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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1922

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Mitteilungen des Reichskunstwarts
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https://doi.org/10.11588/diglit.17995#0262

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MITTEILUNGEN DES REICHSKUNSTWARTS

Bund, der Bund Deutscher Architekten, der Verband deut-
scher Kunstgewerbevereine, der Deutsche Gewerbeschul-
verband, der Nord westdeutsche Handwerkerbund, der Bund
für Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur, die Land-
wirtschaftskammer Hannover,derHannoverscheLandbund,
die Handelskammer Hannover, das Meßamt Frankfurt,
das Grassimuseum Leipzig, die Überseewoche Hamburg,
Städte wie Magdeburg, Bremen,Hildesheim,Hameln,Kassel,
Altona, verschiedene Museen und Kunstgewerbeschulen.
Es lagen eine große Anzahl von Begrüßungen interessierter
Körperschaften und Persönlichkeiten vor. Unter anderen
erklärten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit mit der Arbeits-
gemeinschaft: der Deutsche Städtetag, der Deutsche Ge-
werbeschulverband, die Deutsche Akademie für Städtebau
und Landesplanung, die Deutsche Gesellschaft für Garten-
kunst, die Leipziger Messe, die Frankfurter Messe, die
Hamburger Überseewoche.
Der Reichskunstwart Dr. Redslob eröffnete die Tagung
und gab einen Bericht der Vorgeschichte der Arbeiten, der
inneren Entwicklung des Planes und der in Aussicht ge-
nommenen Ziele.
Die Arbeitsgemeinschaft ist keine Neugründung: sie ist
ein Bündnis führender Verbände und Körperschaften, deren
besondere Aufgaben sich auf dem Boden der Förderung
handwerklichen Könnens und der Herbeiführung allge-
meiner Anerkennung der Qualitätsarbeit vereinigen lassen.
Das Arbeitsprogramm, das in dieser Form den Einladungen
zur Gründungsversammlung beigegeben wurde, läßt sich
im Gesamtumfang der Ziele und Voraussetzungen folgen-
dermaßen kennzeichnen:
Pflege handwerklichen Könnens in Schule, Werkstatt
und Fabrik. Erhaltung und Förderung wichtiger Hand-
werkstätten und heimatlicher Handwerkstechniken.
Förderung des Nachwuchses. Verbreitung handwerk-
licher Warenkunde und Materialkunde. Wirkungsvolle
Vertretung deutscher Handwerkskultur auf Messen, Aus-
stellungen und Kulturwochen. Hebung der Absatzmög-
lichkeit für hochwertige Handwerkserzeugnisse. Stärkere
Würdigung wertvoller Hand Werksarbeit bei Bauaufgaben,
auch innerhalb der Bautätigkeit von Staat und Gemeinde.
Vertretung der kulturellen Interessen des Handwerks
gegenüber der Verwaltung und Gesetzgebung. Erhaltung
des ländlichen Handwerks, Zusammenarbeit mit den
hier maßgebenden Behörden und Verbänden, Aufklärung
durch Wanderausstellungen.
DiesesProgramm entspricht den Forderungen, welche die
Gegenwart mit allen wirtschaftlichen und kulturellen
Konsequenzen an das Handwerk stellt. Es entspricht der
bestehenden handwerklichen Not. Seit dem Emporstieg
der Industrie ist die Leistung und Bewertung des Hand-
werks ständig gefallen. Innere Gründe dafür waren die
nicht immer richtige Einstellung behördlicherseits, der
Mangel an Aufklärung und Schulung, bei den Käufern
die Bevorzugung ,,billiger“ protziger Ware, bei den
Sammlern die heute noch bestehende einseitige Hin-

neigung zu Antiquitäten, die Interesselosigkeit für Arbeit
der Gegenwart. Die gleiche Einstellung findet sich auf
dem großen Gebiet des Bauwesens und auf einem besonders
naheliegenden umfassenden, traditionellen Arbeitsgebiet
des Kunsthandwerks: Der kirchlichen Kunst. Unter diesen
Verhältnissen verlor das Handwerk ständig an innerem
Boden. Alte Technik ging verloren, mit den alten Meistern
starb auch die Lehre, da kein Nachwuchs herangebildet
wurde.
Jedoch machte sich innerhalb des letzten Menschen-
alters eine Belebung geltend. Sie ging aus Kunst und Hand-
werk zugleich hervor und erfolgte zunächst in organisa-
torischer Hinsicht. Durch die Erkenntnis seiner Be-
drohung erwachte das Bewußtsein des Handwerks,
und es gelang der Zusammenschluß aller Handwerks-
verbände im Reichsverband des Deutschen Handwerks
und dem Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag
zu einer großen Bewegung, die zunächst stark wirtschaft-
lich gerichtet war, bald aber auch in kultureller Hinsicht
Wege suchte.
Diesem Zusammenschluß kam auf der anderen Seite
eine Bewegung im Unterrichts wesen entgegen, das sich
von der einseitigen Förderung des reinen Wissens abzuwen-
den begann und bewußt dem Gebiete des Könnens zu-
strebte, derUmstellung der Schulen auf Werkschulen, derEr-
kenntnisdes pädagogischen Wertes der Werkstätte, der Wür-
digung des Handwerksmeisters als Grundtyp des Pädagogen.
Diese Bewegung wird immer deutlicher fühlbar und fin-
det in unserer neu auf Freude an der Leistung, auf gesun-
des Leben, auf Sport und Wandern eingestellten Jugend
bereits starken Widerhall. Diese neuen Erkenntnisse hand-
werklicher Wertarbeit beginnen bereits Gebiete zu er-
obern, welche die wichtigsten Auftraggeber des Handwer-
kers sind: das Bauwesen, die Innen-Architektur, die Mode-
Industrie u. a. Aus diesem Zusammenhang heraus ist auch
die starke Welle entstanden, die überall bemerkbar ist:
Die Betonung des guten Könnens, das Interesse für die
Rechenschaft über das im deutschen Volke einmal oder
noch vorhandene Können, die zunehmende Begeisterung
für Volkskunst, Heimatwesen, Heimatkunde, Heimatschule.
Aus dieser allgemeinen Lage ergibt sich hinsichtlich der
Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Handwerkskultur ganz
von selbst, welche Verbände die Möglichkeit haben, inner-
halb eines solchen Bündnisses mit dem Handwerk mit-
arbeiten zu können; ebenso aber ist die unerläßliche Zu-
sammenarbeit mit der deutschen Industrie, die um ihre
Eigenart zu behaupten, auf das Wissen und Können des
Volkes, vertreten in der Wissenschaft und handwerklichen
Lehre, angewiesen ist, eine grundlegende Bedingung.
Die Durchführung dieses Bündnisses bringt wechsel-
seitig große Vorteile. Das Handwerk wird in stärk-
sten Kontakt versetzt mit noch lebendiger Heimatkultur,
mit den Problemen der Gegenwart und mit den Voraus-
setzungen, die seine Stellung im Wirtschaftsleben der Zu-
kunft begründen. Die kulturellen Verbände aber erhalten

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