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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1922

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Riezler, Walter: Das Bühnenbild im "Gesamtkunstwerk"
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https://doi.org/10.11588/diglit.17995#0125

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MONATSSCHRIFT FÜR GESTALTENDE ARREIT


Einziges amtliches Organ der Deutschen Gewerbeschau München 1922 / des Deutschen Werkbundes / des Reichskunstwarts / des
Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine / des Wirtschaftsbundes deutscher Kunsthandwerker / und anderer Vereinigungen /
Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Walter Riezler, Stettin, Städtisches Museum / Verlag Hermann Reckendorf, München, Kaufinger-
straße 25 / Bezugspreis: Heft 1 (März) 70 Mark. Quartal April bis Juni 1922 (Hefte 2 bis 4) 210 Mark, Jede Buchhandlung
oder Postanstalt nimmt Bestellungen entgegen, ebenso der Verlag.
Der Nachdruck der Aufsätze dieses Heftes ist bei genauer Quellenangabe gestattet, doch bleiben die Rechte der Verfasser gewahrt

1. JAHR

1922

HEFT 3

Inhalt: Riezler, Das Bühnenbild im „Gesamtkunstwerk“ (S. 1) / Rapp, Das Deutsche Bühnenbild unserer Zeit (7) J Zu den Bildern (S. I f /
Gutzeit, Das Problem des Raums imDrama (S. 21) / Riezler, Auf demPPege zur Kunstform (S, 23) / Pauli, Zum Formproblem des Lichtspiels (S. 29)

Das Bühnenbild im „Gesamtkunstwerk44
Seit Richard Wagner ist die Frage nach der Vereinigung der Künste eine Frage
höchsten Interesses geblieben: immer wieder wurde sie aufgeworfen, nie endgültig
beantwortet. Man vergaß, daß die Frage alt ist, daß schon Lessing in den Entwürfen
zu einer Fortsetzung des „Laokoon“, eine Theorie des Gesamtkunstwerks gegeben
hatte, und glaubte, gerade hier vor einer Frage zu stehen, die nur aus der geistigen
Lage des ig. Jahrhunderts heraus gestellt werden konnte.
Unter den Einwänden, die gegen das „Gesamtkunstwerk“ erhoben wurden, kehrt
einer, defpsychologische, immer wieder: es sei unmöglich, auch nur zwei Künste gleich-
zeitig aufzunehmen. Jede Kunst habe ihre eigene Gesetzmäßigkeit der Wirkung, jede
nehme die Seele des Erlebenden ganz in Anspruch, und wer gezwungen sei, auch nur
zwei Künsten zugleich sich hinzugeben, werde hin- und hergezerrt und gehe so des Ge-
nusses vollkommener Harmonie — des schönsten Geschenkes aller Kunst — verlustig.
Nun ist gegen diesen Einwand das eine zu sagen: es steht hier Erfahrung gegen
Erfahrung, Behauptung gegen Behauptung. Der eine weiß von stärksten Erlebnis-
sen, die ihm aus der Vereinigung von Künsten erwuchsen, der Andere leugnet die
Möglichkeit, weil er das Erlebnis nicht kennt. Ja ein Mensch bemüht sich vielleicht
hundertmal vergeblich um das Erlebnis, um dann plötzlich in einem Falle gewahr
zu werden, daß eine Einheit von ungeheurer Gewalt vor ihm steht. Und dies wider-
fährt ihm vielleicht nicht vor einem Werke, dessen Einheit ganz elementarer Art zu
sein scheint, wie es etwa „Tristan und Isolde“ ist, sondern da, wo scheinbar Unver-
 
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