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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1922

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Mitteilungen des Reichskunstwarts
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https://doi.org/10.11588/diglit.17995#0063

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MITTEILUNGEN
DES REICHS KUNST VV AKTS
BEIBLATT DER „FORM“, MONATSSCHRIFT FÜR GESTALTENDE ARBEIT
Nr. j "BERLIN NW 40, "rEICHSmÄnTHeTLIUM DES TnNERN 7^22

VORBEMERKUNG

Die Mitteilungen des Reichskuns twarts wurden
zuerst im Jahre 1920 als besondere Veröffentlichung heraus-
gegeben.
Heft 1 behandelte das Thema des Ergebnisses des Brief-
markenwettbewerbs. Heft 2 lautete „Die künstlerische Ge-
staltung des Reichsadlers.“
Infolge der einsetzenden Teuerung, der keine propor-
tionale Erhöhung des Etats des Reichskunstwarts entsprach,
mußten die Mitteilungen dann aufhören, als besondere
Zeitschrift zu erscheinen. Jetzt ermöglicht die Heraus-
gabe der Zeitschrift „Die Form“ die Wiederaufnahme des
Plans. Es wird möglich sein, allmonatlich kurze Nach-
richten aus dem Arbeitsgebiet des Reichskunst-
warts zu geben. Im wesentlichen wird es sich darum han-
deln, daß innerhalb der Mitteilungen über den Gang der

laufenden Arbeiten berichtet wird, während größere Auf-
sätze prinzipieller Art in der Zeitschrift selbst erscheinen
werden, die in ihrem Bildteil auch einige vom Reichs-
kunstwart angeregte Arbeiten bringen wird.
Innerhalb der nächsten Mitteilungen wird vor allem die
Frage der Erhaltung des handwerklichen Könnens behan-
delt werden. In Verbindung damit werden Nachrichten
über die Arbeitsgemeinschaft für Handwerkskul-
tur und den Bund zur Erhaltung wert voller Hand-
werkstechniken gebracht werden. Das nächste Heft wird
die Entwürfe für den Reichsadler zeigen, darunter die kurz
vor der Vollendung stehende Münzprägung nach dem Ent-
wurf von Wackerle-München, die endgültige Form des
Reichsstempels vonS. von Weech-München und den Adler-
stoff von Aufseeser-Düsseldorf.

EIN MAHNRUF
zur Erhaltung künstlerisch und technisch wertvoller Handwerksarbeiten
von Reichskunstwart Dr, Edwin Redslob

Unter der Verarmung, die weite Teile des deutschen
Volkes erfaßt hat, leiden vor allem zwei Dinge, die nicht
nur für das Land, sondern auch für die Welt von großer
Bedeutung sind: das deutsche Wissen und das deutsche
Können. Wissen, Wissenschaft und Forschung haben
Deutschland in die Lage gesetzt, Gelehrte, Entdecker und
Forscher auszubilden, deren Arbeitsleistung weit über die
Grenzen des Landes hinaus entscheidende Anregungen gab.
Es ist daher zu verstehen, daß eine Reihe von Aktionen ein-
setzten, um der deutschen Wissenschaft zu Hilfe zu kommen.
Wesentlich weniger wurde bisher zur Erhaltung des
deutschen Könnens getan. Wohl kann bei der Kunst, beim
Kunstgewerbe und beim Handwerk der Selbsthilfe und dem
freien Kampfe ums Dasein viel überlassen bleiben. Dennoch
erscheint auch hier eine Gefahr, welche alle angeht, die
von der Eigenart und dem Wert gerade des deutschen künst-
lerischen und handwerklichen Schaffens etwas erwarten.
Die alten deutschen Städte haben in jahrhundertelanger
Schulung ein Handwerk herausgebildet, das in einzig-
artiger Weise Traditionen zu hüten und neue Anre-

gungen organisch zu verarbeiten verstand. Dies Handwerk
hat während der letzten Jahrzehnte schwer gerungen. Es
mußte sich mit der Industrie auseinandersetzen. Eine Zeit-
lang wurde das durch Unterbietung versucht, eine Zeitlang
durch Vermengung, dann kam ein Gesundungsprozeß: es
wurde ein organischer Ausgleich geschaffen zwischen der
materialgerecht gestaltenden Arbeit des Handwerks und
der typisierenden Tendenz der Industrie. Immer mehr
strebt also heute das deutsche Handwerk nach der Ausge-
staltung des hochwertigen Einzelstücks, während die In-
dustrie die Erfahrungen und die Vorarbeit des Handwerks
benutzt, um zu einfachen Normen zu kommen. Dieser Aus-
gleich zwischen Meisterarbeit und Massenfabrikation ist
für die Volkswirtschaft von größter Bedeutung; denn die
Industrie braucht die Anregung gediegener und geschulter
Höchstleistungen.
Es besteht daher ein großes kulturelles Interesse, die Er-
fahrungswerte handwerklichen und technischen Könnens
zu erhalten, die gerade Deutschland so vielseitig ausgebil-
det hat. Der Krieg und die jahrelange Unterbrechung ge-

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