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Frankfurter Meß-Relation, das ist: halbjährliche Erzehlungen der neuesten Staats - und Welt-Geschichten — 1788-1794

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https://doi.org/10.11588/diglit.48270#1051

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und lebhafter Zwiſt erhob. Die Urſache war der Zoll von 3 Procent, den
die Rußiſchen Kaufleute bezablen ſollten. In einer Conferenz, welche der
Rußiſche Geſandte deswegen mir dem Reiseffendi bielt, konnte man ſich
ſo wenig vergleichen, daß man vielmehr unzufrieden und mit gegenſeitigen
Drobungen aus einander ging. Der Rußiſche Geſandte uͤbergab bald dar⸗
auf eine Ertlaͤrung, in welcher er ſagte, ſeine Souveraine werde ſich dem
neuen Zolltarif in Anſebung ihrer Untertbanen, nicht unterworfen, ſondern
werde die bisherigen — auch ſogar, wenn es noͤthig ſeyn wuͤrde,
mit Gewalt der Waffen aufrecht zu erbalten wiſſen. Nun wurden allent⸗
halben in der Tuͤrkey die Kriegs⸗Ruͤſtungen mit dem groͤßten Eifer ange⸗
fangen; vorzuͤglich die Zuruͤſtungen zu einem Seekriege. Auf allen Schiffs⸗
Werften wurde mit der groͤßten Lebhaftigkeit Tag und Nacht gearbeitet; alle
vom vorigen Kriege noch beſchaͤdigten Schiffe wurden ſchleunigſt ausge⸗
beſſert. Mit der aͤußerſten Gewalt wurden Matroſen gepreßt. Der Capi⸗
tain⸗Paſcha erhielt Befehl, den Zug gegen den Paſcha von Scutari auf⸗
zugeben / und eiligſt zuruͤck zu kehren; es wurden mehrere Divans gehalten.
Den Provinzen wurden die nachdruͤcklichſten Befeble zugeſandt, die Trup⸗
pen Eontingente unvorzuͤglich zuſtellen. Man glaubte ſogar, der Zug gegen
den Paſcha von Scutari ſey nichts weiter als ein Vorwand geweſen, um
die Abſichten des Hofes deſto beſſer zu verbergen. Ein Bruch mit Rußland
kinnte doch aber durch die Zeitumſtaͤnde der Pforte ſehr gefaͤhrlich werden,
denn unter den Tuͤrken ſelbſt herrſcht großes Mißvergnuͤgen. Der Mangel
an Lebensmitteln in der Hauptſtadt war außerardentlich; und die Unzu⸗
friedenheit der Janitſcharen die uͤber die eingefuͤhrte neue Kriegszucht ſebe
unwillig ſind / erregte gleichfalls große Beſorgniſſe.

Indeſſen kam der Rußiſche Geſandte an. Am Iten October bielt der⸗
ſelbe mit einer Pracht, die alles bisberige uͤbertraf, ſeinen Einzug in Con⸗
ſtantinopel, der von 6 Uhr Morgens, bis des Abends um 9 Uhr dauerte.
Bald nachber ließ derſelbe das Miniſterium erſuchen, es moͤchte, um allen
unangenebmen Vorfaͤllen vorzubeugen, die Verfuͤgung treffen, daß kein
Franzoſe mir einer dreyfarbigen Revolutions / Cokarde ſeinen Leuten begegne.
Viele Franzoſen bequemten ſich auch ſogleich dazu, erkannten Ludwig XVII.
fuͤr ihren Koͤnig, und begaben ſich unter den Schutz der Geſandten der
alliitten Maͤchte. Die erhitzten Revolutionskoͤpfe, die ſich bierzu nicht ver⸗
ſtehen wollten, erlebten noch groͤßeres Uebel. Die Geſandten der alllirten
Maͤchte hatten dem Miniſterio eine Note uͤbergeben, in welcher ſie eine
Erklaͤrung uͤber den Neutralitaͤtswidrigen Vorfall, daß ein Franzoͤſiſches
Schiff mit der Tuͤrkiſchen Flagge 4* Guͤter des Semonville nach Conſtan⸗

tinopel


 
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