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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 1) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27415#0477

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Erfindung der Photographie mit Papiernegativen und Papierpositiven usw. 453

Während Frankreich und England die Photographie nach Westen
trugen, war Wien eine Pflegestätte der Photographie, welche Amateur-
photographen und Forscher wie Bibliothekar Martin am Wiener
Polytechnikum und Ettingshausen an der Wiener Universität
in Österreich schufen. Wien wurde der Ausgangspunkt zahlreicher
Jünger der Photographie nach den östlichen Staaten, namentlich
den unteren Donauländern, wie Serbien. Charakteristisch dafür ist
die in Abb. 115 (in Autotypie) wiedergegebene Photographie nach
einem von Jovanovits1) in Belgrad im Jahre 1858 aufgenom-
menen Papiemegativ: Das gelungene Porträt eines Montenegriners,
des Adjutanten des Fürsten Danilo von Montenegro in seiner National-
tracht. Solche wohl konservierte Talbotypie-Papiernegative sind
gegenwärtig schon selten geworden, um so mehr als sie nur noch in
den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zahlreich angefertigt
wurden, aber schon gegen Ende der fünfziger und Anfang der sech-
ziger Jahre vollständig von den, ohne Zweifel zartere Details auf-
weisenden, Glasnegativen, insbesondere dem Kollodiumverfahren, ver-
drängt wurden; erst in neuester Zeit tauchte in moderner Form die
Photographie auf Papiernegativen mit Gelatineemulsion-Überzug wie-
der auf und fand vielfach praktische Verwendung.

Verbesserung des Entwicklungsverfahrens durch
Einführung der Pyrogallussäure von Regnault und

Liebig (1851).

Es muß hervorgehoben werden, daß die Entwicklungsmethoden
dieser Zeit (Gallussäure und Silbernitrat) nur die sog. „physikalische
Entwicklung“ (wie man später sagte) umfaßten, d. h. es wurde auf
belichtetes Jod-, Brom- oder Chlorsilber ein Gemisch von Silber-
nitratlösung und der (namentlich nach dem üblichen Ansäuern mit
Essigsäure) langsam reduzierend wirkenden Gallussäure auf gegossen;
dieses Gemisch zersetzte sich unter Ausscheidung von metallischem
Silberpulver langsam und das Silberpulver lagerte sich im Ent-
stehungszustande an die Bildstellen (dasselbe Prinzip kommt beim
nassen Kollodiumverfahren zur Anwendung).

1) Anastas Jovanovits, geboren 1817 in Bulgarien, war seinerzeit
Oberhofmeister des im Jahre 1868 ermordeten Ehrsten Michael Obrenowits von Serbien.
Er lebte die größte Zeit seines Lebens in Belgrad und kam häufig nach Wien, wo
er im Jahre 1899 im Alter von 82 Jahren starb. Er war einer der ersten Amateur-
photographen, welcher die Photographie zirka 1840 in Wien durch den Bibliothekar
Martin kennen gelernt und dann nach Serbien und Montenegro gebracht hatte.
(Phot. Korresp. 1899. S. 731.)
 
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