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Kimpflinger, Wolfgang [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0135

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gendführung. Ausgehend vom ehemaligen Au-
gusttor am heutigen Kennedyplatz verläuft auf
der Anhöhe die Wolfenbütteler Straße, die seit
Jahrhunderten die beiden welfischen Residen-
zen Braunschweig und Wolfenbüttel miteinan-
der verbindet. Weiter östlich führt nahezu paral-
lel zu ihr ein weiterer Nord-Süd gerichteter Ver-
kehrsweg aus der Stadt heraus, der alte Weg
nach Salzdahlum, der Sommerresidenz der
Braunschweiger Herzöge. Der Straßenzug ist
heute durch den quer laufenden Bahnkörper
zweigeteilt und heißt im südlichen Bereich Alte
Salzdahlumer Straße, während der längere
nördliche, an der Campestraße beginnende Teil
seit 1952 Böcklerstraße heißt.
Während sich die unmittelbar auf das Augusttor
zuführende Wolfenbütteler Straße mit ihren
stadtnahen westlichen Seitenstraßen etwa ab
1870 zu einer bevorzugten großbürgerlichen
Wohngegend entwickelte, wurde die Böckler-
straße als Hauptachse des auf den ehern. Ost-
bahnhof ausgerichteten Stadtviertels von An-
fang an dichter und mit weniger Repräsentati-
onsaufwand bebaut. Wohn-Geschäftshäuser
mit Läden im Erdgeschoß und kleinen Hand-
werksbetrieben auf den Höfen kennzeichnen
das einst lebhafte Viertel, dessen urbane Vielfalt
sich u.a. auch in der Etablierung eines Konzert-
hauses (s. Böcklerstraße 232) ausdrückte. Süd-
lich des Heinrich-Büssing-Ringes, der früheren
Elmstraße, zeigt die Bebauung an beiden
Straßen einen völlig anderen Charakter: Die vor
und während des Ersten Weltkrieges hier stark

expandierenden Büssing-Werke verdrängten
zusammen mit zwei dort ebenfalls ansässigen
Großbrauereien die einstige lockere Wohnbe-
bauung; die heute an der Bahntrasse endende
Böcklerstraße wurde zur Werkstraße mit aus-
schließlicher Erschließungsfunktion für die dort
sich ausbreitenden Industrien. Auch die Wolfen-
bütteler Straße ist in diesem Streckenabschnitt
auf der Ostseite von diesen Fabrikgebäuden
geprägt, während die unbebaute Westseite
zum Bürgerpark hin offen ist. Südlich des
Bahnkörpers erhebt sich zwischen dem End-
stück der Böcklerstraße, die dort noch Alte
Salzdahlumer Straße heißt, und der Wolfenbüt-
teler Straße die Charlottenhöhe, ein um die
Jahrhundertwende nur mit einigen Villen bebau-
ter Hügel. Seit den zwanziger Jahren wurde hier
kontinuierlich und nach Süden ausgreifend auf-
gesiedelt, so daß das vornehmlich aus Einfami-
lienhäusern in Einzel- und Reihenbauweise be-
stehende Siedlungsareal heute bereits bis an
den südlichen Autobahnring heranreicht.
BÖCKLERSTRASSE/
ALTE SALZDAHLUMER STRASSE
Die bis 1952 Salzdahlumer Straße genannte
Böcklerstraße beginnt im Norden an der Kreu-
zung mit der Campestraße und gehört mit die-
ser und ihrer nach Norden gerichteten Verlän-
gerung, der Bertramstraße, zu alten Wege-
führungen im Vorfeld der Stadtbefestigung, an
denen sich bereits in der ersten Hälfte des

19.Jh. eine lockere Bebauung ausgebreitet hat-
te. Im nördlichen stadtnahen Bereich der Böck-
lerstraße setzte die Bautätigkeit in den vierziger
Jahren des 19.Jh. auf der Westseite ein, die in
den sechziger und siebziger Jahren auf beiden
Straßenseiten weitergeführt wurde. In den bei-
den letzten Jahrzehnten des 19.Jh. kommt es
zu weiterer Verdichtung und stärkerer Ausnut-
zung der Grundstücksflächen, so daß um die
Jahrhundertwende die Ostseite der Straße bis
zur Kreuzung mit der Elmstraße, dem heutigen
Heinrich-Büssing-Ring, geschlossen bebaut ist.
Entsprechend der relativ langen Aufsiedlungs-
phase zeigt die Bausubstanz ein heterogenes
Bild und reicht von kleinen zweigeschossigen
Einfamilienhäusern bis zu großvolumigen, vier-
geschossigen Mietwohnungsbauten mit ausge-
bauten Dachzonen. Kriegsschäden und spätere
Modernisierungsphasen haben die Altbausub-
stanz in diesem Straßenzug jedoch stark beein-
trächtigt, so daß heute nur noch wenige Bauten
die Qualität eines Baudenkmales aufweisen.
Einen besonderen Stellenwert nimmt unter ih-
nen die Vorstadtvilla Böcklerstraße 4 ein, die,
zweigeschossig in Fachwerkkonstruktion auf ei-
nem hohen Ziegelsockel errichtet, die in der
zweiten Hälfte des 19.Jh. international um sich
greifende Mode des „Schweizer Hauses“ reflek-
tiert und sie mit der traditionellen Holzbauweise
des mittelalterlichen Braunschweig verbindet.
Gotische Schmuckmotive und romantisch auf-
gesteilte Giebel mit weit vorkragenden Dächern
sind oft Bestandteile dieser Architekturauffas-

Borsigstr. 2B, Lokomotivhalle, 1925


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