Industrie ge-
stellt. Die Leipziger Staatliche Akademie
für graphische Künste und Buchgewerbe
war korporativ vertreten und hatte namentlich