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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 1) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27415#0079

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Zur Geschichte der Camera obscura.

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Vol. D. fol. 8 und in der Nationalbibliothek zu Paris; E. Müntz
(s. unten Fußnote 1) schreibt Leonardo: „Wenn die Fassade eines
Gebäudes, oder ein Platz, oder eine Landschaft von der Sonne beleuch-
tet wird und man bringt auf der gegenüberliegenden Seite in der
Wand einer nicht von der Sonne getroffenen Wohnung ein kleines
Löchlein an, so werden alle erleuchteten Gegenstände ihr Bild durch
diese Öffnung senden und werden umgekehrt erscheinen.“ An einer
andern Stelle wendet Leonardo da Vinci seine Beobachtung sogleich
auf die Deutung des Auges als Camera obscura an, indem er sagt:
„Die Erfahrung darüber, wie die Gegenstände ihre Bilder oder unter-
brochenen Wiederscheine in das Auge und in die helle Feuchtigkeit
desselben senden, offenbart sich, wenn die Bilder der erleuchteten
Gegenstände durch eine kleine runde Öffnung in eine sehr dunkle
Wohnung ein treten. Du wirst alsdann diese Bilder auf weißem Papier,
welches nicht weit von der Öffnung in der gedachten Wohnung auf ge-
stellt ist, auf fangen und wirst alle die erwähnten Gegenstände auf
diesem Papier mit ihren eigentümlichen Gestalten und Farben er-
blicken, aber sie werden kleiner sein und das oberste nach unten
gekehrt, wegen der erwähnten Durchschneidung. Wenn diese Bilder
von einem durch die Sonne erleuchteten Orte entstehen, werden sie
wie eigens auf dem Papier gemalt erscheinen. Letzteres muß sehr
dünn sein und von der Rückseite betrachtet werden; das Löchelchen
aber muß in eine kleine, sehr dünne Eisenplatte gemacht sein.“ Eine
beigegebene Abbildung zeigt, wie sich die Strahlen schneiden, so daß
Oben Unten und Rechts Links wird, und hinzugefügt wird: „ebenso
macht es der Strahl in der Pupille“.

Diese klare Beschreibung Leonardo da Vincis und die
darin dokumentierte Erkenntnis der Wirkung der Camera obscura
hebt sich so vorteilhaft gegen die dunklen Schilderungen seiner Vor-
gänger ab, daß man mit E. M ü n t z (a. a. 0.) übereinstimmen kann,
wenn er sagt: „Es kann danach kaum ein Zweifel daran sein, daß

Berichte der Kais. Leopoldinischen deutschen Akademie der Naturforscher. 1929.
Bd. 5, S. 51. „Das biologische Lebenswerk des Lionardo da Vincis.“).

Otto Werner stellte eine ausführliche Beschreibung der Abhandlungen zur
„Physik Leonardo da Vincis“ zusammen (Internationale Verlagsanstalt für Kirnst
und Literatur, Berlin). Er schildert in diesem Werke ausführlich die Untersuchungen
des berühmten Malers über die Theorie des Sehens, unter anderem binokulares und
stereoskopisches Sehen, optische Täuschungen, Fortpflanzung des Lichtes, Camera
obscura und Bilder durch nichtrunde Öffnungen, Katoptrik, Dioptrik, Akustik,
Wärme, Magnetismus, und gibt ein anschauliches Bild von dem damaligen Stande
der Physik.
 
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