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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 1) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27415#0077

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Zur Geschichte der Camera obscura.

53

Für die Abbildung der Sonnensichel wird nun ein im wesentlichen
richtiger Beweis gegeben, und zwar an der Hand zahlreicher Figuren,
auch wird der Fall, daß die Auf fangfläche von der Wand allmählich
entfernt wird, diskutiert.

Einige Geschichtsschreiber behaupten, die Camera obscura sei
von dem englischen Franziskanermönch Roger Facon (* 1214,
f 1294) im 13. Jahrhundert erfunden worden, wobei sie sich
auf nachfolgende Bemerkung des Genannten über die Projektion von
„Luftbildern“ stützen: „Die Bilder zeigen sich an den Durchstoß-
punkten der Lichtstrahlen mit einer senkrechten Ebene und die Dinge
erscheinen dort, wo früher nichts vorhanden war.“ Derselbe war
einer der scharfsinnigsten Naturforscher und Philosophen seiner Zeit,
dem man die Erfindung der Camera obscura, des Teleskopes, der
Brillen (s. S. 2), eines sich selbst bewegenden Wagens, einer Maschine
zum Fliegen, die Erfindung des Schießpulvers usw. zuschreibt. Er
kam in den Verdacht der Zauberei und schickte 1266 seinen Schüler
Johannes nach Rom, um sich von diesem Verdacht zu reinigen.
Wenn auch in Roger Bacons Schriften sich Stellen finden,
welche von manchen als Andeutungen auf die Camera obscura ge-
deutet werden, so läßt sich doch nicht beweisen, daß er tatsächlich
diese Erfindung gemacht habe.

Goethe, welcher sich in seiner „Farbenlehre“ (1810, Bd. II) eingehend mit
Bacon befaßte, äußert die Ansicht, daß viele Äußerungen dieses weitschauenden
und geistig lebhaft wirkenden Mannes (welchem man auch die Erfindung des Schieß-
pulvers zuschreibt) nur Schlußfolgerungen, vielleicht Phantasiegebilde sind, welche
über das, was er und seine Zeit leisteten, weit hinausgingen. „Wem bekannt ist, wie
der Menschengeist voreilen kann, ehe ihm die Technik nachkommt, der wird hier
nichts Unerhörtes finden“, bemerkt Goethe und fährt fort: „Durch die von Roger
Bacon beschriebenen Gläser soll man nicht allein die entferntesten Gegenstände
ganz nah, die kleinsten ungeheuer groß im eignen Auge wahrnehmen; sondern diese und
andere Bilder sollen auch, hinaus in die Luft, in die Atmosphäre geworfen, einer
Menge zur Erscheinung kommen. Zwar ist auch dieses nicht ohne Grund. So mancher-
lei Naturerscheinungen, die auf Refraktion und Reflexion beruhen, die viel später
erfundene Camera obscura, die Zauberlaterne, das Sonnenmikroskop und ihre ver-
schiedenen Anwendungen haben sein Vorausgesagtes fast buchstäblich wahr gemacht,
weil er alle diese Folgen voraussah. Aber die Art, wie er sich über diese Dinge äußert,
zeigt, daß sein Apparat nur in seinem Geiste gewirkt und daß daher manche imaginäre
Resultate entsprungen sein mögen.“

Der in der arabischen Gelehrsamkeit wohl bewanderte Jude L e vi
ben Gerson (f 1344) oder Leon de Bagnois (vgl. The ‘Jewish
Encyclopädia, Bd. 8, S. 26) beschrieb in seinem hebräisch geschrie-
benen Buche, das 1342 von Petrus de Alexandria unter dem
Titel „De sinibus, chordis et arcubis“ übersetzt wird, die Camera
 
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