WAS BLEIBT DEM KÜNSTLER?
EIN NACHWORT ZU DER AUSSTELLUNG »VOM ABBILD ZUM SINNBILD«
Die schöne Ausstellung moderner europä-
ischer Malerei im Stadel'sehen Institut zu
Frankfurt am Main ist nun wieder aufgelöst, die
Werke sind in Ihre Heimat zurückgekehrt.
Tausende von Besuchern, und Hunderte, die
immer wieder kamen und dankbar unter der
unermüdlichen sachverständigen Führung des
Veranstalters Beziehungen zu der modernen
Kunst anknüpften oder wieder auffrischten, haben
bewiesen, daß in weiten Kreisen ein ernster Wille
zu der Beschäftigung mit künstlerischen Dingen
noch vorhanden ist, und daß ein recht großes
Publikum den Wunsch hat, aus dem Wirrwar
der künstlerischen Produktion der letzten zwan-
zig Jahre das Wertvolle zu erkennen und sich
zu eigen zu machen. Die schöne und dankens-
werte Tat, die Menschen gerade in einer Zeit der
tiefsten Depression an den Besitz geistiger Schätze
zu erinnern, hat ein Echo gefunden, das nicht
nur alle Zweifel am künstlerischen Interesse des
Publikums widerlegt, sondern auch geeignet ist,
den schaffenden Künstler aus Niedergeschlagen-
heit und Verbitterung herauszureißen.
Was aber hat, über diese Erkenntnis hinaus,
dem ausübenden Künstler diese Ausstellung an
echten Werten gegeben?
Zunächst hat sie vielen eine Kenntnis wert-
vollster, zum Teil schon klassisch zu nennender
Kunstwerke vermittelt, die ihnen sonst kaum im
Original zugänglich sein würden. Einzelne der
schönen französischen Bilder, wie die „Angelina"
genannte „Dame mit dem Fächer" von Manet, aus
demLouvre, waren schon einmal in unserer Nähe
ausgestellt, nämlich auf der interessanten Bieb-
richer Ausstellung, welche die Franzosen im
ersten Besatzungsjahr zu Propagandazwecken
im Biebricher Schlosse veranstaltet hatten. Den
Frankfurtern war diese Ausstellung damals aber
schwer zugänglich. Andere Werke, einzelne Bilder
von Cezanne oder van Gogh, von Münch oder
XXXV. November 1931. 2
EIN NACHWORT ZU DER AUSSTELLUNG »VOM ABBILD ZUM SINNBILD«
Die schöne Ausstellung moderner europä-
ischer Malerei im Stadel'sehen Institut zu
Frankfurt am Main ist nun wieder aufgelöst, die
Werke sind in Ihre Heimat zurückgekehrt.
Tausende von Besuchern, und Hunderte, die
immer wieder kamen und dankbar unter der
unermüdlichen sachverständigen Führung des
Veranstalters Beziehungen zu der modernen
Kunst anknüpften oder wieder auffrischten, haben
bewiesen, daß in weiten Kreisen ein ernster Wille
zu der Beschäftigung mit künstlerischen Dingen
noch vorhanden ist, und daß ein recht großes
Publikum den Wunsch hat, aus dem Wirrwar
der künstlerischen Produktion der letzten zwan-
zig Jahre das Wertvolle zu erkennen und sich
zu eigen zu machen. Die schöne und dankens-
werte Tat, die Menschen gerade in einer Zeit der
tiefsten Depression an den Besitz geistiger Schätze
zu erinnern, hat ein Echo gefunden, das nicht
nur alle Zweifel am künstlerischen Interesse des
Publikums widerlegt, sondern auch geeignet ist,
den schaffenden Künstler aus Niedergeschlagen-
heit und Verbitterung herauszureißen.
Was aber hat, über diese Erkenntnis hinaus,
dem ausübenden Künstler diese Ausstellung an
echten Werten gegeben?
Zunächst hat sie vielen eine Kenntnis wert-
vollster, zum Teil schon klassisch zu nennender
Kunstwerke vermittelt, die ihnen sonst kaum im
Original zugänglich sein würden. Einzelne der
schönen französischen Bilder, wie die „Angelina"
genannte „Dame mit dem Fächer" von Manet, aus
demLouvre, waren schon einmal in unserer Nähe
ausgestellt, nämlich auf der interessanten Bieb-
richer Ausstellung, welche die Franzosen im
ersten Besatzungsjahr zu Propagandazwecken
im Biebricher Schlosse veranstaltet hatten. Den
Frankfurtern war diese Ausstellung damals aber
schwer zugänglich. Andere Werke, einzelne Bilder
von Cezanne oder van Gogh, von Münch oder
XXXV. November 1931. 2