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LASZI.O MESZAROS »MONGOLISCHER FRÜHLING«
NOTWENDIGKEIT DES DILETTANTEN
Gibt es schon eine Psychologie der verschiedenen
Typen des Kunst-Verhaltens, der verschie-
denen Einstellungen zur Kunst? Man würde, wenn
man die einzelnen Typen rubrizierte und einord-
nete, mehrere ziemlich scharf getrennte Klassen
erhalten. Für den einen ist das Kunstwerk Anlaß
zu wissenschaftlich-theoretischer Betrachtung, er
sieht es mit „interesselosem Wohlgefallen" an; ein
anderer beschäftigt sich mit der Kunst aus Pflicht,
aus Berufspflicht, ein dritter aus Zeitvertreib, ein
vierter erwirbt Bilder, um Geld anzulegen, um
„Sachwerte" zu besitzen. Der eine „interessiert"
sich für Kunst, der anderen „versteht" etwas da-
von; von dem aber, der die Kunst liebt, der aus
Freude, aus Leidenschaft zur Kunst gekommen ist,
vom Dilettanten hört man ziemlich selten.
Als Dilettantismus begann die Kunstgeschichte,
bis sie Fachwissenschaft und Gelehrsamkeit wurde;
Dilettanten waren die Förderer und Mäzene der
Künste, was nicht ausschloß, daß sie im Laufe der
Erfahrungen selber zu Kennern wurden, aber sie
waren es auf dem Boden des Dilettantismus. Dieser
Typus war der Träger und Bewahrer der Kultur.
Dann wurde im vorigen Jahrhundert die Kunst mehr
und mehr der Wissenschaft überwiesen und die Vor-
herrschaft der Wissenschaft hat bewirkt, daß die
Beschäftigung mit der Kunst die Form der Forschung
annahm. Die großen Leistungen wissenschaftlicher
Forschung bestreiten zu wollen, wäre ohne Sinn.
Unsere Bildung und Kultur wäre ohne sie nicht zu
denken. Es handelt sich nur um eine richtige Ver-
teilung des Akzente. Falsch ist der Anspruch der
Wissenschaft, das letzte Wort über die Kunst zu
sagen; der Anspruch, die Kunst würde durch die
Wissenschaft ihrer endgültigen Bestimmung erst zu-
geführt. Denn der eigentliche und wesentliche Sinn
der Kunst ist nicht die wissenschaftliche, d.h. metho-
dische Betrachtung, sondern genossen zu wer-
den. Auch alle große Kritik kommt aus Liebe, aus
Enthusiasmus.
Der Liebhaber braucht sich nicht an ein Spezial-
gebiet zu halten, an eine bestimmte Zeit; es ist sein
schönes Vorrecht, die Grenzen des Raumes wie
der Zeit zu überspringen und das Schöne dort zu
nehmen, wo er es findet. Der Fachmann darf sich
nur über sein Gebiet äußern, der echte Dilettant,
der das Ferne nah und das Nahe fern sieht, neigt
zum Universalismus. Und so sucht er auch die
Weite der Kunst, die ihm überall einen Abglanz des
Menschlichen vermittelt.
Dieser Dilettant von freudiger Empfänglichkeit
und geistiger Freiheit ist heute selten geworden.
Das ist beklagenswert, zumal für unsere Zeit; denn
wo Freude ist, bejaht sich die Welt im Menschen.
Man kann den Wert der Freude, des Enthusiasmus
nicht hoch genug schätzen. In unseren Tagen sollte
man ihnen den höchsten Preis zuerkennen. DR.FR.N.
LASZI.O MESZAROS »MONGOLISCHER FRÜHLING«
NOTWENDIGKEIT DES DILETTANTEN
Gibt es schon eine Psychologie der verschiedenen
Typen des Kunst-Verhaltens, der verschie-
denen Einstellungen zur Kunst? Man würde, wenn
man die einzelnen Typen rubrizierte und einord-
nete, mehrere ziemlich scharf getrennte Klassen
erhalten. Für den einen ist das Kunstwerk Anlaß
zu wissenschaftlich-theoretischer Betrachtung, er
sieht es mit „interesselosem Wohlgefallen" an; ein
anderer beschäftigt sich mit der Kunst aus Pflicht,
aus Berufspflicht, ein dritter aus Zeitvertreib, ein
vierter erwirbt Bilder, um Geld anzulegen, um
„Sachwerte" zu besitzen. Der eine „interessiert"
sich für Kunst, der anderen „versteht" etwas da-
von; von dem aber, der die Kunst liebt, der aus
Freude, aus Leidenschaft zur Kunst gekommen ist,
vom Dilettanten hört man ziemlich selten.
Als Dilettantismus begann die Kunstgeschichte,
bis sie Fachwissenschaft und Gelehrsamkeit wurde;
Dilettanten waren die Förderer und Mäzene der
Künste, was nicht ausschloß, daß sie im Laufe der
Erfahrungen selber zu Kennern wurden, aber sie
waren es auf dem Boden des Dilettantismus. Dieser
Typus war der Träger und Bewahrer der Kultur.
Dann wurde im vorigen Jahrhundert die Kunst mehr
und mehr der Wissenschaft überwiesen und die Vor-
herrschaft der Wissenschaft hat bewirkt, daß die
Beschäftigung mit der Kunst die Form der Forschung
annahm. Die großen Leistungen wissenschaftlicher
Forschung bestreiten zu wollen, wäre ohne Sinn.
Unsere Bildung und Kultur wäre ohne sie nicht zu
denken. Es handelt sich nur um eine richtige Ver-
teilung des Akzente. Falsch ist der Anspruch der
Wissenschaft, das letzte Wort über die Kunst zu
sagen; der Anspruch, die Kunst würde durch die
Wissenschaft ihrer endgültigen Bestimmung erst zu-
geführt. Denn der eigentliche und wesentliche Sinn
der Kunst ist nicht die wissenschaftliche, d.h. metho-
dische Betrachtung, sondern genossen zu wer-
den. Auch alle große Kritik kommt aus Liebe, aus
Enthusiasmus.
Der Liebhaber braucht sich nicht an ein Spezial-
gebiet zu halten, an eine bestimmte Zeit; es ist sein
schönes Vorrecht, die Grenzen des Raumes wie
der Zeit zu überspringen und das Schöne dort zu
nehmen, wo er es findet. Der Fachmann darf sich
nur über sein Gebiet äußern, der echte Dilettant,
der das Ferne nah und das Nahe fern sieht, neigt
zum Universalismus. Und so sucht er auch die
Weite der Kunst, die ihm überall einen Abglanz des
Menschlichen vermittelt.
Dieser Dilettant von freudiger Empfänglichkeit
und geistiger Freiheit ist heute selten geworden.
Das ist beklagenswert, zumal für unsere Zeit; denn
wo Freude ist, bejaht sich die Welt im Menschen.
Man kann den Wert der Freude, des Enthusiasmus
nicht hoch genug schätzen. In unseren Tagen sollte
man ihnen den höchsten Preis zuerkennen. DR.FR.N.