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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 69.1931-1932

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Posse, Hans: Die neue staatliche Gemäldegalerie in Dresden: auf der Brühlschen Terrasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.7203#0014

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anschließenden Saal. Gemälde seiner Künstler-
freunde wie E. F. Oehme, J. Chr. Cl. Dahl und
Peschei, frühe Bildnisse von Waldmüller und
Rayski fügen sich sinngemäß ein, während E. F.
Oehmes Hauptwerk, dergroße „Dom im Winter",
in seiner strengen architektonischen Konstruktion
und der nordisch-düsteren Stimmung zur Dresd-
ner Romantik der früheren Jahrzehnte zurück-
leitet. Ihrem Vorkämpfer CasparDavidFried-
rich und seinen gleichgesinnten Genossen ist der
nach rechts abschließende Raum geweiht. Denn
Dresden darf sich Friedrichs, der hier mehr als
40 Jahre geschaffen hat, als eines seiner größten
Meister und zugleich als des Begründers einer
neuen deutschen Landschaftskunst rühmen. Vom
„Kreuz im Gebirge", das 1807 als Altarbild für
die Schloßkapelle in Tetschen entstanden ist,
führt die Entwicklung des Malers in neun Bildern
über fast 30 Jahre bis zu den späten Abend-
landschaften, über die der ganze Empfindungs-
reichtum dieser an der Natur bis zur Anbetung
sich berauschenden Landschaftskunst ausgegos-
sen ist. Einfache und getreue Naturschilderungen
der Friedrichfreunde Carus, Oehme und
Kersting, immer von einer unendlich zarten
Empfindsamkeit getragen, runden das Gesamt-
bild dieser Dresdner Periode ab, die mit ihrer
Sehnsucht nach Schlichtheit und Klarheit uns
heute wieder so nahe steht. — Jenseits des
Rayski-Saales wird dann das „deutsch-römische"
Thema in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
verfolgt. Man beginnt mit Hans von Marees'
monumentalen Bildnissen seiner früheren Dresd-
ner Zeit. Neben dem Selbstbildnis und dem Por-
trät der Frau Schäuffelen begegnet man vor allem
dem von einer tiefen seelischen Anteilnahme für
die dargestellte Persönlichkeit erfüllten Bildnis
Dr. Konrad Fiedlers. Die kurz vorher für den
Grafen Schack entstandene „römische Land-
schaft" kündigt in der Klarheit des Willens zum
Monumentalen schon den Weg an, der zu Marees'
großen Zielen führt. Thoma, Boecklin und
Feuerbach schließen sich an. Der eingeschla-
gene Weg wird bis zu dem Sachsen Max Klinger
verfolgt, der die Sehnsucht der neueren Deutsch-
römer nach großer Form mit den Mitteln des
modernen Freilichtmalers zum Ausdruck zu
bringen sucht. Daneben tritt hier, scheinbar aus
dem Zusammenhang fallend, ein anderer säch-
sischer Maler auf, der Realist Julius Scholtz.
Aber seine Bildnisse von 1867 fügen sich in dem
großen Aufbau farbiger Flächen doch wieder dem
Charakter dieses Saales ein.

Das Treppenhaus, das zum oberen Geschoß
führt, enthält als einzigen monumentalen Schmuck
die große, freskoartig in lichten Tönen gemalte
Darstellung der „Lebensalter" von Puvis de
Chavannes. In der oberen Mittelgalerie emp-

fangen den Besucher in getrennten Abteilungen
drei Hauptvertreter des Impressionismus: Lieber-
mann, Corinth und Slevogt. Die meist groß-
figurigen Bilder Corinths füllen den Mittel-
raum mit ihrer leuchtenden Pracht und ihrem
leidenschaftlichen Temperament. Rechts schließt
sich die Kollektion Liebermanns an mit einem
Hauptwerk der Pariser Frühzeit wie den „Ge-
schwistern" und dem „Kohlfeld" von 1912, in
dessen suggestiver Kraft der Naturwiedergabe
der deutsche Impressionismus einen Höhepunkt
erreicht hat. Als dritter erscheint Slevogt mit
einer Auswahl seiner Bilder aus Ägypten und der
„Pawlowa" in seiner reichsten malerischen Be-
schwingtheit. Nach rechts folgtals Beitrag Sachsens
zum deutschen Impressionismus ein Saal mit
Fritz von Uhde und Gotthard Kuehl. Uhdes
„bayrische Trommler" von 1883, die unter dem
heftigen Protest der Zeitgenossen seinen Ruf
als Bahnbrecher der Freilichtmalerei begründet
haben, gehören heute zu den klassischen Lei-
stungen deutscher Malerei. Kuehls meisterlich
gemalter „Pariser Quai" ist während eines lang-
jährigen Aufenthaltes in Paris, an den Quellen
des Impressionismus, zu Anfang der 80er Jahre
entstanden. Als wirksamer Blickpunkt schließt
diesen Saal das große 1904 in München entstan-
dene Bildnis der Tänzerin Marietta di Riguardo
von Slevogt mit seinem pikanten Klang in Gelb
und Blau ab. Der nächste Raum vereinigt die
Werke Wilh. Leibis und seines Kreises. Leibi
selbst ist neben dem bekannten Mädchenkopf und
den „Strickenden Mädchen" mit dem „Offiziers-
bildnis des Baron Stauffenberg" vertreten, in dem
das farbige Problem der Uniform mit höchstem
malerischem Takt gelöst ist und dem der strenge
und einfache Aufbau eine fast altmeisterliche
Größe verleiht. Umfangreicher repräsentiert diese
Blütezeit deutscher Malerei in den 70er Jahren
Leibis Mitstrebender Wilhelm Trübner mit
sechs Arbeiten aus diesem Jahrzehnt, unter denen
sich Stücke von so hoher malerischer Feinheit be-
finden wie der „Jagdhund" neben dem Stilleben
aus Damenkleidern und die „Dame mit blauem
Hut". Carl Schuch tritt hinzu mit zwei Stilleben,
darunter der großen „Trödelbude" von 1878,
und auch Menzels bekannte „Piazza d'Erbc in
Verona" von 1884 hat hier ihren Platz gefun-
den. — Der letzte Saal auf der entgegengesetzten
Seite hat die verhältnismäßig kleine, aber gewählte
Sammlung französischer Werke aufgenommen.
Sie setzt ein mit dem den Raum beherrschenden
Meisterwerk Courbets, den „Steinklopfern",
und führt über Couture zu Manet (Dame in
Rosa), Monet, Degas, Renoir, Toulouse-
Lautrec und Gauguin. Van Gogh und der
Belgier James Ensor (mit einem seiner schön-
sten Stilleben von 1890) fügen sich an. . . h. p.
 
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