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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 69.1931-1932

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Strübing, Edmund: Wie Xaver Fuhr ein Maler wurde
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https://doi.org/10.11588/diglit.7203#0047

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39

XAVER FUHR—MANNHEIM

AQUARELL »LICHTSPIELHAUS«

den Geraden durchschnitten wird, ganz einfache
Grundelemente sind es, auf denen sich die Bilder
aufbauen. Über ihnen werden die Massen gegen-
einander ausgespielt; bald werden sie zusammen-
geballt zu dunklen, übermächtigen Formen, bald
werden sie auseinandergebreitet, bald umklam-
mern sie enge Räume, bald öffnen sie sich zu un-
endlichen Weiten.

In den früheren Bildern dieser letzten Entwick-
lung Fuhrs liegen die Grundlinien der Kompositio-
nen noch ganz offen zu Tage. Je weiter der
Künstler vorwärts kommt, desto mehr versteckt
sich das tragende Gerippe. Nicht mehr der Ufer-
rand ist das Wesentliche, sondern das begrenzte
Wasser, nicht mehr der Bordstein der Straße,
sondern die Masse der Häuser dahinter.

Das Bild auf Seite 34 ist die späteste der hier
abgebildeten landschaftlichen Arbeiten. Wie un-
endlich reich differenziert ist der Aufbau: aus
lauter senkrechten Formen zwei gegeneinander
ankämpfender Raumdiagonalen, die gleichzeitig
im Gegenspiel sich zu einer straffen Flächen-
diagonale vereinigen. Dabei sind in diesem Bild
die Farben nicht mehr wie kolorierend in die
umgrenzten Flächen gesetzt, sie leben vielmehr

über dem Ganzen, sie beleben und beseelen
das Ganze. Wie jede Form ihre eigene Aktivi-
tät hat in diesem Ringen um den Raum, so hat
auch jede Farbe an ihrer Stelle ihre besondere
Bedeutung zur Beseelung der Form.

Noch weiter in der Durchdringung von Form
und Farbe, von Körper und Raum geht Fuhr in
dem Bilde der Prozession, das ihm den diesjährigen
Villa Romana-Preis eingebracht hat. Kaum noch
spürt man die kompositioneilen Grundelemente
durch, die für Fuhr ja unerläßlich sind. Hier ist
schon das erreicht, was Fuhr als sein nächstes
Ziel bezeichnet: festeste Komposition, strengster
Aufbau, den er mit Farben ohne jede materielle
Schwere malen will. In seinen Bildern soll die
große Form herrschen, ohne daß dabei innerlich
auch nur das geringste Detail vermißt wird. Die
Vielfältigkeit der Natur soll eingefangen werden
in einem großmaschigen Netz. Jedes neue Bild,
das er nach langem Kampf hinausgehen läßt in
die Welt, muß nach seinem Willen einen Schritt
weiter bedeuten auf dem Wege zu seinem Ziel.

Ein Künstler, der so bewußt gestaltet, so
kritisch an sich selbst arbeitet, berechtigt ohne
Zweifel zu den allergrößten Hoffnungen. . e. st.
 
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