Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 69.1931-1932

DOI Artikel:
Goldschmidt, Werner: W. A. Lindgens - Berlin
DOI Artikel:
P., F.: Gedanke und Gefühl
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7203#0223

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
215

/

WALTER ALBERT LINDOENS

FIGÜRLICHER SMYRNA-TEPPICH«

Schwere der deutschen Malerei ist groß, und
es wird ihn Mühe kosten, sie unbeschadet zu
überwinden. Er muß den Weg jetzt suchen, auf
dem er sich mit den neuen Gegebenheiten, mit
den neuen Voraussetzungen auseinandersetzen
kann. Er muß die Kraft einer treibenden Idee
finden, die seine Fähigkeiten wieder zu ver-
ankern vermag, die imstande ist, ihnen unter
diesen neuen geistigen Voraussetzungen einen
neuen moralischen Rückhalt zu verleihen. Es
kommt hier weniger auf den Künstler als auf
den Menschen Lindgens an. Wenn dieser Mensch
Lindgens die Kraft aufbringen wird, seine
Kunst in den Dienst einer Idee zu stellen, wenn
er diese Idee und ihre Intensität aus dem Mit-
Leben und Mit-Leiden der Lebensbewegtheiten
und der Nöte unserer Zeit zu schöpfen vermag,
um sie künstlerisch zu gestalten, dann wird er
der aufgewiesenen Gefahr entgehen und im-
stande sein, seiner Malerei einen neuen In-
halt und eine neue Bedeutung zu geben, w.o.

GEDANKE UND GEFÜHL trennen sich in
der Kunst so wenig wie im ganzen übrigen
Leben. Ein geistiges Weiterkommen ist dem
Künstler genau so nötig wie jedem anderen
Menschen, wenn seine Arbeit inhaltsreicher,
lebensvoller werden soll. Wo sind denn alle
jene Abstrakta zu Hause, die man „das Den-
ken" und im Gegensatz dazu „das Fühlen"
nennt? Im Nirgendwo; nicht im lebendigen Men-
schen. Hat man nicht tausendfach erlebt, daß
einem Denker, einem Forscher, einem Philo-
sophen ein ganz neues Licht aufsprang, wenn
sein Dasein durch ein „Gefühlserlebnis" in
Schwung gesetzt wurde? Sind nicht ebenso oft
Künstler in ihrer Arbeit mächtiger, größer und
tiefer geworden, wenn ein geistiger Anstoß, eine
neue Einsicht, eine neue Idee oder Überzeugung
ihnen zuteil wurde ? Was dem Geist eines Künst-
lers passiert, das passiert seiner Kunst. Was er
als ganze Persönlichkeit bedeutet, das bestimmt
auch das Maß seines Werkes. ... f. p.

XXXV. Januar 1932. 3
 
Annotationen