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MESTROVIC'S DENKMAL DES BISCHOFS GREGOR VON KNIN
Das Problem des Denkmals — des Erinne-
rungszeichens an eine bedeutsame Persön-
lichkeit oder Tatsache, das sich gleichzeitig der
architektonischen Situation eines Standortes or-
ganisch einfügt —, bietet dem modernen Bild-
hauer die schwierigste Aufgabe.
Im Peristyl des Diokletianpalastes in Spalato,
des gewaltigen Kaiserschlosses, in dessen Trüm-
mer sich die ganze Altstadt des blühenden
Hafenortes gedrängt hat, steht seit 1929 das von
dem großen kroatischen Bildhauer Ivan Mestro-
vic geschaffene Denkmal für Gregor von Knin;
es hat das Verdienst, das einzigartige Andenken
an den Toten, das Weiterleben seines Geistes,
das der beherrschende Eindruck der ganzen Stadt
ist, durch eine der Größe des architektonischen
Rahmens entsprechende plastische Gestaltung
auch in die Gegenwart gestellt zu haben. Vor
dem Mausoleum des Kaisers, das nun der Dom
der Stadt ist, steht Mestrovic's Gregor; er emp-
fängt sein Maß von der Abschlußwand des Vesti-
bulums und von den Säulen des Peristyls um
den Kuppelbau; er ist ihnen wesensgleich mit
seinen 6—7 Metern Höhe, er ist der Umgebung
noch mehr an innerer Größe angemessen. Bewe-
gung und Gebärde folgen der Längsrichtung des
Platzes und betonen sie; der wenig artikulierte
Stamm des Leibes gabelt sich in drei Knorren,
die Hand mit dem Buch, das infulierte Haupt, die
sprechende Rechte. Der Schwung der Erschei-
nung ist ihrem Pathos gemäß: das ist ein geist-
licher Held seines Volkes, ein beredter Wort-
führer seiner Rechte und Ansprüche, ein leiden-
schaftlicher Anwalt nationaler Aspirationen. Die
historische Rolle des Bischofs, der auf einem
Konzil in Spalato den glagolitischen Gottesdienst
gegen den lateinischen Ritus verfocht und durch-
setzte, ist hier verkörpert; das nationale Selbst-
bewußtsein, das dabei den Künstler befeuert hat,
hat auch das Wagnis der Aufstellung an so emp-
findlicher Stelle ermöglicht. Die Einfügung des
Denkmals in die rahmende Architektur hat ihm
nichts von seiner Wucht genommen und auch
den Rahmen nicht beeinträchtigt. In eine große
Vergangenheit ist hier eine nicht minder selbst-
bewußte Gegenwart gestellt. Ein großer Barock-
künstler hätte die Aufgabe nicht glücklicher lösen
können als es Mestrovic hier getan hat. h. tietze.
MESTROVIC'S DENKMAL DES BISCHOFS GREGOR VON KNIN
Das Problem des Denkmals — des Erinne-
rungszeichens an eine bedeutsame Persön-
lichkeit oder Tatsache, das sich gleichzeitig der
architektonischen Situation eines Standortes or-
ganisch einfügt —, bietet dem modernen Bild-
hauer die schwierigste Aufgabe.
Im Peristyl des Diokletianpalastes in Spalato,
des gewaltigen Kaiserschlosses, in dessen Trüm-
mer sich die ganze Altstadt des blühenden
Hafenortes gedrängt hat, steht seit 1929 das von
dem großen kroatischen Bildhauer Ivan Mestro-
vic geschaffene Denkmal für Gregor von Knin;
es hat das Verdienst, das einzigartige Andenken
an den Toten, das Weiterleben seines Geistes,
das der beherrschende Eindruck der ganzen Stadt
ist, durch eine der Größe des architektonischen
Rahmens entsprechende plastische Gestaltung
auch in die Gegenwart gestellt zu haben. Vor
dem Mausoleum des Kaisers, das nun der Dom
der Stadt ist, steht Mestrovic's Gregor; er emp-
fängt sein Maß von der Abschlußwand des Vesti-
bulums und von den Säulen des Peristyls um
den Kuppelbau; er ist ihnen wesensgleich mit
seinen 6—7 Metern Höhe, er ist der Umgebung
noch mehr an innerer Größe angemessen. Bewe-
gung und Gebärde folgen der Längsrichtung des
Platzes und betonen sie; der wenig artikulierte
Stamm des Leibes gabelt sich in drei Knorren,
die Hand mit dem Buch, das infulierte Haupt, die
sprechende Rechte. Der Schwung der Erschei-
nung ist ihrem Pathos gemäß: das ist ein geist-
licher Held seines Volkes, ein beredter Wort-
führer seiner Rechte und Ansprüche, ein leiden-
schaftlicher Anwalt nationaler Aspirationen. Die
historische Rolle des Bischofs, der auf einem
Konzil in Spalato den glagolitischen Gottesdienst
gegen den lateinischen Ritus verfocht und durch-
setzte, ist hier verkörpert; das nationale Selbst-
bewußtsein, das dabei den Künstler befeuert hat,
hat auch das Wagnis der Aufstellung an so emp-
findlicher Stelle ermöglicht. Die Einfügung des
Denkmals in die rahmende Architektur hat ihm
nichts von seiner Wucht genommen und auch
den Rahmen nicht beeinträchtigt. In eine große
Vergangenheit ist hier eine nicht minder selbst-
bewußte Gegenwart gestellt. Ein großer Barock-
künstler hätte die Aufgabe nicht glücklicher lösen
können als es Mestrovic hier getan hat. h. tietze.